Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

unwillkührliche geworden. Jhrer Natur nach
muß sie einseitig sein; und wer sie daher
in sich übte, und die Gewohnheit hat, Recht
zu behalten, läßt keinen andern Menschen
aufkommen.

Die Jugend würde auf solche Weise
zurückgedrängt, auf ihre Unerfahrenheit hin-
gewiesen, schüchtern schweigen, wenn sie sich
nicht ihrer Seits durch Anmaaßung, schad-
los hielte, und die Fortschritte der Zeit, mit
wegwerfendem Hohn, gegen veraltete Weis-
heit und prosaische Naturen, geltend machte.

Die gegenseitige schroffe Stellung giebt
der Mittheilung das Einsilbige und Kurze,
was den Strom der Rede im Beginnen ab-
schneidet, und eckiges Absprechen wie unvor-
sichtiges Ueberhinfahren bedingt.

Man kann, das was man täglich sieht
und erfährt, nur auf solche Art erklären,
wenn es sich überall vollständig erklären läßt,
denn immer bleibt noch, außer der Einsei-
tigkeit der Selbstsucht, etwas Tieferes zu
suchen, was diese letztere eben so wecken und
schärfen, als über sie hinweghelfen kann.

unwillkuͤhrliche geworden. Jhrer Natur nach
muß ſie einſeitig ſein; und wer ſie daher
in ſich uͤbte, und die Gewohnheit hat, Recht
zu behalten, laͤßt keinen andern Menſchen
aufkommen.

Die Jugend wuͤrde auf ſolche Weiſe
zuruͤckgedraͤngt, auf ihre Unerfahrenheit hin-
gewieſen, ſchuͤchtern ſchweigen, wenn ſie ſich
nicht ihrer Seits durch Anmaaßung, ſchad-
los hielte, und die Fortſchritte der Zeit, mit
wegwerfendem Hohn, gegen veraltete Weis-
heit und proſaiſche Naturen, geltend machte.

Die gegenſeitige ſchroffe Stellung giebt
der Mittheilung das Einſilbige und Kurze,
was den Strom der Rede im Beginnen ab-
ſchneidet, und eckiges Abſprechen wie unvor-
ſichtiges Ueberhinfahren bedingt.

Man kann, das was man taͤglich ſieht
und erfaͤhrt, nur auf ſolche Art erklaͤren,
wenn es ſich uͤberall vollſtaͤndig erklaͤren laͤßt,
denn immer bleibt noch, außer der Einſei-
tigkeit der Selbſtſucht, etwas Tieferes zu
ſuchen, was dieſe letztere eben ſo wecken und
ſchaͤrfen, als uͤber ſie hinweghelfen kann.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0127" n="123"/>
unwillku&#x0364;hrliche geworden. Jhrer Natur nach<lb/>
muß &#x017F;ie ein&#x017F;eitig &#x017F;ein; und wer &#x017F;ie daher<lb/>
in &#x017F;ich u&#x0364;bte, und die Gewohnheit hat, Recht<lb/>
zu behalten, la&#x0364;ßt keinen andern Men&#x017F;chen<lb/>
aufkommen.</p><lb/>
          <p>Die Jugend wu&#x0364;rde auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e<lb/>
zuru&#x0364;ckgedra&#x0364;ngt, auf ihre Unerfahrenheit hin-<lb/>
gewie&#x017F;en, &#x017F;chu&#x0364;chtern &#x017F;chweigen, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
nicht ihrer Seits durch Anmaaßung, &#x017F;chad-<lb/>
los hielte, und die Fort&#x017F;chritte der Zeit, mit<lb/>
wegwerfendem Hohn, gegen veraltete Weis-<lb/>
heit und pro&#x017F;ai&#x017F;che Naturen, geltend machte.</p><lb/>
          <p>Die gegen&#x017F;eitige &#x017F;chroffe Stellung giebt<lb/>
der Mittheilung das Ein&#x017F;ilbige und Kurze,<lb/>
was den Strom der Rede im Beginnen ab-<lb/>
&#x017F;chneidet, und eckiges Ab&#x017F;prechen wie unvor-<lb/>
&#x017F;ichtiges Ueberhinfahren bedingt.</p><lb/>
          <p>Man kann, das was man ta&#x0364;glich &#x017F;ieht<lb/>
und erfa&#x0364;hrt, nur auf &#x017F;olche Art erkla&#x0364;ren,<lb/>
wenn es &#x017F;ich u&#x0364;berall voll&#x017F;ta&#x0364;ndig erkla&#x0364;ren la&#x0364;ßt,<lb/>
denn immer bleibt noch, außer der Ein&#x017F;ei-<lb/>
tigkeit der Selb&#x017F;t&#x017F;ucht, etwas Tieferes zu<lb/>
&#x017F;uchen, was die&#x017F;e letztere eben &#x017F;o wecken und<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;rfen, als u&#x0364;ber &#x017F;ie hinweghelfen kann.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[123/0127] unwillkuͤhrliche geworden. Jhrer Natur nach muß ſie einſeitig ſein; und wer ſie daher in ſich uͤbte, und die Gewohnheit hat, Recht zu behalten, laͤßt keinen andern Menſchen aufkommen. Die Jugend wuͤrde auf ſolche Weiſe zuruͤckgedraͤngt, auf ihre Unerfahrenheit hin- gewieſen, ſchuͤchtern ſchweigen, wenn ſie ſich nicht ihrer Seits durch Anmaaßung, ſchad- los hielte, und die Fortſchritte der Zeit, mit wegwerfendem Hohn, gegen veraltete Weis- heit und proſaiſche Naturen, geltend machte. Die gegenſeitige ſchroffe Stellung giebt der Mittheilung das Einſilbige und Kurze, was den Strom der Rede im Beginnen ab- ſchneidet, und eckiges Abſprechen wie unvor- ſichtiges Ueberhinfahren bedingt. Man kann, das was man taͤglich ſieht und erfaͤhrt, nur auf ſolche Art erklaͤren, wenn es ſich uͤberall vollſtaͤndig erklaͤren laͤßt, denn immer bleibt noch, außer der Einſei- tigkeit der Selbſtſucht, etwas Tieferes zu ſuchen, was dieſe letztere eben ſo wecken und ſchaͤrfen, als uͤber ſie hinweghelfen kann.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/127
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 123. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/127>, abgerufen am 24.11.2024.