am Ende ist alles Menschenwort trüglich. Der Himmel müßte seine Engel senden, um den Stempel der Wahrhaftigkeit darauf zu drücken, damit es keinem einfalle, anders zu denken, anders zu empfinden.
So wenig ist es im Grunde mit dem Gefallen, daß man bei der willigsten Leicht- gläubigkeit, doch den Stachel geheimer Un- ruhe nicht los werden kann.
Auf der andern Seite sind die, welche mißfallen, noch übler dran. Jn demselben Maaße, wie jene Ersten sich im Gefühle ih- res Werthes zu der Welt sicher stellen, und durch Dreistigkeit erzwingen, was ihnen nicht von selbst zufallen will, in demselben Maaße werden diese durch trübe Erfahrun- gen, ängstlich, ungeschickt, zuletzt bitter und kalt.
Es gehört viel dazu, und will seine Zeit haben, ehe ein liebevolles und an Liebe ge- wöhntes Herz, das Maaß von Kränkungen verschmerzen lerne, welche die Zufälligkeiten des Lebens einem jedem bereiten, der seine Heimath in der Gesellschaft zu finden glaubt.
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am Ende iſt alles Menſchenwort truͤglich. Der Himmel muͤßte ſeine Engel ſenden, um den Stempel der Wahrhaftigkeit darauf zu druͤcken, damit es keinem einfalle, anders zu denken, anders zu empfinden.
So wenig iſt es im Grunde mit dem Gefallen, daß man bei der willigſten Leicht- glaͤubigkeit, doch den Stachel geheimer Un- ruhe nicht los werden kann.
Auf der andern Seite ſind die, welche mißfallen, noch uͤbler dran. Jn demſelben Maaße, wie jene Erſten ſich im Gefuͤhle ih- res Werthes zu der Welt ſicher ſtellen, und durch Dreiſtigkeit erzwingen, was ihnen nicht von ſelbſt zufallen will, in demſelben Maaße werden dieſe durch truͤbe Erfahrun- gen, aͤngſtlich, ungeſchickt, zuletzt bitter und kalt.
Es gehoͤrt viel dazu, und will ſeine Zeit haben, ehe ein liebevolles und an Liebe ge- woͤhntes Herz, das Maaß von Kraͤnkungen verſchmerzen lerne, welche die Zufaͤlligkeiten des Lebens einem jedem bereiten, der ſeine Heimath in der Geſellſchaft zu finden glaubt.
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am Ende iſt alles Menſchenwort truͤglich.
Der Himmel muͤßte ſeine Engel ſenden, um
den Stempel der Wahrhaftigkeit darauf zu
druͤcken, damit es keinem einfalle, anders zu
denken, anders zu empfinden.
So wenig iſt es im Grunde mit dem
Gefallen, daß man bei der willigſten Leicht-
glaͤubigkeit, doch den Stachel geheimer Un-
ruhe nicht los werden kann.
Auf der andern Seite ſind die, welche
mißfallen, noch uͤbler dran. Jn demſelben
Maaße, wie jene Erſten ſich im Gefuͤhle ih-
res Werthes zu der Welt ſicher ſtellen, und
durch Dreiſtigkeit erzwingen, was ihnen
nicht von ſelbſt zufallen will, in demſelben
Maaße werden dieſe durch truͤbe Erfahrun-
gen, aͤngſtlich, ungeſchickt, zuletzt bitter und
kalt.
Es gehoͤrt viel dazu, und will ſeine Zeit
haben, ehe ein liebevolles und an Liebe ge-
woͤhntes Herz, das Maaß von Kraͤnkungen
verſchmerzen lerne, welche die Zufaͤlligkeiten
des Lebens einem jedem bereiten, der ſeine
Heimath in der Geſellſchaft zu finden glaubt.
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Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/119>, abgerufen am 27.07.2024.
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