Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826.

Bild:
<< vorherige Seite

auf dem Lande oder in der Provinz, fern
von den Einflüssen der Mode und dem Bei-
spiele der Großen, das Wort reden, und
hier die Liebe zur Geselligkeit, und was diese
fordert und bedingt, als natürlich und schuld-
los preisen.

Es ist vielleicht ein Glück zu nennen,
und von der Vorsicht mit liebreicher Nach-
sicht bewilligt worden, daß die beschränkten
Verhältnisse so viel stolzes Selbstbewußtsein
gestatten. Sonderbar genug weiß sich der
Mensch etwas damit, in ihnen zu leben;
einmal, als seien sie die allein würdigen,
und anderer Seits, als hänge es von dem
Einzelnen ab, sich anders zu stellen, als er
stehen soll. Dennoch ist es sehr gewiß, daß
in dem Herabwürdigen eines Gutes oft die
Schadloshaltung für dessen Entbehrung ge-
sucht wird. Vielleicht findet und fühlt
man sich auch mehr und unmittelbarer, wenn
man nur auf sich selbst angewiesen ist. Je
zusammengezogener die Gränzen sind, je be-
stimmter tritt die Persönlichkeit hervor. Es
ist daher leichter in einem kleinen Kreise zu

auf dem Lande oder in der Provinz, fern
von den Einfluͤſſen der Mode und dem Bei-
ſpiele der Großen, das Wort reden, und
hier die Liebe zur Geſelligkeit, und was dieſe
fordert und bedingt, als natuͤrlich und ſchuld-
los preiſen.

Es iſt vielleicht ein Gluͤck zu nennen,
und von der Vorſicht mit liebreicher Nach-
ſicht bewilligt worden, daß die beſchraͤnkten
Verhaͤltniſſe ſo viel ſtolzes Selbſtbewußtſein
geſtatten. Sonderbar genug weiß ſich der
Menſch etwas damit, in ihnen zu leben;
einmal, als ſeien ſie die allein wuͤrdigen,
und anderer Seits, als haͤnge es von dem
Einzelnen ab, ſich anders zu ſtellen, als er
ſtehen ſoll. Dennoch iſt es ſehr gewiß, daß
in dem Herabwuͤrdigen eines Gutes oft die
Schadloshaltung fuͤr deſſen Entbehrung ge-
ſucht wird. Vielleicht findet und fuͤhlt
man ſich auch mehr und unmittelbarer, wenn
man nur auf ſich ſelbſt angewieſen iſt. Je
zuſammengezogener die Graͤnzen ſind, je be-
ſtimmter tritt die Perſoͤnlichkeit hervor. Es
iſt daher leichter in einem kleinen Kreiſe zu

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0011" n="7"/>
auf dem Lande oder in der Provinz, fern<lb/>
von den Einflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en der Mode und dem Bei-<lb/>
&#x017F;piele der Großen, das Wort reden, und<lb/>
hier die Liebe zur Ge&#x017F;elligkeit, und was die&#x017F;e<lb/>
fordert und bedingt, als natu&#x0364;rlich und &#x017F;chuld-<lb/>
los prei&#x017F;en.</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t vielleicht ein Glu&#x0364;ck zu nennen,<lb/>
und von der Vor&#x017F;icht mit liebreicher Nach-<lb/>
&#x017F;icht bewilligt worden, daß die be&#x017F;chra&#x0364;nkten<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;o viel &#x017F;tolzes Selb&#x017F;tbewußt&#x017F;ein<lb/>
ge&#x017F;tatten. Sonderbar genug weiß &#x017F;ich der<lb/>
Men&#x017F;ch etwas damit, in ihnen zu leben;<lb/>
einmal, als &#x017F;eien &#x017F;ie die allein wu&#x0364;rdigen,<lb/>
und anderer Seits, als ha&#x0364;nge es von dem<lb/>
Einzelnen ab, &#x017F;ich anders zu &#x017F;tellen, als er<lb/>
&#x017F;tehen &#x017F;oll. Dennoch i&#x017F;t es &#x017F;ehr gewiß, daß<lb/>
in dem Herabwu&#x0364;rdigen eines Gutes oft die<lb/>
Schadloshaltung fu&#x0364;r de&#x017F;&#x017F;en Entbehrung ge-<lb/>
&#x017F;ucht wird. Vielleicht <hi rendition="#g">findet</hi> und <hi rendition="#g">fu&#x0364;hlt</hi><lb/>
man &#x017F;ich auch mehr und unmittelbarer, wenn<lb/>
man nur auf &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t angewie&#x017F;en i&#x017F;t. Je<lb/>
zu&#x017F;ammengezogener die Gra&#x0364;nzen &#x017F;ind, je be-<lb/>
&#x017F;timmter tritt die Per&#x017F;o&#x0364;nlichkeit hervor. Es<lb/>
i&#x017F;t daher leichter in einem kleinen Krei&#x017F;e zu<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[7/0011] auf dem Lande oder in der Provinz, fern von den Einfluͤſſen der Mode und dem Bei- ſpiele der Großen, das Wort reden, und hier die Liebe zur Geſelligkeit, und was dieſe fordert und bedingt, als natuͤrlich und ſchuld- los preiſen. Es iſt vielleicht ein Gluͤck zu nennen, und von der Vorſicht mit liebreicher Nach- ſicht bewilligt worden, daß die beſchraͤnkten Verhaͤltniſſe ſo viel ſtolzes Selbſtbewußtſein geſtatten. Sonderbar genug weiß ſich der Menſch etwas damit, in ihnen zu leben; einmal, als ſeien ſie die allein wuͤrdigen, und anderer Seits, als haͤnge es von dem Einzelnen ab, ſich anders zu ſtellen, als er ſtehen ſoll. Dennoch iſt es ſehr gewiß, daß in dem Herabwuͤrdigen eines Gutes oft die Schadloshaltung fuͤr deſſen Entbehrung ge- ſucht wird. Vielleicht findet und fuͤhlt man ſich auch mehr und unmittelbarer, wenn man nur auf ſich ſelbſt angewieſen iſt. Je zuſammengezogener die Graͤnzen ſind, je be- ſtimmter tritt die Perſoͤnlichkeit hervor. Es iſt daher leichter in einem kleinen Kreiſe zu

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/11
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de La Motte-: Die Frauen in der großen Welt. Berlin, 1826, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_frauen_1826/11>, abgerufen am 21.11.2024.