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Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810.

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deren heitrem Lächeln Du Dein eignes freudigeres Dasein noch einmal aufgehn siebst. Laß den armen Knaben Deine Schuld allein abbüßen und schicke mir das muntre Kind, damit ihr an Fernandos Seite ein blühenderes Loos werde. Aber ich tadle Dich und möchte eben jetzt dem Schicksal vorgreifen! Was kommen soll, wird geschehn! Niemand weiß, wie er endet! O könntest Du nur, wie ich, unsern holden Liebling sehn, wie er hier vor mir die schönen Glieder auf dem weißen Schnee der bläulichen Wellen wiegt, wie alles, Licht und Luft und die kleinen kreisenden Fluthen, mit ihm zu spielen scheint, und er dann von Zeit zu Zeit das Köpfchen hebt, die dunklen Locken schüttelt und unter den hohen Brauen zu mir hinsteht, als wolle er das ernstre Geschäft bannen und mich unwiderstehlich zu sich herabziehn. Armer Eduard! Arme Viola!"

O vermeßne, höchst vermeßne Viola! rief Luise, mit blutendem, gewaltsam bewegtem Herzen. Wie hast Du Dich an das Heiligste gewagt, und uns alle in Dein finstres Loos verstrickt! So nahe also, so ganz nahe lag mir mein Glück, und nun -! Ihr war, als hätten die Worte der Markise jene oft beweinten, immer noch lebendigen, Gefühle gerechtfertigt; ja sie sah sich als die frühere Verlobte Fernandos an, dem man sie absichtlich, widerrechtlich

deren heitrem Lächeln Du Dein eignes freudigeres Dasein noch einmal aufgehn siebst. Laß den armen Knaben Deine Schuld allein abbüßen und schicke mir das muntre Kind, damit ihr an Fernandos Seite ein blühenderes Loos werde. Aber ich tadle Dich und möchte eben jetzt dem Schicksal vorgreifen! Was kommen soll, wird geschehn! Niemand weiß, wie er endet! O könntest Du nur, wie ich, unsern holden Liebling sehn, wie er hier vor mir die schönen Glieder auf dem weißen Schnee der bläulichen Wellen wiegt, wie alles, Licht und Luft und die kleinen kreisenden Fluthen, mit ihm zu spielen scheint, und er dann von Zeit zu Zeit das Köpfchen hebt, die dunklen Locken schüttelt und unter den hohen Brauen zu mir hinsteht, als wolle er das ernstre Geschäft bannen und mich unwiderstehlich zu sich herabziehn. Armer Eduard! Arme Viola!«

O vermeßne, höchst vermeßne Viola! rief Luise, mit blutendem, gewaltsam bewegtem Herzen. Wie hast Du Dich an das Heiligste gewagt, und uns alle in Dein finstres Loos verstrickt! So nahe also, so ganz nahe lag mir mein Glück, und nun –! Ihr war, als hätten die Worte der Markise jene oft beweinten, immer noch lebendigen, Gefühle gerechtfertigt; ja sie sah sich als die frühere Verlobte Fernandos an, dem man sie absichtlich, widerrechtlich

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deren heitrem Lächeln Du Dein eignes freudigeres Dasein noch einmal aufgehn siebst. Laß den armen Knaben Deine Schuld allein abbüßen und schicke mir das muntre Kind, damit ihr an Fernandos Seite ein blühenderes Loos werde. Aber ich tadle Dich und möchte eben jetzt dem Schicksal vorgreifen! Was kommen soll, wird geschehn! Niemand weiß, wie er endet! O könntest Du nur, wie ich, unsern holden Liebling sehn, wie er hier vor mir die schönen Glieder auf dem weißen Schnee der bläulichen Wellen wiegt, wie alles, Licht und Luft und die kleinen kreisenden Fluthen, mit ihm zu spielen scheint, und er dann von Zeit zu Zeit das Köpfchen hebt, die dunklen Locken schüttelt und unter den hohen Brauen zu mir hinsteht, als wolle er das ernstre Geschäft bannen und mich unwiderstehlich zu sich herabziehn. Armer Eduard! Arme Viola!«</p>
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[64/0066] deren heitrem Lächeln Du Dein eignes freudigeres Dasein noch einmal aufgehn siebst. Laß den armen Knaben Deine Schuld allein abbüßen und schicke mir das muntre Kind, damit ihr an Fernandos Seite ein blühenderes Loos werde. Aber ich tadle Dich und möchte eben jetzt dem Schicksal vorgreifen! Was kommen soll, wird geschehn! Niemand weiß, wie er endet! O könntest Du nur, wie ich, unsern holden Liebling sehn, wie er hier vor mir die schönen Glieder auf dem weißen Schnee der bläulichen Wellen wiegt, wie alles, Licht und Luft und die kleinen kreisenden Fluthen, mit ihm zu spielen scheint, und er dann von Zeit zu Zeit das Köpfchen hebt, die dunklen Locken schüttelt und unter den hohen Brauen zu mir hinsteht, als wolle er das ernstre Geschäft bannen und mich unwiderstehlich zu sich herabziehn. Armer Eduard! Arme Viola!« O vermeßne, höchst vermeßne Viola! rief Luise, mit blutendem, gewaltsam bewegtem Herzen. Wie hast Du Dich an das Heiligste gewagt, und uns alle in Dein finstres Loos verstrickt! So nahe also, so ganz nahe lag mir mein Glück, und nun –! Ihr war, als hätten die Worte der Markise jene oft beweinten, immer noch lebendigen, Gefühle gerechtfertigt; ja sie sah sich als die frühere Verlobte Fernandos an, dem man sie absichtlich, widerrechtlich

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Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Zweites Bändchen. Berlin, 1810, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins02_1810/66>, abgerufen am 02.05.2024.