Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810."Du weißst, lieber Julius, ich liebe die Coltsequenz im Leben. Du hast geheirathet, und das ist weise; ich durchziehe die Welt, und das ist ebenfalls weise. Jetzt bin ich hier, die deutsche Häuslichkeit zu bewundern, von der ihr selbst viel Aufhebens und einige schlechte Schauspiele gemacht habt. Daß ich nächstens nach Deinem Hexensteine komme, begreifst Du wohl; der Himmel bewahre mich dort nur vor Bezaubrung." Luise entfärbte sich etwas, und sagte, ohne das Ende des Briefes abzuwarten, sie wünsche, daß er in Wien bleibe, da sie auf seine Bekanntschaft weiter nicht begierig sei. Julius fragte indeß den Maler, indem er den Brief zusammenfaltete, was Fernando abgehalten habe, ihn sogleich zu begleiten. Eine Begebenheit seiner Art, erwiederte dieser. Die Blicke der Gesellschaft richteten sich bei dem Worte, das immer etwas Ungewöhnliches erwarten läßt, auf den jungen Mann, und schienen eine nähere Erklärung zu verlangen. Er fuhr auch sogleich fort: Es war wenig Tage vor meiner Abreise, als wir bei dem Herausgehn aus dem Schauspiel einen Knaben begegneten, welcher auf seiner schnarrenden Leier unaufhörlich dasselbe Lied spielte und die Vorübergehenden so um Almosen ansprach. »Du weißst, lieber Julius, ich liebe die Coltsequenz im Leben. Du hast geheirathet, und das ist weise; ich durchziehe die Welt, und das ist ebenfalls weise. Jetzt bin ich hier, die deutsche Häuslichkeit zu bewundern, von der ihr selbst viel Aufhebens und einige schlechte Schauspiele gemacht habt. Daß ich nächstens nach Deinem Hexensteine komme, begreifst Du wohl; der Himmel bewahre mich dort nur vor Bezaubrung.« Luise entfärbte sich etwas, und sagte, ohne das Ende des Briefes abzuwarten, sie wünsche, daß er in Wien bleibe, da sie auf seine Bekanntschaft weiter nicht begierig sei. Julius fragte indeß den Maler, indem er den Brief zusammenfaltete, was Fernando abgehalten habe, ihn sogleich zu begleiten. Eine Begebenheit seiner Art, erwiederte dieser. Die Blicke der Gesellschaft richteten sich bei dem Worte, das immer etwas Ungewöhnliches erwarten läßt, auf den jungen Mann, und schienen eine nähere Erklärung zu verlangen. Er fuhr auch sogleich fort: Es war wenig Tage vor meiner Abreise, als wir bei dem Herausgehn aus dem Schauspiel einen Knaben begegneten, welcher auf seiner schnarrenden Leier unaufhörlich dasselbe Lied spielte und die Vorübergehenden so um Almosen ansprach. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0089" n="81"/> <p> »Du weißst, lieber Julius, ich liebe die Coltsequenz im Leben. Du hast geheirathet, und das ist weise; ich durchziehe die Welt, und das ist ebenfalls weise. Jetzt bin ich hier, die deutsche Häuslichkeit zu bewundern, von der ihr selbst viel Aufhebens und einige schlechte Schauspiele gemacht habt. Daß ich nächstens nach Deinem Hexensteine komme, begreifst Du wohl; der Himmel bewahre mich dort nur vor Bezaubrung.«</p> <p>Luise entfärbte sich etwas, und sagte, ohne das Ende des Briefes abzuwarten, sie wünsche, daß er in Wien bleibe, da sie auf seine Bekanntschaft weiter nicht begierig sei. Julius fragte indeß den Maler, indem er den Brief zusammenfaltete, was Fernando abgehalten habe, ihn sogleich zu begleiten. Eine Begebenheit seiner Art, erwiederte dieser. Die Blicke der Gesellschaft richteten sich bei dem Worte, das immer etwas Ungewöhnliches erwarten läßt, auf den jungen Mann, und schienen eine nähere Erklärung zu verlangen. Er fuhr auch sogleich fort: Es war wenig Tage vor meiner Abreise, als wir bei dem Herausgehn aus dem Schauspiel einen Knaben begegneten, welcher auf seiner schnarrenden Leier unaufhörlich dasselbe Lied spielte und die Vorübergehenden so um Almosen ansprach. </p> </div> </body> </text> </TEI> [81/0089]
»Du weißst, lieber Julius, ich liebe die Coltsequenz im Leben. Du hast geheirathet, und das ist weise; ich durchziehe die Welt, und das ist ebenfalls weise. Jetzt bin ich hier, die deutsche Häuslichkeit zu bewundern, von der ihr selbst viel Aufhebens und einige schlechte Schauspiele gemacht habt. Daß ich nächstens nach Deinem Hexensteine komme, begreifst Du wohl; der Himmel bewahre mich dort nur vor Bezaubrung.«
Luise entfärbte sich etwas, und sagte, ohne das Ende des Briefes abzuwarten, sie wünsche, daß er in Wien bleibe, da sie auf seine Bekanntschaft weiter nicht begierig sei. Julius fragte indeß den Maler, indem er den Brief zusammenfaltete, was Fernando abgehalten habe, ihn sogleich zu begleiten. Eine Begebenheit seiner Art, erwiederte dieser. Die Blicke der Gesellschaft richteten sich bei dem Worte, das immer etwas Ungewöhnliches erwarten läßt, auf den jungen Mann, und schienen eine nähere Erklärung zu verlangen. Er fuhr auch sogleich fort: Es war wenig Tage vor meiner Abreise, als wir bei dem Herausgehn aus dem Schauspiel einen Knaben begegneten, welcher auf seiner schnarrenden Leier unaufhörlich dasselbe Lied spielte und die Vorübergehenden so um Almosen ansprach.
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/89>, abgerufen am 16.07.2024. |