Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Wunderbare hinzusetzte, so liegt doch eine zuverlässige Wahrheit zum Grunde. Wir drangen in ihn, uns das Nähere mitzutheilen. Frauen, erwiederte er lächelnd, lieben alles, was sie aus dem eintönigen Gange ihrer Bestimmung hinauszieht, und staunen mit offnen Sinnen an, was diese beweglichen Sinne ungewohnt anregt, vorzüglich hat Sie, liebe Mathilde, ihr abgeschloßnes Leben noch begieriger auf dergleichen gemacht, und darum hören Sie nur. Vor mehrern hundert Jahren herrschte eine Frau von Falkenstein über diese Gegend, die, wie die Sage erzählt, in geheimer Verbindung mit den Geistern des Waldes stand. Durch diese wußte sie, daß ihre Söhne einander nach dem Leben trachten und Unheil über ihr Geschlecht bringen würden. Sie beschloß daher, zu Gunsten des Einen den Andern bald nach seiner Geburt aufzuopfern, und ließ ihn zwischen diesen Klippen, die damals ein reißender Bach durchzog, aussetzen. Der Aeltere wuchs nun ungestört heran, ward tapfer und fromm, weshalb er auch eine Reise nach dem heiligen Lande unternahm. Die Mutter verwaltete während dem die Geschäfte, und erwartete ungeduldig seine Rückkehr; allein nach zwei langen Jahren kamen seine Begleiter ohne ihn zurück und meldeten seinen Tod. Die Frau vom Falkenstein sah nun alle ihre Erwartungen vereitelt, entzweite Wunderbare hinzusetzte, so liegt doch eine zuverlässige Wahrheit zum Grunde. Wir drangen in ihn, uns das Nähere mitzutheilen. Frauen, erwiederte er lächelnd, lieben alles, was sie aus dem eintönigen Gange ihrer Bestimmung hinauszieht, und staunen mit offnen Sinnen an, was diese beweglichen Sinne ungewohnt anregt, vorzüglich hat Sie, liebe Mathilde, ihr abgeschloßnes Leben noch begieriger auf dergleichen gemacht, und darum hören Sie nur. Vor mehrern hundert Jahren herrschte eine Frau von Falkenstein über diese Gegend, die, wie die Sage erzählt, in geheimer Verbindung mit den Geistern des Waldes stand. Durch diese wußte sie, daß ihre Söhne einander nach dem Leben trachten und Unheil über ihr Geschlecht bringen würden. Sie beschloß daher, zu Gunsten des Einen den Andern bald nach seiner Geburt aufzuopfern, und ließ ihn zwischen diesen Klippen, die damals ein reißender Bach durchzog, aussetzen. Der Aeltere wuchs nun ungestört heran, ward tapfer und fromm, weshalb er auch eine Reise nach dem heiligen Lande unternahm. Die Mutter verwaltete während dem die Geschäfte, und erwartete ungeduldig seine Rückkehr; allein nach zwei langen Jahren kamen seine Begleiter ohne ihn zurück und meldeten seinen Tod. Die Frau vom Falkenstein sah nun alle ihre Erwartungen vereitelt, entzweite <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0028" n="20"/> Wunderbare hinzusetzte, so liegt doch eine zuverlässige Wahrheit zum Grunde. Wir drangen in ihn, uns das Nähere mitzutheilen. Frauen, erwiederte er lächelnd, lieben alles, was sie aus dem eintönigen Gange ihrer Bestimmung hinauszieht, und staunen mit offnen Sinnen an, was diese beweglichen Sinne ungewohnt anregt, vorzüglich hat Sie, liebe Mathilde, ihr abgeschloßnes Leben noch begieriger auf dergleichen gemacht, und darum hören Sie nur.</p> <p>Vor mehrern hundert Jahren herrschte eine Frau von Falkenstein über diese Gegend, die, wie die Sage erzählt, in geheimer Verbindung mit den Geistern des Waldes stand. Durch diese wußte sie, daß ihre Söhne einander nach dem Leben trachten und Unheil über ihr Geschlecht bringen würden. Sie beschloß daher, zu Gunsten des Einen den Andern bald nach seiner Geburt aufzuopfern, und ließ ihn zwischen diesen Klippen, die damals ein reißender Bach durchzog, aussetzen. Der Aeltere wuchs nun ungestört heran, ward tapfer und fromm, weshalb er auch eine Reise nach dem heiligen Lande unternahm. Die Mutter verwaltete während dem die Geschäfte, und erwartete ungeduldig seine Rückkehr; allein nach zwei langen Jahren kamen seine Begleiter ohne ihn zurück und meldeten seinen Tod. Die Frau vom Falkenstein sah nun alle ihre Erwartungen vereitelt, entzweite </p> </div> </body> </text> </TEI> [20/0028]
Wunderbare hinzusetzte, so liegt doch eine zuverlässige Wahrheit zum Grunde. Wir drangen in ihn, uns das Nähere mitzutheilen. Frauen, erwiederte er lächelnd, lieben alles, was sie aus dem eintönigen Gange ihrer Bestimmung hinauszieht, und staunen mit offnen Sinnen an, was diese beweglichen Sinne ungewohnt anregt, vorzüglich hat Sie, liebe Mathilde, ihr abgeschloßnes Leben noch begieriger auf dergleichen gemacht, und darum hören Sie nur.
Vor mehrern hundert Jahren herrschte eine Frau von Falkenstein über diese Gegend, die, wie die Sage erzählt, in geheimer Verbindung mit den Geistern des Waldes stand. Durch diese wußte sie, daß ihre Söhne einander nach dem Leben trachten und Unheil über ihr Geschlecht bringen würden. Sie beschloß daher, zu Gunsten des Einen den Andern bald nach seiner Geburt aufzuopfern, und ließ ihn zwischen diesen Klippen, die damals ein reißender Bach durchzog, aussetzen. Der Aeltere wuchs nun ungestört heran, ward tapfer und fromm, weshalb er auch eine Reise nach dem heiligen Lande unternahm. Die Mutter verwaltete während dem die Geschäfte, und erwartete ungeduldig seine Rückkehr; allein nach zwei langen Jahren kamen seine Begleiter ohne ihn zurück und meldeten seinen Tod. Die Frau vom Falkenstein sah nun alle ihre Erwartungen vereitelt, entzweite
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/28>, abgerufen am 16.07.2024. |