Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.zu glänzen, als zwischen hohen Mauern zu verschmachten. -- Lassen wir jetzt, setzte er lächelnd hinzu, die kleine Wolke vorüberziehn, glauben Sie mir, der heitre italienische Himmel durchbricht diese Nebelstreifen leicht! Ich blickte auf die schone Frau, der ich um so weniger feind sein konnte, da sie durch ihr unstätes Betragen jeden Einfluß auf das künftige Schicksal meines Bruders verloren hatte. Diese Sicherheit und die Freude, ihn wohl und kräftig neuen Unternehmungen entgegen eilen zu sehen, setzte mich schnell über die augenblickliche Störung hinaus. Ich wandte mich versöhnt zu Viola, die sich willig an mir aufrichtete und in ein andres Zimmer führen ließ. Es gelang mir bald (indem ich sie französisch anredete) ihr Vertrauen ohne Rückhalt zu gewinnen. Sie klagte sich selbst mit vernichtender Reue an, und beweinte in ihrer dunklen Zukunft alle verlorne Freuden der Liebe. Allein während die glühendste Phantasie sie immer weiter und weiter fortriß, schuf sie sich selbst die besten Trostgründe, und endete damit, ein behagliches Licht auf ein Leben zu werfen, in welchem, wie in ihrem Ideengange, Eines ganz natürlich aus dem Andren zu entspringen schien. Ich kannte die Fertigkeit wenig, Ursach und Wirkung so geschickt zu folgern, daß alles gerade und eben dasteht, während der eigentliche Grund der Handlung zu glänzen, als zwischen hohen Mauern zu verschmachten. — Lassen wir jetzt, setzte er lächelnd hinzu, die kleine Wolke vorüberziehn, glauben Sie mir, der heitre italienische Himmel durchbricht diese Nebelstreifen leicht! Ich blickte auf die schone Frau, der ich um so weniger feind sein konnte, da sie durch ihr unstätes Betragen jeden Einfluß auf das künftige Schicksal meines Bruders verloren hatte. Diese Sicherheit und die Freude, ihn wohl und kräftig neuen Unternehmungen entgegen eilen zu sehen, setzte mich schnell über die augenblickliche Störung hinaus. Ich wandte mich versöhnt zu Viola, die sich willig an mir aufrichtete und in ein andres Zimmer führen ließ. Es gelang mir bald (indem ich sie französisch anredete) ihr Vertrauen ohne Rückhalt zu gewinnen. Sie klagte sich selbst mit vernichtender Reue an, und beweinte in ihrer dunklen Zukunft alle verlorne Freuden der Liebe. Allein während die glühendste Phantasie sie immer weiter und weiter fortriß, schuf sie sich selbst die besten Trostgründe, und endete damit, ein behagliches Licht auf ein Leben zu werfen, in welchem, wie in ihrem Ideengange, Eines ganz natürlich aus dem Andren zu entspringen schien. Ich kannte die Fertigkeit wenig, Ursach und Wirkung so geschickt zu folgern, daß alles gerade und eben dasteht, während der eigentliche Grund der Handlung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0024" n="16"/> zu glänzen, als zwischen hohen Mauern zu verschmachten. — Lassen wir jetzt, setzte er lächelnd hinzu, die kleine Wolke vorüberziehn, glauben Sie mir, der heitre italienische Himmel durchbricht diese Nebelstreifen leicht! Ich blickte auf die schone Frau, der ich um so weniger feind sein konnte, da sie durch ihr unstätes Betragen jeden Einfluß auf das künftige Schicksal meines Bruders verloren hatte. Diese Sicherheit und die Freude, ihn wohl und kräftig neuen Unternehmungen entgegen eilen zu sehen, setzte mich schnell über die augenblickliche Störung hinaus. Ich wandte mich versöhnt zu Viola, die sich willig an mir aufrichtete und in ein andres Zimmer führen ließ. Es gelang mir bald (indem ich sie französisch anredete) ihr Vertrauen ohne Rückhalt zu gewinnen. Sie klagte sich selbst mit vernichtender Reue an, und beweinte in ihrer dunklen Zukunft alle verlorne Freuden der Liebe. Allein während die glühendste Phantasie sie immer weiter und weiter fortriß, schuf sie sich selbst die besten Trostgründe, und endete damit, ein behagliches Licht auf ein Leben zu werfen, in welchem, wie in ihrem Ideengange, Eines ganz natürlich aus dem Andren zu entspringen schien. Ich kannte die Fertigkeit wenig, Ursach und Wirkung so geschickt zu folgern, daß alles gerade und eben dasteht, während der eigentliche Grund der Handlung </p> </div> </body> </text> </TEI> [16/0024]
zu glänzen, als zwischen hohen Mauern zu verschmachten. — Lassen wir jetzt, setzte er lächelnd hinzu, die kleine Wolke vorüberziehn, glauben Sie mir, der heitre italienische Himmel durchbricht diese Nebelstreifen leicht! Ich blickte auf die schone Frau, der ich um so weniger feind sein konnte, da sie durch ihr unstätes Betragen jeden Einfluß auf das künftige Schicksal meines Bruders verloren hatte. Diese Sicherheit und die Freude, ihn wohl und kräftig neuen Unternehmungen entgegen eilen zu sehen, setzte mich schnell über die augenblickliche Störung hinaus. Ich wandte mich versöhnt zu Viola, die sich willig an mir aufrichtete und in ein andres Zimmer führen ließ. Es gelang mir bald (indem ich sie französisch anredete) ihr Vertrauen ohne Rückhalt zu gewinnen. Sie klagte sich selbst mit vernichtender Reue an, und beweinte in ihrer dunklen Zukunft alle verlorne Freuden der Liebe. Allein während die glühendste Phantasie sie immer weiter und weiter fortriß, schuf sie sich selbst die besten Trostgründe, und endete damit, ein behagliches Licht auf ein Leben zu werfen, in welchem, wie in ihrem Ideengange, Eines ganz natürlich aus dem Andren zu entspringen schien. Ich kannte die Fertigkeit wenig, Ursach und Wirkung so geschickt zu folgern, daß alles gerade und eben dasteht, während der eigentliche Grund der Handlung
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/24>, abgerufen am 16.02.2025. |