Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Graf trat hier zu mir, und entschuldigte auf eine feine Weise sein unerwartetes Erscheinen mit der unveränderten Anhänglichkeit an meinem Gemahl, für dessen Jugendfreund er sich erklärte, und von welchem, wie er verbindlich hinzusetzte, ihn nur widerstrebend ein vieljähriger Gesandschaftsposten habe entfernen können. Ich sah mich in ein gleichgültiges Gespräch verwickelt, während die dringendste Frage auf meinen Lippen schwebte. Die Gräfin maß mich mit ihren großen vielsagenden Augen, und sagte hinterher, in gebrochnem Deutsch, mit der lieblichsten Stimme, ein schmeichelndes Wort. So hielten mich beide gefangen, und ich verzweifelte fast, irgend etwas Näheres zu erfahren, da des Grafen wortreiche Höflichkeit mich immer mehr in mich selbst zurückdrängte, als dieser hinzusetzte, er habe nicht gehofft, seiner Viola so bald eine Freundinn zuzuführen, da er erst seit wenigen Stunden von der Heirath seines Freundes unterrichtet sei. Dieser Nahme überflog jede anderweitige Rücksicht. Ich bitte Sie, rief ich, ihn unterbrechend, kannten Sie in Neapel eine Viola, welche den Schleier nahm, die mein Bruder Eduard von Mansfeld -- Viola lag schon längst zu meinen Füßen, drückte meine Knie an ihre Brust und rief unter lautem Weinen: ich -- ich -- die arme Viola. -- Mit stummer Verwunderung blickte ich

Der Graf trat hier zu mir, und entschuldigte auf eine feine Weise sein unerwartetes Erscheinen mit der unveränderten Anhänglichkeit an meinem Gemahl, für dessen Jugendfreund er sich erklärte, und von welchem, wie er verbindlich hinzusetzte, ihn nur widerstrebend ein vieljähriger Gesandschaftsposten habe entfernen können. Ich sah mich in ein gleichgültiges Gespräch verwickelt, während die dringendste Frage auf meinen Lippen schwebte. Die Gräfin maß mich mit ihren großen vielsagenden Augen, und sagte hinterher, in gebrochnem Deutsch, mit der lieblichsten Stimme, ein schmeichelndes Wort. So hielten mich beide gefangen, und ich verzweifelte fast, irgend etwas Näheres zu erfahren, da des Grafen wortreiche Höflichkeit mich immer mehr in mich selbst zurückdrängte, als dieser hinzusetzte, er habe nicht gehofft, seiner Viola so bald eine Freundinn zuzuführen, da er erst seit wenigen Stunden von der Heirath seines Freundes unterrichtet sei. Dieser Nahme überflog jede anderweitige Rücksicht. Ich bitte Sie, rief ich, ihn unterbrechend, kannten Sie in Neapel eine Viola, welche den Schleier nahm, die mein Bruder Eduard von Mansfeld — Viola lag schon längst zu meinen Füßen, drückte meine Knie an ihre Brust und rief unter lautem Weinen: ich — ich — die arme Viola. — Mit stummer Verwunderung blickte ich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0022" n="14"/>
Der Graf trat hier zu mir, und entschuldigte auf eine feine Weise sein unerwartetes Erscheinen mit der unveränderten Anhänglichkeit an meinem Gemahl, für dessen Jugendfreund er sich erklärte, und von welchem, wie er verbindlich hinzusetzte, ihn nur widerstrebend ein vieljähriger Gesandschaftsposten habe entfernen können. Ich sah mich in ein gleichgültiges Gespräch verwickelt, während die dringendste Frage auf meinen Lippen schwebte. Die Gräfin maß mich mit ihren großen vielsagenden Augen, und sagte hinterher, in gebrochnem Deutsch, mit der lieblichsten Stimme, ein schmeichelndes Wort. So hielten mich beide gefangen, und ich verzweifelte fast, irgend etwas Näheres zu erfahren, da des Grafen wortreiche Höflichkeit mich immer mehr in mich selbst zurückdrängte, als dieser hinzusetzte, er habe nicht gehofft, seiner Viola so bald eine Freundinn zuzuführen, da er erst seit wenigen Stunden von der Heirath seines Freundes unterrichtet sei. Dieser Nahme überflog jede anderweitige Rücksicht. Ich bitte Sie, rief ich, ihn unterbrechend, kannten Sie in Neapel eine Viola, welche den Schleier nahm, die mein Bruder Eduard von Mansfeld &#x2014; Viola lag schon längst zu meinen Füßen, drückte meine Knie an ihre Brust und rief unter lautem Weinen: ich &#x2014; ich &#x2014; die arme Viola. &#x2014; Mit stummer Verwunderung blickte ich
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[14/0022] Der Graf trat hier zu mir, und entschuldigte auf eine feine Weise sein unerwartetes Erscheinen mit der unveränderten Anhänglichkeit an meinem Gemahl, für dessen Jugendfreund er sich erklärte, und von welchem, wie er verbindlich hinzusetzte, ihn nur widerstrebend ein vieljähriger Gesandschaftsposten habe entfernen können. Ich sah mich in ein gleichgültiges Gespräch verwickelt, während die dringendste Frage auf meinen Lippen schwebte. Die Gräfin maß mich mit ihren großen vielsagenden Augen, und sagte hinterher, in gebrochnem Deutsch, mit der lieblichsten Stimme, ein schmeichelndes Wort. So hielten mich beide gefangen, und ich verzweifelte fast, irgend etwas Näheres zu erfahren, da des Grafen wortreiche Höflichkeit mich immer mehr in mich selbst zurückdrängte, als dieser hinzusetzte, er habe nicht gehofft, seiner Viola so bald eine Freundinn zuzuführen, da er erst seit wenigen Stunden von der Heirath seines Freundes unterrichtet sei. Dieser Nahme überflog jede anderweitige Rücksicht. Ich bitte Sie, rief ich, ihn unterbrechend, kannten Sie in Neapel eine Viola, welche den Schleier nahm, die mein Bruder Eduard von Mansfeld — Viola lag schon längst zu meinen Füßen, drückte meine Knie an ihre Brust und rief unter lautem Weinen: ich — ich — die arme Viola. — Mit stummer Verwunderung blickte ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid (2013-03-15T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-15T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/22
Zitationshilfe: Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/22>, abgerufen am 24.11.2024.