Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.einer lebendigen Seele anzuvertrauen, erhandelte auch unter anderm Vorwand einen leichten Zelter mit bequemem Geschirr für seine schöne Genossin, und harrte ganz allein, die beiden Rosse am Zügel, unter ihren Fenstern, bis er an dem Lampenschimmer vermerken konnte, sie sei nun von dem Nachtmahle zurück gekehret und allein in ihrem Gemach. Da begann er folgende Verse zu singen: Nicht allzuhoch die Fensterwand, Strickleiter in des Liebsten Hand; Ein Wink aus Liebchens Fensterlein, So stiegt die seidne Trepp' hinein, Und will sie dran hernieder gleiten So können, eh' der Morgen graut, Von stiller Nacht allein beschaut, Zum Meerstrand die Verliebten reiten. Er sah wohl, daß sich die Schöne dem Fenster zu nähern schien, und sang deshalb in froher Hoffnung fort: Was ist der ächten Minne gleich? Nicht Fürstenthum, nicht Königreich. Zwei Herzen fromm, zwei Herzen treu, Sie ziehn sich an in süßer Scheu,
einer lebendigen Seele anzuvertrauen, erhandelte auch unter anderm Vorwand einen leichten Zelter mit bequemem Geschirr für seine schöne Genossin, und harrte ganz allein, die beiden Rosse am Zügel, unter ihren Fenstern, bis er an dem Lampenschimmer vermerken konnte, sie sei nun von dem Nachtmahle zurück gekehret und allein in ihrem Gemach. Da begann er folgende Verse zu singen: Nicht allzuhoch die Fensterwand, Strickleiter in des Liebsten Hand; Ein Wink aus Liebchens Fensterlein, So stiegt die seidne Trepp’ hinein, Und will sie dran hernieder gleiten So können, eh’ der Morgen graut, Von stiller Nacht allein beschaut, Zum Meerstrand die Verliebten reiten. Er sah wohl, daß sich die Schöne dem Fenster zu nähern schien, und sang deshalb in froher Hoffnung fort: Was ist der ächten Minne gleich? Nicht Fürstenthum, nicht Königreich. Zwei Herzen fromm, zwei Herzen treu, Sie ziehn sich an in süßer Scheu,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0153" n="145"/> einer lebendigen Seele anzuvertrauen, erhandelte auch unter anderm Vorwand einen leichten Zelter mit bequemem Geschirr für seine schöne Genossin, und harrte ganz allein, die beiden Rosse am Zügel, unter ihren Fenstern, bis er an dem Lampenschimmer vermerken konnte, sie sei nun von dem Nachtmahle zurück gekehret und allein in ihrem Gemach. Da begann er folgende Verse zu singen:</p><lb/> <lg> <l>Nicht allzuhoch die Fensterwand,</l> <l>Strickleiter in des Liebsten Hand;</l> <l>Ein Wink aus Liebchens Fensterlein,</l> <l>So stiegt die seidne Trepp’ hinein,</l> <l>Und will sie dran hernieder gleiten</l> <l>So können, eh’ der Morgen graut,</l> <l>Von stiller Nacht allein beschaut,</l> <l>Zum Meerstrand die Verliebten reiten.</l> </lg><lb/> <p>Er sah wohl, daß sich die Schöne dem Fenster zu nähern schien, und sang deshalb in froher Hoffnung fort:</p><lb/> <lg> <l>Was ist der ächten Minne gleich?</l> <l>Nicht Fürstenthum, nicht Königreich.</l> <l>Zwei Herzen fromm, zwei Herzen treu,</l> <l>Sie ziehn sich an in süßer Scheu,</l> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [145/0153]
einer lebendigen Seele anzuvertrauen, erhandelte auch unter anderm Vorwand einen leichten Zelter mit bequemem Geschirr für seine schöne Genossin, und harrte ganz allein, die beiden Rosse am Zügel, unter ihren Fenstern, bis er an dem Lampenschimmer vermerken konnte, sie sei nun von dem Nachtmahle zurück gekehret und allein in ihrem Gemach. Da begann er folgende Verse zu singen:
Nicht allzuhoch die Fensterwand, Strickleiter in des Liebsten Hand; Ein Wink aus Liebchens Fensterlein, So stiegt die seidne Trepp’ hinein, Und will sie dran hernieder gleiten So können, eh’ der Morgen graut, Von stiller Nacht allein beschaut, Zum Meerstrand die Verliebten reiten.
Er sah wohl, daß sich die Schöne dem Fenster zu nähern schien, und sang deshalb in froher Hoffnung fort:
Was ist der ächten Minne gleich? Nicht Fürstenthum, nicht Königreich. Zwei Herzen fromm, zwei Herzen treu, Sie ziehn sich an in süßer Scheu,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … TextGrid: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI von TextGrid
(2013-03-15T15:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus TextGrid entsprechen muss.
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-15T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-15T15:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |