Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.daß mich die allerherzlichste Theilnahme an Ihnen zu der freien Mittheilung meiner Gesinnungen zwingt, zur der Sie mich gewissermaßen auffordern. Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Ihr Brief hat mich erschreckt. Es ist ein gewisses unsichres Herumfassen nach fremder Hülfe darin sichtbar, eine Angst vor sich selbst, die sich unter unnatürlichem Haß gegen einen Unbekannten verbirgt. Was reizt Sie zu dieser Heftigkeit, die Sie in sich selbst irre macht? Glauben Sie mir, es ist den Frauen selten etwas gefährlicher, als einem ausschließenden Gefühl für irgend einen Mann, der nicht der ihrige ist, Raum zu geben, am wenigsten aber dürfen Sie es sich und Andren so klar und mit dieser Leidenschaftlichkeit aussprechen. Haß und Liebe berühren sich schon darin, daß uns der Gegenstand beider Empfindung niemals gleichgültig ist, und gleichgültig sollte Ihnen der fremde Jüngling billig sein. Was haben Sie mit seinen Fehlern und Tugenden zu schaffen? Lassen Sie ihn ruhig neben sich hingehen, Ihre Wege sind ohnehin von einander geschieden. Und von mir, liebes Kind, von meinem Rath erwarten Sie die schickliche Haltung in Ihrer mißlichen Lage? Fühlen Sie wirklich diese schon in irgend einem Augenblick verloren zu haben? Welch Gefühl, ich bitte Sie, ist so mächtig in Ihre Brust, daß es daß mich die allerherzlichste Theilnahme an Ihnen zu der freien Mittheilung meiner Gesinnungen zwingt, zur der Sie mich gewissermaßen auffordern. Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Ihr Brief hat mich erschreckt. Es ist ein gewisses unsichres Herumfassen nach fremder Hülfe darin sichtbar, eine Angst vor sich selbst, die sich unter unnatürlichem Haß gegen einen Unbekannten verbirgt. Was reizt Sie zu dieser Heftigkeit, die Sie in sich selbst irre macht? Glauben Sie mir, es ist den Frauen selten etwas gefährlicher, als einem ausschließenden Gefühl für irgend einen Mann, der nicht der ihrige ist, Raum zu geben, am wenigsten aber dürfen Sie es sich und Andren so klar und mit dieser Leidenschaftlichkeit aussprechen. Haß und Liebe berühren sich schon darin, daß uns der Gegenstand beider Empfindung niemals gleichgültig ist, und gleichgültig sollte Ihnen der fremde Jüngling billig sein. Was haben Sie mit seinen Fehlern und Tugenden zu schaffen? Lassen Sie ihn ruhig neben sich hingehen, Ihre Wege sind ohnehin von einander geschieden. Und von mir, liebes Kind, von meinem Rath erwarten Sie die schickliche Haltung in Ihrer mißlichen Lage? Fühlen Sie wirklich diese schon in irgend einem Augenblick verloren zu haben? Welch Gefühl, ich bitte Sie, ist so mächtig in Ihre Brust, daß es <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0117" n="109"/> daß mich die allerherzlichste Theilnahme an Ihnen zu der freien Mittheilung meiner Gesinnungen zwingt, zur der Sie mich gewissermaßen auffordern.</p> <p>Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Ihr Brief hat mich erschreckt. Es ist ein gewisses unsichres Herumfassen nach fremder Hülfe darin sichtbar, eine Angst vor sich selbst, die sich unter unnatürlichem Haß gegen einen Unbekannten verbirgt. Was reizt Sie zu dieser Heftigkeit, die Sie in sich selbst irre macht? Glauben Sie mir, es ist den Frauen selten etwas gefährlicher, als einem ausschließenden Gefühl für irgend einen Mann, der nicht der ihrige ist, Raum zu geben, am wenigsten aber dürfen Sie es sich und Andren so klar und mit dieser Leidenschaftlichkeit aussprechen. Haß und Liebe berühren sich schon darin, daß uns der Gegenstand <choice><sic>bei der</sic><corr>beider</corr></choice> Empfindung niemals gleichgültig ist, und gleichgültig sollte Ihnen der fremde Jüngling billig sein. Was haben Sie mit seinen Fehlern und Tugenden zu schaffen? Lassen Sie ihn ruhig neben sich hingehen, Ihre Wege sind ohnehin von einander geschieden. Und von mir, liebes Kind, von meinem Rath erwarten Sie die schickliche Haltung in Ihrer mißlichen Lage? Fühlen Sie wirklich diese schon in irgend einem Augenblick verloren zu haben? Welch Gefühl, ich bitte Sie, ist so mächtig in Ihre Brust, daß es </p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0117]
daß mich die allerherzlichste Theilnahme an Ihnen zu der freien Mittheilung meiner Gesinnungen zwingt, zur der Sie mich gewissermaßen auffordern.
Ich kann es Ihnen nicht verhehlen, Ihr Brief hat mich erschreckt. Es ist ein gewisses unsichres Herumfassen nach fremder Hülfe darin sichtbar, eine Angst vor sich selbst, die sich unter unnatürlichem Haß gegen einen Unbekannten verbirgt. Was reizt Sie zu dieser Heftigkeit, die Sie in sich selbst irre macht? Glauben Sie mir, es ist den Frauen selten etwas gefährlicher, als einem ausschließenden Gefühl für irgend einen Mann, der nicht der ihrige ist, Raum zu geben, am wenigsten aber dürfen Sie es sich und Andren so klar und mit dieser Leidenschaftlichkeit aussprechen. Haß und Liebe berühren sich schon darin, daß uns der Gegenstand beider Empfindung niemals gleichgültig ist, und gleichgültig sollte Ihnen der fremde Jüngling billig sein. Was haben Sie mit seinen Fehlern und Tugenden zu schaffen? Lassen Sie ihn ruhig neben sich hingehen, Ihre Wege sind ohnehin von einander geschieden. Und von mir, liebes Kind, von meinem Rath erwarten Sie die schickliche Haltung in Ihrer mißlichen Lage? Fühlen Sie wirklich diese schon in irgend einem Augenblick verloren zu haben? Welch Gefühl, ich bitte Sie, ist so mächtig in Ihre Brust, daß es
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/117>, abgerufen am 16.02.2025. |