Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.Gefangenschaft kein Mord geschehen, die blutige That indeß an einem der vornehmsten Richter in der Nacht nach Antonios Freilassung verübt sei. Ich, wie Mehrere, erklärten dies für einen Zufall. Man ward dennoch aufmerksam, beobachtete ihn, forschte nach seinem Thun und Treiben, ohne jedoch etwas zu entdecken. Ein fremder Rechtsgelehrter hatte den Einfall, den Angeklagten mitten in der Nacht überfallen, aus dem Bett reißen und vor das Gericht führen zu lassen. Halb vom Schlaf befangen, aus den unruhigen Träumen eines bewegten Gemüthes in die fremde Wirklichkeit hinübergezogen, trat Antonio vor die ernste Versammlung der Richter. Sein Gleichmuth verließ ihn, er fand keinen Ausweg, und bekannte, daß er seit zwei Monaten fast jede Nacht, allein, ohne eines Menschen Wissen, in die Häuser der Reichen, deren geheime Zugänge er kenne, gedrungen, sie ermordet und beraubt habe. Eine so ungewohnte Erscheinung veranlaßte tausend Nachforschungen, was diesen Frevel in ihm veranlaßt habe. Er sagte darauf immer dasselbe: vom Guten zum Bösen, wie von der Demuth zum Uebermuth, führe oft nur ein Schritt. Die Eitelkeit habe ihn in des Teufels Arme gelockt. Als er keine Rettung sah, stieß er sich den Kopf an den Mauern seines Gefängnisses ein. Gefangenschaft kein Mord geschehen, die blutige That indeß an einem der vornehmsten Richter in der Nacht nach Antonios Freilassung verübt sei. Ich, wie Mehrere, erklärten dies für einen Zufall. Man ward dennoch aufmerksam, beobachtete ihn, forschte nach seinem Thun und Treiben, ohne jedoch etwas zu entdecken. Ein fremder Rechtsgelehrter hatte den Einfall, den Angeklagten mitten in der Nacht überfallen, aus dem Bett reißen und vor das Gericht führen zu lassen. Halb vom Schlaf befangen, aus den unruhigen Träumen eines bewegten Gemüthes in die fremde Wirklichkeit hinübergezogen, trat Antonio vor die ernste Versammlung der Richter. Sein Gleichmuth verließ ihn, er fand keinen Ausweg, und bekannte, daß er seit zwei Monaten fast jede Nacht, allein, ohne eines Menschen Wissen, in die Häuser der Reichen, deren geheime Zugänge er kenne, gedrungen, sie ermordet und beraubt habe. Eine so ungewohnte Erscheinung veranlaßte tausend Nachforschungen, was diesen Frevel in ihm veranlaßt habe. Er sagte darauf immer dasselbe: vom Guten zum Bösen, wie von der Demuth zum Uebermuth, führe oft nur ein Schritt. Die Eitelkeit habe ihn in des Teufels Arme gelockt. Als er keine Rettung sah, stieß er sich den Kopf an den Mauern seines Gefängnisses ein. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0113" n="105"/> Gefangenschaft kein Mord geschehen, die blutige That indeß an einem der vornehmsten Richter in der Nacht nach Antonios Freilassung verübt sei. Ich, wie Mehrere, erklärten dies für einen Zufall. Man ward dennoch aufmerksam, beobachtete ihn, forschte nach seinem Thun und Treiben, ohne jedoch etwas zu entdecken. Ein fremder Rechtsgelehrter hatte den Einfall, den Angeklagten mitten in der Nacht überfallen, aus dem Bett reißen und vor das Gericht führen zu lassen. Halb vom Schlaf befangen, aus den unruhigen Träumen eines bewegten Gemüthes in die fremde Wirklichkeit hinübergezogen, trat Antonio vor die ernste Versammlung der Richter. Sein Gleichmuth verließ ihn, er fand keinen Ausweg, und bekannte, daß er seit zwei Monaten fast jede Nacht, allein, ohne eines Menschen Wissen, in die Häuser der Reichen, deren geheime Zugänge er kenne, gedrungen, sie ermordet und beraubt habe. Eine so ungewohnte Erscheinung veranlaßte tausend Nachforschungen, was diesen Frevel in ihm veranlaßt habe. Er sagte darauf immer dasselbe: vom Guten zum Bösen, wie von der Demuth zum Uebermuth, führe oft nur ein Schritt. Die Eitelkeit habe ihn in des Teufels Arme gelockt. Als er keine Rettung sah, stieß er sich den Kopf an den Mauern seines Gefängnisses ein.</p> </div> </body> </text> </TEI> [105/0113]
Gefangenschaft kein Mord geschehen, die blutige That indeß an einem der vornehmsten Richter in der Nacht nach Antonios Freilassung verübt sei. Ich, wie Mehrere, erklärten dies für einen Zufall. Man ward dennoch aufmerksam, beobachtete ihn, forschte nach seinem Thun und Treiben, ohne jedoch etwas zu entdecken. Ein fremder Rechtsgelehrter hatte den Einfall, den Angeklagten mitten in der Nacht überfallen, aus dem Bett reißen und vor das Gericht führen zu lassen. Halb vom Schlaf befangen, aus den unruhigen Träumen eines bewegten Gemüthes in die fremde Wirklichkeit hinübergezogen, trat Antonio vor die ernste Versammlung der Richter. Sein Gleichmuth verließ ihn, er fand keinen Ausweg, und bekannte, daß er seit zwei Monaten fast jede Nacht, allein, ohne eines Menschen Wissen, in die Häuser der Reichen, deren geheime Zugänge er kenne, gedrungen, sie ermordet und beraubt habe. Eine so ungewohnte Erscheinung veranlaßte tausend Nachforschungen, was diesen Frevel in ihm veranlaßt habe. Er sagte darauf immer dasselbe: vom Guten zum Bösen, wie von der Demuth zum Uebermuth, führe oft nur ein Schritt. Die Eitelkeit habe ihn in des Teufels Arme gelockt. Als er keine Rettung sah, stieß er sich den Kopf an den Mauern seines Gefängnisses ein.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/113 |
Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/113>, abgerufen am 16.02.2025. |