Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810.konnte das nicht ertragen, ohne wie ein ungeduldiges Kind einen Stein hinein zu werfen, daß die Wellen kreisend über einander schlugen und sich alles verwirrte. Ueberdem wußte er, daß solch plötzliches Unterbrechen, solch gewagter Wurf oft die klarsten Gemüther befängt, und man bei kühnem Vordringen leicht den Platz einnimmt, den man behaupten will. Er ließ sich daher von seiner Phantasie ungestört forttragen, und bemerkte nicht ohne innre Lust Luisens Kampf, mit dem sie gegen das Feuer seiner Unterhaltung anstritt, um sich vor sich selbst in ihrer angenommenen Kälte zu behaupten. Als sie am folgenden Abend bei dem Wasserfall nicht weit vom Schlosse saßen und sich alle Drei unwillkührlich in das stille Rauschen verloren, ohne die innren Gefühle laut werden zu lassen, sagte Julius endlich: Du hast uns immer noch so wenig von Deinem eignen Leben erzählt, lieber Fernando, und dennoch ist es sicher reich an merkwürdigen Begebenheiten. Mein Leben? erwiederte dieser, wie aus sich selbst erwachend, das besteht aus Fragmenten, aus nichts als Fragmenten! es hat sich mir so unter den Händen zerstückelt; ich finde seit Kurzem selbst keinen Zusammenhang darin. Er sah auf Luisen, zu deren Füßen er auf einem Stein saß, so daß ihr Kleid bei einer kleinen Bewegung seine Locken streifte. Dies luftige Berühren ging wie konnte das nicht ertragen, ohne wie ein ungeduldiges Kind einen Stein hinein zu werfen, daß die Wellen kreisend über einander schlugen und sich alles verwirrte. Ueberdem wußte er, daß solch plötzliches Unterbrechen, solch gewagter Wurf oft die klarsten Gemüther befängt, und man bei kühnem Vordringen leicht den Platz einnimmt, den man behaupten will. Er ließ sich daher von seiner Phantasie ungestört forttragen, und bemerkte nicht ohne innre Lust Luisens Kampf, mit dem sie gegen das Feuer seiner Unterhaltung anstritt, um sich vor sich selbst in ihrer angenommenen Kälte zu behaupten. Als sie am folgenden Abend bei dem Wasserfall nicht weit vom Schlosse saßen und sich alle Drei unwillkührlich in das stille Rauschen verloren, ohne die innren Gefühle laut werden zu lassen, sagte Julius endlich: Du hast uns immer noch so wenig von Deinem eignen Leben erzählt, lieber Fernando, und dennoch ist es sicher reich an merkwürdigen Begebenheiten. Mein Leben? erwiederte dieser, wie aus sich selbst erwachend, das besteht aus Fragmenten, aus nichts als Fragmenten! es hat sich mir so unter den Händen zerstückelt; ich finde seit Kurzem selbst keinen Zusammenhang darin. Er sah auf Luisen, zu deren Füßen er auf einem Stein saß, so daß ihr Kleid bei einer kleinen Bewegung seine Locken streifte. Dies luftige Berühren ging wie <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0105" n="97"/> konnte das nicht ertragen, ohne wie ein ungeduldiges Kind einen Stein hinein zu werfen, daß die Wellen kreisend über einander schlugen und sich alles verwirrte. Ueberdem wußte er, daß solch plötzliches Unterbrechen, solch gewagter Wurf oft die klarsten Gemüther befängt, und man bei kühnem Vordringen leicht den Platz einnimmt, den man behaupten will. Er ließ sich daher von seiner Phantasie ungestört forttragen, und bemerkte nicht ohne innre Lust Luisens Kampf, mit dem sie gegen das Feuer seiner Unterhaltung anstritt, um sich vor sich selbst in ihrer angenommenen Kälte zu behaupten.</p> <p>Als sie am folgenden Abend bei dem Wasserfall nicht weit vom Schlosse saßen und sich alle Drei unwillkührlich in das stille Rauschen verloren, ohne die innren Gefühle laut werden zu lassen, sagte Julius endlich: Du hast uns immer noch so wenig von Deinem eignen Leben erzählt, lieber Fernando, und dennoch ist es sicher reich an merkwürdigen Begebenheiten. Mein Leben? erwiederte dieser, wie aus sich selbst erwachend, das besteht aus Fragmenten, aus nichts als Fragmenten! es hat sich mir so unter den Händen zerstückelt; ich finde seit Kurzem selbst keinen Zusammenhang darin. Er sah auf Luisen, zu deren Füßen er auf einem Stein saß, so daß ihr Kleid bei einer kleinen Bewegung seine Locken streifte. Dies luftige Berühren ging wie </p> </div> </body> </text> </TEI> [97/0105]
konnte das nicht ertragen, ohne wie ein ungeduldiges Kind einen Stein hinein zu werfen, daß die Wellen kreisend über einander schlugen und sich alles verwirrte. Ueberdem wußte er, daß solch plötzliches Unterbrechen, solch gewagter Wurf oft die klarsten Gemüther befängt, und man bei kühnem Vordringen leicht den Platz einnimmt, den man behaupten will. Er ließ sich daher von seiner Phantasie ungestört forttragen, und bemerkte nicht ohne innre Lust Luisens Kampf, mit dem sie gegen das Feuer seiner Unterhaltung anstritt, um sich vor sich selbst in ihrer angenommenen Kälte zu behaupten.
Als sie am folgenden Abend bei dem Wasserfall nicht weit vom Schlosse saßen und sich alle Drei unwillkührlich in das stille Rauschen verloren, ohne die innren Gefühle laut werden zu lassen, sagte Julius endlich: Du hast uns immer noch so wenig von Deinem eignen Leben erzählt, lieber Fernando, und dennoch ist es sicher reich an merkwürdigen Begebenheiten. Mein Leben? erwiederte dieser, wie aus sich selbst erwachend, das besteht aus Fragmenten, aus nichts als Fragmenten! es hat sich mir so unter den Händen zerstückelt; ich finde seit Kurzem selbst keinen Zusammenhang darin. Er sah auf Luisen, zu deren Füßen er auf einem Stein saß, so daß ihr Kleid bei einer kleinen Bewegung seine Locken streifte. Dies luftige Berühren ging wie
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Zitationshilfe: | Fouqué, Caroline de la Motte-: Die Frau des Falkensteins. Erstes Bändchen. Berlin, 1810, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/fouque_falkensteins01_1810/105>, abgerufen am 16.02.2025. |