Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
in den Jahren 1772 bis 1775.

Was die Gelehrsamkeit betrift, so steht sie zu Fayal in keiner Achtung,1775.
Julius.

welches in allen Azoren und in Portugall selbst der Fall ist. Herrn von Fleurieu
und dem Französischen Sternkundigen, Herrn Pingre, die vor einiger Zeit die
Längen-Uhren des Herrn le Roy auf die Probe nahmen, verbot man zu Terceira
ihre Instrumente ans Land zu bringen, weil man abergläubisch besorgte, es möch-
te der Insel Unheil verursachen *). Seit mehr als zwey Jahren ward eine Auflage
von zwey Reys **) auf jeden Canari von Wein gelegt, der in Fayal und Pico
gebaut wird. Diese Auflage, die für jedes Faß ohngefähr einen Schilling Ster-
ling beträgt, und jährlich an 1000 Pf. Sterling einbringt, wollte man zu den
Gehalten dreyer Professoren anwenden, die in Lissabon geprüft und nach Fayal
geschickt werden sollten. Allein zum Unglück für die Wissenschaft, und für die
Einwohner dieser Insel überhaupt, hatte man das Geld nicht so bald zusammen
gebracht, so ward es ganz anders angelegt, und dient jetzt zur Besoldung und
zum Unterhalt der Garnison, welche, wie man vorgiebt, aus hundert Mann,
wirklich aber nur aus vierzig besteht, die weder Zucht und Ordnung kennen,
noch mit hinlänglichem Gewehr versehen sind. Die Folge dieses Misbrauchs ist
der gänzliche Mangel öffentlicher Erziehungs-Anstalten. Daher nur diejenigen
Einwohner, die es bezahlen können, im Stande sind, ihren Kindern etwas bey-
bringen zu lassen. Zwar ist hier ein Professor befindlich, der die erfoderliche
Prüfung überstanden hat; allein weil das Gehalt ausblieb, so muß er sein Brod
kümmerlich durch Unterricht im Lateinischen verdienen. Die Auflage auf den
Wein ist nicht die einzige, wovon man einen so schlechten Gebrauch macht.
Eine andre von weit größerm Belang, die in zwey Procent von allen Ausfuh-
ren besteht, war bestimmt, die Vestungswerke zu unterhalten. Allein die Wälle
sind verfallen, die Batterien gehen zu Grunde, und das Geld wird nach Terceira

*) Unser Astronom setzte sich keiner abschlägigen Antwort aus, sondern stellte seinen Qua-
dranten im Garten an des Consuls Hause auf, und machte daselbst seine Bemerkungen,
ohne daß die Portugiesen darum wußten.
**) Ein Ray ist ohngefähr der zwölfte Theil eines Englischen Pence, welches nach unsrer
Münze kaum einen Pfennig ausmacht; und ein Canari ist etwas größer als ein Maaß
von vier Quartieren oder Flaschen.
M m m 2
in den Jahren 1772 bis 1775.

Was die Gelehrſamkeit betrift, ſo ſteht ſie zu Fayal in keiner Achtung,1775.
Julius.

welches in allen Azoren und in Portugall ſelbſt der Fall iſt. Herrn von Fleurieu
und dem Franzoͤſiſchen Sternkundigen, Herrn Pingre, die vor einiger Zeit die
Laͤngen-Uhren des Herrn le Roy auf die Probe nahmen, verbot man zu Terceira
ihre Inſtrumente ans Land zu bringen, weil man aberglaͤubiſch beſorgte, es moͤch-
te der Inſel Unheil verurſachen *). Seit mehr als zwey Jahren ward eine Auflage
von zwey Reys **) auf jeden Canari von Wein gelegt, der in Fayal und Pico
gebaut wird. Dieſe Auflage, die fuͤr jedes Faß ohngefaͤhr einen Schilling Ster-
ling betraͤgt, und jaͤhrlich an 1000 Pf. Sterling einbringt, wollte man zu den
Gehalten dreyer Profeſſoren anwenden, die in Liſſabon gepruͤft und nach Fayal
geſchickt werden ſollten. Allein zum Ungluͤck fuͤr die Wiſſenſchaft, und fuͤr die
Einwohner dieſer Inſel uͤberhaupt, hatte man das Geld nicht ſo bald zuſammen
gebracht, ſo ward es ganz anders angelegt, und dient jetzt zur Beſoldung und
zum Unterhalt der Garniſon, welche, wie man vorgiebt, aus hundert Mann,
wirklich aber nur aus vierzig beſteht, die weder Zucht und Ordnung kennen,
noch mit hinlaͤnglichem Gewehr verſehen ſind. Die Folge dieſes Misbrauchs iſt
der gaͤnzliche Mangel oͤffentlicher Erziehungs-Anſtalten. Daher nur diejenigen
Einwohner, die es bezahlen koͤnnen, im Stande ſind, ihren Kindern etwas bey-
bringen zu laſſen. Zwar iſt hier ein Profeſſor befindlich, der die erfoderliche
Pruͤfung uͤberſtanden hat; allein weil das Gehalt ausblieb, ſo muß er ſein Brod
kuͤmmerlich durch Unterricht im Lateiniſchen verdienen. Die Auflage auf den
Wein iſt nicht die einzige, wovon man einen ſo ſchlechten Gebrauch macht.
Eine andre von weit groͤßerm Belang, die in zwey Procent von allen Ausfuh-
ren beſteht, war beſtimmt, die Veſtungswerke zu unterhalten. Allein die Waͤlle
ſind verfallen, die Batterien gehen zu Grunde, und das Geld wird nach Terceira

*) Unſer Aſtronom ſetzte ſich keiner abſchlaͤgigen Antwort aus, ſondern ſtellte ſeinen Qua-
dranten im Garten an des Conſuls Hauſe auf, und machte daſelbſt ſeine Bemerkungen,
ohne daß die Portugieſen darum wußten.
**) Ein Ray iſt ohngefaͤhr der zwoͤlfte Theil eines Engliſchen Pence, welches nach unſrer
Muͤnze kaum einen Pfennig ausmacht; und ein Canari iſt etwas groͤßer als ein Maaß
von vier Quartieren oder Flaſchen.
M m m 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0477" n="459"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi> </fw><lb/>
        <p>Was die Gelehr&#x017F;amkeit betrift, &#x017F;o &#x017F;teht &#x017F;ie zu <hi rendition="#fr"><placeName>Fayal</placeName></hi> in keiner Achtung,<note place="right">1775.<lb/>
Julius.</note><lb/>
welches in allen <placeName>Azoren</placeName> und in <placeName>Portugall</placeName> &#x017F;elb&#x017F;t der Fall i&#x017F;t. Herrn <persName>von <hi rendition="#fr">Fleurieu</hi></persName><lb/>
und dem Franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;chen Sternkundigen, Herrn <hi rendition="#fr"><persName>Pingre</persName></hi>, die vor einiger Zeit die<lb/>
La&#x0364;ngen-Uhren des Herrn <hi rendition="#fr"><persName>le Roy</persName></hi> auf die Probe nahmen, verbot man zu <placeName>Terceira</placeName><lb/>
ihre In&#x017F;trumente ans Land zu bringen, weil man abergla&#x0364;ubi&#x017F;ch be&#x017F;orgte, es mo&#x0364;ch-<lb/>
te der In&#x017F;el Unheil verur&#x017F;achen <note place="foot" n="*)">Un&#x017F;er A&#x017F;tronom &#x017F;etzte &#x017F;ich keiner ab&#x017F;chla&#x0364;gigen Antwort aus, &#x017F;ondern &#x017F;tellte &#x017F;einen Qua-<lb/>
dranten im Garten an des Con&#x017F;uls Hau&#x017F;e auf, und machte da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;eine Bemerkungen,<lb/>
ohne daß die Portugie&#x017F;en darum wußten.</note>. Seit mehr als zwey Jahren ward eine Auflage<lb/>
von zwey <hi rendition="#fr">Reys</hi> <note place="foot" n="**)">Ein Ray i&#x017F;t ohngefa&#x0364;hr der zwo&#x0364;lfte Theil eines Engli&#x017F;chen Pence, welches nach un&#x017F;rer<lb/>
Mu&#x0364;nze kaum einen Pfennig ausmacht; und ein Canari i&#x017F;t etwas gro&#x0364;ßer als ein Maaß<lb/>
von vier Quartieren oder Fla&#x017F;chen.</note> auf jeden <hi rendition="#fr">Canari</hi> von Wein gelegt, der in <placeName>Fayal</placeName> und <placeName>Pico</placeName><lb/>
gebaut wird. Die&#x017F;e Auflage, die fu&#x0364;r jedes Faß ohngefa&#x0364;hr einen Schilling Ster-<lb/>
ling betra&#x0364;gt, und ja&#x0364;hrlich an 1000 Pf. Sterling einbringt, wollte man zu den<lb/>
Gehalten dreyer Profe&#x017F;&#x017F;oren anwenden, die in <placeName>Li&#x017F;&#x017F;abon</placeName> gepru&#x0364;ft und nach <placeName>Fayal</placeName><lb/>
ge&#x017F;chickt werden &#x017F;ollten. Allein zum Unglu&#x0364;ck fu&#x0364;r die Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft, und fu&#x0364;r die<lb/>
Einwohner die&#x017F;er In&#x017F;el u&#x0364;berhaupt, hatte man das Geld nicht &#x017F;o bald zu&#x017F;ammen<lb/>
gebracht, &#x017F;o ward es ganz anders angelegt, und dient jetzt zur Be&#x017F;oldung und<lb/>
zum Unterhalt der Garni&#x017F;on, welche, wie man vorgiebt, aus hundert Mann,<lb/>
wirklich aber nur aus vierzig be&#x017F;teht, die weder Zucht und Ordnung kennen,<lb/>
noch mit hinla&#x0364;nglichem Gewehr ver&#x017F;ehen &#x017F;ind. Die Folge die&#x017F;es Misbrauchs i&#x017F;t<lb/>
der ga&#x0364;nzliche Mangel o&#x0364;ffentlicher Erziehungs-An&#x017F;talten. Daher nur diejenigen<lb/>
Einwohner, die es bezahlen ko&#x0364;nnen, im Stande &#x017F;ind, ihren Kindern etwas bey-<lb/>
bringen zu la&#x017F;&#x017F;en. Zwar i&#x017F;t hier ein Profe&#x017F;&#x017F;or befindlich, der die erfoderliche<lb/>
Pru&#x0364;fung u&#x0364;ber&#x017F;tanden hat; allein weil das Gehalt ausblieb, &#x017F;o muß er &#x017F;ein Brod<lb/>
ku&#x0364;mmerlich durch Unterricht im Lateini&#x017F;chen verdienen. Die Auflage auf den<lb/>
Wein i&#x017F;t nicht die einzige, wovon man einen &#x017F;o &#x017F;chlechten Gebrauch macht.<lb/>
Eine andre von weit gro&#x0364;ßerm Belang, die in zwey Procent von allen Ausfuh-<lb/>
ren be&#x017F;teht, war be&#x017F;timmt, die Ve&#x017F;tungswerke zu unterhalten. Allein die Wa&#x0364;lle<lb/>
&#x017F;ind verfallen, die Batterien gehen zu Grunde, und das Geld wird nach <placeName>Terceira</placeName><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">M m m 2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[459/0477] in den Jahren 1772 bis 1775. Was die Gelehrſamkeit betrift, ſo ſteht ſie zu Fayal in keiner Achtung, welches in allen Azoren und in Portugall ſelbſt der Fall iſt. Herrn von Fleurieu und dem Franzoͤſiſchen Sternkundigen, Herrn Pingre, die vor einiger Zeit die Laͤngen-Uhren des Herrn le Roy auf die Probe nahmen, verbot man zu Terceira ihre Inſtrumente ans Land zu bringen, weil man aberglaͤubiſch beſorgte, es moͤch- te der Inſel Unheil verurſachen *). Seit mehr als zwey Jahren ward eine Auflage von zwey Reys **) auf jeden Canari von Wein gelegt, der in Fayal und Pico gebaut wird. Dieſe Auflage, die fuͤr jedes Faß ohngefaͤhr einen Schilling Ster- ling betraͤgt, und jaͤhrlich an 1000 Pf. Sterling einbringt, wollte man zu den Gehalten dreyer Profeſſoren anwenden, die in Liſſabon gepruͤft und nach Fayal geſchickt werden ſollten. Allein zum Ungluͤck fuͤr die Wiſſenſchaft, und fuͤr die Einwohner dieſer Inſel uͤberhaupt, hatte man das Geld nicht ſo bald zuſammen gebracht, ſo ward es ganz anders angelegt, und dient jetzt zur Beſoldung und zum Unterhalt der Garniſon, welche, wie man vorgiebt, aus hundert Mann, wirklich aber nur aus vierzig beſteht, die weder Zucht und Ordnung kennen, noch mit hinlaͤnglichem Gewehr verſehen ſind. Die Folge dieſes Misbrauchs iſt der gaͤnzliche Mangel oͤffentlicher Erziehungs-Anſtalten. Daher nur diejenigen Einwohner, die es bezahlen koͤnnen, im Stande ſind, ihren Kindern etwas bey- bringen zu laſſen. Zwar iſt hier ein Profeſſor befindlich, der die erfoderliche Pruͤfung uͤberſtanden hat; allein weil das Gehalt ausblieb, ſo muß er ſein Brod kuͤmmerlich durch Unterricht im Lateiniſchen verdienen. Die Auflage auf den Wein iſt nicht die einzige, wovon man einen ſo ſchlechten Gebrauch macht. Eine andre von weit groͤßerm Belang, die in zwey Procent von allen Ausfuh- ren beſteht, war beſtimmt, die Veſtungswerke zu unterhalten. Allein die Waͤlle ſind verfallen, die Batterien gehen zu Grunde, und das Geld wird nach Terceira 1775. Julius. *) Unſer Aſtronom ſetzte ſich keiner abſchlaͤgigen Antwort aus, ſondern ſtellte ſeinen Qua- dranten im Garten an des Conſuls Hauſe auf, und machte daſelbſt ſeine Bemerkungen, ohne daß die Portugieſen darum wußten. **) Ein Ray iſt ohngefaͤhr der zwoͤlfte Theil eines Engliſchen Pence, welches nach unſrer Muͤnze kaum einen Pfennig ausmacht; und ein Canari iſt etwas groͤßer als ein Maaß von vier Quartieren oder Flaſchen. M m m 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/477
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/477>, abgerufen am 24.11.2024.