1774. October.Matrosen sich mit dieser Arbeit beschäftigten, streiften wir im Walde umher, und fanden einen wahren Kohl-Palmbaum (areca oleracea) von derselben Art, die wir schon auf Norfolk-Eyland angetroffen hatten.
In diesem, verhältnißweise, kalten Lande war uns dies ein unerwarteter Fund und zugleich ein Beweiß, daß der Kohlpalm-Baum weit härtlicher als alle übrigen Palmenarten seyn müße. Gegen Abend kehrten wir mit einer vollen Bootsladung antiscorbutischer Kräuter zurück, die uns allen sehr dienlich, denen aber die vergiftet gewesen, besonders willkommen waren. Sie erwarteten nemlich, von dem Gebrauch eines solchen blutreinigenden Mittels, die sicherste Her- stellung ihrer Gesundheit und ihrer Kräfte. Bey Sonnenuntergang ward aber- mahls eine Kanone abgefeuert, weil sich noch immer keiner von den Einwohnern hatte sehen lassen.
Am folgenden Tage stürmte es gewaltig und war um desto kälter, weil der Wind über die hohen, mit Schnee bedeckten, Alpen her kam. Gegen Abend fiel heftiger Regen ein, der abwechselnd, mit dickem Nebel begleitet, volle 24 Stunden anhielt. Nach Verlauf dieser Zeit stellte sich Nordwestwind ein, wodurch das Wetter bald wieder gänzlich heiter ward.
Am 22ten gieng die Sonne, am wolkenfreyen Himmel, in aller ihrer Pracht auf; das gefiederte Chor lies sich, zum ersten mahl nach unsrer Ankunft, auf allen Seiten hören, und verkündigte einen schönen Frühlingstag. Unsre Officiere eilten daher sämtlich auf die Jagd, wir aber giengen, mit Capitain Cook, in einem Boote längst der Küste gegen Point-Jackson, und stiegen in verschiedenen kleinen Buchten ans Land. Nachmittags machten wir eine Fahrt nach dem Hippah-Felsen und zündeten daselbst ein Feuer an, um, durch dieses Signal, die Einwohner herbey zu locken. Von dort aus besuchten wir auch unsern auf Motu-Aro ehemals angelegten Küchengarten, fanden aber die Pflanzen alle verblüht und die Saamen größtentheils von den Vögeln gefres- sen. Gegen Abend kamen die Officiers, nach einer sehr ergiebigen Jagd, sämt- lich wieder an Bord; die Matrosen waren unterdeß auch nicht müßig gewesen, sondern brachten ansehnliche Vorräthe frischer Kräuter und eine ziemliche Par- they Fische mit sich. Ein so allgemein glücklicher Erfolg gab im ganzen Schiffe
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. October.Matroſen ſich mit dieſer Arbeit beſchaͤftigten, ſtreiften wir im Walde umher, und fanden einen wahren Kohl-Palmbaum (areca oleracea) von derſelben Art, die wir ſchon auf Norfolk-Eyland angetroffen hatten.
In dieſem, verhaͤltnißweiſe, kalten Lande war uns dies ein unerwarteter Fund und zugleich ein Beweiß, daß der Kohlpalm-Baum weit haͤrtlicher als alle uͤbrigen Palmenarten ſeyn muͤße. Gegen Abend kehrten wir mit einer vollen Bootsladung antiſcorbutiſcher Kraͤuter zuruͤck, die uns allen ſehr dienlich, denen aber die vergiftet geweſen, beſonders willkommen waren. Sie erwarteten nemlich, von dem Gebrauch eines ſolchen blutreinigenden Mittels, die ſicherſte Her- ſtellung ihrer Geſundheit und ihrer Kraͤfte. Bey Sonnenuntergang ward aber- mahls eine Kanone abgefeuert, weil ſich noch immer keiner von den Einwohnern hatte ſehen laſſen.
Am folgenden Tage ſtuͤrmte es gewaltig und war um deſto kaͤlter, weil der Wind uͤber die hohen, mit Schnee bedeckten, Alpen her kam. Gegen Abend fiel heftiger Regen ein, der abwechſelnd, mit dickem Nebel begleitet, volle 24 Stunden anhielt. Nach Verlauf dieſer Zeit ſtellte ſich Nordweſtwind ein, wodurch das Wetter bald wieder gaͤnzlich heiter ward.
Am 22ten gieng die Sonne, am wolkenfreyen Himmel, in aller ihrer Pracht auf; das gefiederte Chor lies ſich, zum erſten mahl nach unſrer Ankunft, auf allen Seiten hoͤren, und verkuͤndigte einen ſchoͤnen Fruͤhlingstag. Unſre Officiere eilten daher ſaͤmtlich auf die Jagd, wir aber giengen, mit Capitain Cook, in einem Boote laͤngſt der Kuͤſte gegen Point-Jackſon, und ſtiegen in verſchiedenen kleinen Buchten ans Land. Nachmittags machten wir eine Fahrt nach dem Hippah-Felſen und zuͤndeten daſelbſt ein Feuer an, um, durch dieſes Signal, die Einwohner herbey zu locken. Von dort aus beſuchten wir auch unſern auf Motu-Aro ehemals angelegten Kuͤchengarten, fanden aber die Pflanzen alle verbluͤht und die Saamen groͤßtentheils von den Voͤgeln gefreſ- ſen. Gegen Abend kamen die Officiers, nach einer ſehr ergiebigen Jagd, ſaͤmt- lich wieder an Bord; die Matroſen waren unterdeß auch nicht muͤßig geweſen, ſondern brachten anſehnliche Vorraͤthe friſcher Kraͤuter und eine ziemliche Par- they Fiſche mit ſich. Ein ſo allgemein gluͤcklicher Erfolg gab im ganzen Schiffe
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Matroſen ſich mit dieſer Arbeit beſchaͤftigten, ſtreiften wir im Walde umher,
und fanden einen wahren Kohl-Palmbaum (areca oleracea) von derſelben Art,
die wir ſchon auf Norfolk-Eyland angetroffen hatten.
1774.
October.
In dieſem, verhaͤltnißweiſe, kalten Lande war uns dies ein unerwarteter
Fund und zugleich ein Beweiß, daß der Kohlpalm-Baum weit haͤrtlicher
als alle uͤbrigen Palmenarten ſeyn muͤße. Gegen Abend kehrten wir mit einer
vollen Bootsladung antiſcorbutiſcher Kraͤuter zuruͤck, die uns allen ſehr dienlich,
denen aber die vergiftet geweſen, beſonders willkommen waren. Sie erwarteten
nemlich, von dem Gebrauch eines ſolchen blutreinigenden Mittels, die ſicherſte Her-
ſtellung ihrer Geſundheit und ihrer Kraͤfte. Bey Sonnenuntergang ward aber-
mahls eine Kanone abgefeuert, weil ſich noch immer keiner von den Einwohnern
hatte ſehen laſſen.
Am folgenden Tage ſtuͤrmte es gewaltig und war um deſto kaͤlter, weil
der Wind uͤber die hohen, mit Schnee bedeckten, Alpen her kam. Gegen Abend
fiel heftiger Regen ein, der abwechſelnd, mit dickem Nebel begleitet, volle
24 Stunden anhielt. Nach Verlauf dieſer Zeit ſtellte ſich Nordweſtwind ein,
wodurch das Wetter bald wieder gaͤnzlich heiter ward.
Am 22ten gieng die Sonne, am wolkenfreyen Himmel, in aller ihrer
Pracht auf; das gefiederte Chor lies ſich, zum erſten mahl nach unſrer Ankunft,
auf allen Seiten hoͤren, und verkuͤndigte einen ſchoͤnen Fruͤhlingstag. Unſre
Officiere eilten daher ſaͤmtlich auf die Jagd, wir aber giengen, mit Capitain
Cook, in einem Boote laͤngſt der Kuͤſte gegen Point-Jackſon, und ſtiegen
in verſchiedenen kleinen Buchten ans Land. Nachmittags machten wir eine
Fahrt nach dem Hippah-Felſen und zuͤndeten daſelbſt ein Feuer an, um, durch
dieſes Signal, die Einwohner herbey zu locken. Von dort aus beſuchten wir
auch unſern auf Motu-Aro ehemals angelegten Kuͤchengarten, fanden aber die
Pflanzen alle verbluͤht und die Saamen groͤßtentheils von den Voͤgeln gefreſ-
ſen. Gegen Abend kamen die Officiers, nach einer ſehr ergiebigen Jagd, ſaͤmt-
lich wieder an Bord; die Matroſen waren unterdeß auch nicht muͤßig geweſen,
ſondern brachten anſehnliche Vorraͤthe friſcher Kraͤuter und eine ziemliche Par-
they Fiſche mit ſich. Ein ſo allgemein gluͤcklicher Erfolg gab im ganzen Schiffe
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/372>, abgerufen am 28.07.2024.
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