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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
ihre Geschicklichkeit in dergleichen Uebungen allerseits bewundern. Bald darauf1774.
Septem-
ber.

kamen wir an eine Verzäunung von Stöcken, welche einen kleinen Hügel oder
Erdhaufen einschloß, der ohngefähr 4 Fuß hoch seyn mochte. Innerhalb der
Verzäunung waren noch andere Stöcke, einzeln, in die Erde geschlagen und auf
diesen große Muschel-Hörner (buccina Tritonis) aufgesteckt. Bey genauerem
Nachfragen brachten wir heraus, daß dies die Grabstätte der Befehlshaber die-
ses Districts sey, und auf den Bergen fanden wir noch mehrere Grabstellen. Es
scheint also hier durchgehends eingeführt zu seyn, daß man die Todten zur Erde
bestattet, und das ist warlich auch gescheuter, als daß man sie, wie zu Tahiti
geschiehet, über der Erde liegen läßt, bis das Fleisch ganz weggefault ist. Solte
auf jener glücklichen Insel einmal ein starkes Sterben einreißen; so würde diese
Gewohnheit sehr üble Folgen haben und schreckliche Epidemien nach sich ziehen.

Die Schärfe des Gifts hatte unser Blut gar sehr in Unordnung gebracht,
und unter andern eine Mattigkeit im Cörper zurückgelassen, die heute Abend so
groß war, daß wir alle Augenblicke niedersitzen mußten, um uns zu erholen.
Auch die Schwindlichkeit kam von Zeit zu Zeit wieder, und denn waren wir
schlechterdings nicht vermögend, die geringste Untersuchung anzustellen, weil
uns dergleichen Anfälle nicht nur alle Denkungs- und Erinnerungskraft raub-
ten, sondern uns nicht einmal den Gebrauch der äußern Sinne übrig ließen.
Ich kann dieses unglücklichen Vorfalls nicht erwähnen, ohne nochmals zu bekla-
gen, daß er uns in einem neu entdeckten Lande begegnete, wo wir gerade der
vollkommensten Gesundheit und der größten Aufmerksamkeit bedurft hätten, um
die wenigen Augenblicke recht zu nutzen, die wir unter einer Nation zubrachten,
welche von allen andern, die wir bisher zu sehen Gelegenheit gehabt, so gänzlich
verschieden war! -- Noch ehe es dunkel ward, kamen wir ans Schiff zurück,
und bald darauf kehrten auch die Indianer, welche zum Besuch an Bord gekom-
men waren, wieder nach dem Lande hin. Die wenigsten hatten Canots; es
war den ganzen Tag über so windig gewesen, daß die mehresten lieber schwim-
mend ans Schif kamen, und auf eben diese Weise verließen sie es nun auch.
Vierzig bis Funfzig stürzten sich zugleich in die See und schwommen, so hoch die
Wellen auch giengen, in kleinen Haufen, nach dem Ufer zu. Am folgenden

S s 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
ihre Geſchicklichkeit in dergleichen Uebungen allerſeits bewundern. Bald darauf1774.
Septem-
ber.

kamen wir an eine Verzaͤunung von Stoͤcken, welche einen kleinen Huͤgel oder
Erdhaufen einſchloß, der ohngefaͤhr 4 Fuß hoch ſeyn mochte. Innerhalb der
Verzaͤunung waren noch andere Stoͤcke, einzeln, in die Erde geſchlagen und auf
dieſen große Muſchel-Hoͤrner (buccina Tritonis) aufgeſteckt. Bey genauerem
Nachfragen brachten wir heraus, daß dies die Grabſtaͤtte der Befehlshaber die-
ſes Diſtricts ſey, und auf den Bergen fanden wir noch mehrere Grabſtellen. Es
ſcheint alſo hier durchgehends eingefuͤhrt zu ſeyn, daß man die Todten zur Erde
beſtattet, und das iſt warlich auch geſcheuter, als daß man ſie, wie zu Tahiti
geſchiehet, uͤber der Erde liegen laͤßt, bis das Fleiſch ganz weggefault iſt. Solte
auf jener gluͤcklichen Inſel einmal ein ſtarkes Sterben einreißen; ſo wuͤrde dieſe
Gewohnheit ſehr uͤble Folgen haben und ſchreckliche Epidemien nach ſich ziehen.

Die Schaͤrfe des Gifts hatte unſer Blut gar ſehr in Unordnung gebracht,
und unter andern eine Mattigkeit im Coͤrper zuruͤckgelaſſen, die heute Abend ſo
groß war, daß wir alle Augenblicke niederſitzen mußten, um uns zu erholen.
Auch die Schwindlichkeit kam von Zeit zu Zeit wieder, und denn waren wir
ſchlechterdings nicht vermoͤgend, die geringſte Unterſuchung anzuſtellen, weil
uns dergleichen Anfaͤlle nicht nur alle Denkungs- und Erinnerungskraft raub-
ten, ſondern uns nicht einmal den Gebrauch der aͤußern Sinne uͤbrig ließen.
Ich kann dieſes ungluͤcklichen Vorfalls nicht erwaͤhnen, ohne nochmals zu bekla-
gen, daß er uns in einem neu entdeckten Lande begegnete, wo wir gerade der
vollkommenſten Geſundheit und der groͤßten Aufmerkſamkeit bedurft haͤtten, um
die wenigen Augenblicke recht zu nutzen, die wir unter einer Nation zubrachten,
welche von allen andern, die wir bisher zu ſehen Gelegenheit gehabt, ſo gaͤnzlich
verſchieden war! — Noch ehe es dunkel ward, kamen wir ans Schiff zuruͤck,
und bald darauf kehrten auch die Indianer, welche zum Beſuch an Bord gekom-
men waren, wieder nach dem Lande hin. Die wenigſten hatten Canots; es
war den ganzen Tag uͤber ſo windig geweſen, daß die mehreſten lieber ſchwim-
mend ans Schif kamen, und auf eben dieſe Weiſe verließen ſie es nun auch.
Vierzig bis Funfzig ſtuͤrzten ſich zugleich in die See und ſchwommen, ſo hoch die
Wellen auch giengen, in kleinen Haufen, nach dem Ufer zu. Am folgenden

S s 2
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[323/0339] in den Jahren 1772 bis 1775. ihre Geſchicklichkeit in dergleichen Uebungen allerſeits bewundern. Bald darauf kamen wir an eine Verzaͤunung von Stoͤcken, welche einen kleinen Huͤgel oder Erdhaufen einſchloß, der ohngefaͤhr 4 Fuß hoch ſeyn mochte. Innerhalb der Verzaͤunung waren noch andere Stoͤcke, einzeln, in die Erde geſchlagen und auf dieſen große Muſchel-Hoͤrner (buccina Tritonis) aufgeſteckt. Bey genauerem Nachfragen brachten wir heraus, daß dies die Grabſtaͤtte der Befehlshaber die- ſes Diſtricts ſey, und auf den Bergen fanden wir noch mehrere Grabſtellen. Es ſcheint alſo hier durchgehends eingefuͤhrt zu ſeyn, daß man die Todten zur Erde beſtattet, und das iſt warlich auch geſcheuter, als daß man ſie, wie zu Tahiti geſchiehet, uͤber der Erde liegen laͤßt, bis das Fleiſch ganz weggefault iſt. Solte auf jener gluͤcklichen Inſel einmal ein ſtarkes Sterben einreißen; ſo wuͤrde dieſe Gewohnheit ſehr uͤble Folgen haben und ſchreckliche Epidemien nach ſich ziehen. 1774. Septem- ber. Die Schaͤrfe des Gifts hatte unſer Blut gar ſehr in Unordnung gebracht, und unter andern eine Mattigkeit im Coͤrper zuruͤckgelaſſen, die heute Abend ſo groß war, daß wir alle Augenblicke niederſitzen mußten, um uns zu erholen. Auch die Schwindlichkeit kam von Zeit zu Zeit wieder, und denn waren wir ſchlechterdings nicht vermoͤgend, die geringſte Unterſuchung anzuſtellen, weil uns dergleichen Anfaͤlle nicht nur alle Denkungs- und Erinnerungskraft raub- ten, ſondern uns nicht einmal den Gebrauch der aͤußern Sinne uͤbrig ließen. Ich kann dieſes ungluͤcklichen Vorfalls nicht erwaͤhnen, ohne nochmals zu bekla- gen, daß er uns in einem neu entdeckten Lande begegnete, wo wir gerade der vollkommenſten Geſundheit und der groͤßten Aufmerkſamkeit bedurft haͤtten, um die wenigen Augenblicke recht zu nutzen, die wir unter einer Nation zubrachten, welche von allen andern, die wir bisher zu ſehen Gelegenheit gehabt, ſo gaͤnzlich verſchieden war! — Noch ehe es dunkel ward, kamen wir ans Schiff zuruͤck, und bald darauf kehrten auch die Indianer, welche zum Beſuch an Bord gekom- men waren, wieder nach dem Lande hin. Die wenigſten hatten Canots; es war den ganzen Tag uͤber ſo windig geweſen, daß die mehreſten lieber ſchwim- mend ans Schif kamen, und auf eben dieſe Weiſe verließen ſie es nun auch. Vierzig bis Funfzig ſtuͤrzten ſich zugleich in die See und ſchwommen, ſo hoch die Wellen auch giengen, in kleinen Haufen, nach dem Ufer zu. Am folgenden S s 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/339>, abgerufen am 25.11.2024.