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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
April.
wir ausruheten, welches verschiedenemal geschahe, brachten uns die Einwohner
gemeiniglich Früchte und etwas Wasser zu. Ihre Aehnlichkeit mit den Tahitiern,
war in vielen andern Stücken zu groß, als daß sie ihnen nicht auch in der Gast-
freyheit hätten gleichen sollen. Wir fanden keinen einzigen krüplichten oder übel-
gestalteten Menschen unter ihnen; sie waren alle stark, groß, wohlgebildet
und außerordentlich hurtig. Diese cörperlichen Vorzüge rühren zum Theil mit
von der Beschaffenheit ihres Landes her, denn da selbiges sehr bergig, und auch
außerdem, mühsam zu bearbeiten ist; so müssen sie einer Seits öfters klettern,
und andrer Seits beym Feldbau ihre Gliedmaaßen anstrengen. Das erstere
aber macht die Leute natürlicherweise gelenkig, und das letztere erhält sie stets
bey schlanker, proportionirter Leibesgestalt. Als wir ohngefähr drey Meilen von
der See ins Land hinaufgegangen waren, sahen wir, ohngefähr dreyßig Schritt
weit vor uns, eine junge Frauensperson aus einem Hause herauskommen. So
viel sich in vorbesagter Entfernung erkennen ließ, war sie, der Gesichtsbildung
nach, einer Tahitierin ziemlich ähnlich, übrigens von mittlerer Größe, und
in ein Stück Maulbeerzeug gekleidet, das ihr bis auf die Knie herabreichte.
Wir konnten nicht näher an sie herankommen, denn sie floh vor uns den Berg hin-
auf, und ihre Landesleute gaben uns durch allerhand Zeichen zu verstehen, daß wir
umkehren mögten, schienen auch sehr unruhig und mißvergnügt, als wir solches nicht
thaten. Zwar giengen Dr. Sparrmann und ich, mit unsern eingesammelten
Pflanzen, von hier aus würklich zurück; Herr Patton aber marschierte, nebst
den übrigen, ohngefähr noch zwo Meilen weiter. Indessen fanden sie nichts
anders als wir gesehen hatten, erreichten auch den Gipfel des Berges eben so
wenig; denn von der Stelle wo wir umkehrten, schien er wenigstens noch 3 Mei-
len entfernt, und der Weg dahin, noch steiler als unterhalb zu seyn. So
weit wir gekommen waren, dünkte uns der Boden fett und fruchtbar, welches
auch die häufig angelegten Pflanzungen der Einwohner und mancherley Frucht-
bäume bezeugten, die alle vortreflich darinn fortkamen. An den hohen Bach-
Ufern aber entdeckte man, daß dieser gute Boden nur die obere Schicht des Erd-
reichs ausmachte; unter demselben kamen die bloßen Felsen zum Vorschein, die
theils aus Laven-Arten bestanden, zum Theil auch voller weißen und grünli-
chen Schörl-Körner waren. Diese Inseln sind also, in Ansehung ihrer Stein-

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
April.
wir ausruheten, welches verſchiedenemal geſchahe, brachten uns die Einwohner
gemeiniglich Fruͤchte und etwas Waſſer zu. Ihre Aehnlichkeit mit den Tahitiern,
war in vielen andern Stuͤcken zu groß, als daß ſie ihnen nicht auch in der Gaſt-
freyheit haͤtten gleichen ſollen. Wir fanden keinen einzigen kruͤplichten oder uͤbel-
geſtalteten Menſchen unter ihnen; ſie waren alle ſtark, groß, wohlgebildet
und außerordentlich hurtig. Dieſe coͤrperlichen Vorzuͤge ruͤhren zum Theil mit
von der Beſchaffenheit ihres Landes her, denn da ſelbiges ſehr bergig, und auch
außerdem, muͤhſam zu bearbeiten iſt; ſo muͤſſen ſie einer Seits oͤfters klettern,
und andrer Seits beym Feldbau ihre Gliedmaaßen anſtrengen. Das erſtere
aber macht die Leute natuͤrlicherweiſe gelenkig, und das letztere erhaͤlt ſie ſtets
bey ſchlanker, proportionirter Leibesgeſtalt. Als wir ohngefaͤhr drey Meilen von
der See ins Land hinaufgegangen waren, ſahen wir, ohngefaͤhr dreyßig Schritt
weit vor uns, eine junge Frauensperſon aus einem Hauſe herauskommen. So
viel ſich in vorbeſagter Entfernung erkennen ließ, war ſie, der Geſichtsbildung
nach, einer Tahitierin ziemlich aͤhnlich, uͤbrigens von mittlerer Groͤße, und
in ein Stuͤck Maulbeerzeug gekleidet, das ihr bis auf die Knie herabreichte.
Wir konnten nicht naͤher an ſie herankommen, denn ſie floh vor uns den Berg hin-
auf, und ihre Landesleute gaben uns durch allerhand Zeichen zu verſtehen, daß wir
umkehren moͤgten, ſchienen auch ſehr unruhig und mißvergnuͤgt, als wir ſolches nicht
thaten. Zwar giengen Dr. Sparrmann und ich, mit unſern eingeſammelten
Pflanzen, von hier aus wuͤrklich zuruͤck; Herr Patton aber marſchierte, nebſt
den uͤbrigen, ohngefaͤhr noch zwo Meilen weiter. Indeſſen fanden ſie nichts
anders als wir geſehen hatten, erreichten auch den Gipfel des Berges eben ſo
wenig; denn von der Stelle wo wir umkehrten, ſchien er wenigſtens noch 3 Mei-
len entfernt, und der Weg dahin, noch ſteiler als unterhalb zu ſeyn. So
weit wir gekommen waren, duͤnkte uns der Boden fett und fruchtbar, welches
auch die haͤufig angelegten Pflanzungen der Einwohner und mancherley Frucht-
baͤume bezeugten, die alle vortreflich darinn fortkamen. An den hohen Bach-
Ufern aber entdeckte man, daß dieſer gute Boden nur die obere Schicht des Erd-
reichs ausmachte; unter demſelben kamen die bloßen Felſen zum Vorſchein, die
theils aus Laven-Arten beſtanden, zum Theil auch voller weißen und gruͤnli-
chen Schoͤrl-Koͤrner waren. Dieſe Inſeln ſind alſo, in Anſehung ihrer Stein-

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[20/0032] Forſter’s Reiſe um die Welt wir ausruheten, welches verſchiedenemal geſchahe, brachten uns die Einwohner gemeiniglich Fruͤchte und etwas Waſſer zu. Ihre Aehnlichkeit mit den Tahitiern, war in vielen andern Stuͤcken zu groß, als daß ſie ihnen nicht auch in der Gaſt- freyheit haͤtten gleichen ſollen. Wir fanden keinen einzigen kruͤplichten oder uͤbel- geſtalteten Menſchen unter ihnen; ſie waren alle ſtark, groß, wohlgebildet und außerordentlich hurtig. Dieſe coͤrperlichen Vorzuͤge ruͤhren zum Theil mit von der Beſchaffenheit ihres Landes her, denn da ſelbiges ſehr bergig, und auch außerdem, muͤhſam zu bearbeiten iſt; ſo muͤſſen ſie einer Seits oͤfters klettern, und andrer Seits beym Feldbau ihre Gliedmaaßen anſtrengen. Das erſtere aber macht die Leute natuͤrlicherweiſe gelenkig, und das letztere erhaͤlt ſie ſtets bey ſchlanker, proportionirter Leibesgeſtalt. Als wir ohngefaͤhr drey Meilen von der See ins Land hinaufgegangen waren, ſahen wir, ohngefaͤhr dreyßig Schritt weit vor uns, eine junge Frauensperſon aus einem Hauſe herauskommen. So viel ſich in vorbeſagter Entfernung erkennen ließ, war ſie, der Geſichtsbildung nach, einer Tahitierin ziemlich aͤhnlich, uͤbrigens von mittlerer Groͤße, und in ein Stuͤck Maulbeerzeug gekleidet, das ihr bis auf die Knie herabreichte. Wir konnten nicht naͤher an ſie herankommen, denn ſie floh vor uns den Berg hin- auf, und ihre Landesleute gaben uns durch allerhand Zeichen zu verſtehen, daß wir umkehren moͤgten, ſchienen auch ſehr unruhig und mißvergnuͤgt, als wir ſolches nicht thaten. Zwar giengen Dr. Sparrmann und ich, mit unſern eingeſammelten Pflanzen, von hier aus wuͤrklich zuruͤck; Herr Patton aber marſchierte, nebſt den uͤbrigen, ohngefaͤhr noch zwo Meilen weiter. Indeſſen fanden ſie nichts anders als wir geſehen hatten, erreichten auch den Gipfel des Berges eben ſo wenig; denn von der Stelle wo wir umkehrten, ſchien er wenigſtens noch 3 Mei- len entfernt, und der Weg dahin, noch ſteiler als unterhalb zu ſeyn. So weit wir gekommen waren, duͤnkte uns der Boden fett und fruchtbar, welches auch die haͤufig angelegten Pflanzungen der Einwohner und mancherley Frucht- baͤume bezeugten, die alle vortreflich darinn fortkamen. An den hohen Bach- Ufern aber entdeckte man, daß dieſer gute Boden nur die obere Schicht des Erd- reichs ausmachte; unter demſelben kamen die bloßen Felſen zum Vorſchein, die theils aus Laven-Arten beſtanden, zum Theil auch voller weißen und gruͤnli- chen Schoͤrl-Koͤrner waren. Dieſe Inſeln ſind alſo, in Anſehung ihrer Stein- 1774. April.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/32>, abgerufen am 28.04.2024.