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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
August.
ligen Orten, Rauch empor stieg, ein sicheres Merkmal, daß sie reichlich bevöl-
kert seyn mußten. Die Nacht hindurch kreuzten wir ab und zu, und befanden
uns früh Morgens den nördlichsten Eylanden gegenüber, woselbst auch von der
großen Insel bereits das nördlichste Ende zum Vorschein kam. Es zeigte sich jetzt,
daß die kleinen Eylande mehrentheils von einerley Gestalt, nemlich lange, schmale
Stücken Landes, an einem Ende steil, am nördlichen aber niedrig und wie eine
lange Erdzunge geformt waren. Der abschüßige Theil sahe gemeiniglich weiß,
wie Kreide, aus, und unter den Bäumen entdeckten wir nirgends Palmen,
sondern mehrentheils Casuarina-Holz. Am schönsten nahm sich der Pro-
spect aus, als wir an den nördlichen Ufern dieser kleinen Eylande hinsegelten
und sie nun, eins nach dem andern, sich von der größern Insel absetzten, so
daß man zwischen all den kleinen Durchfahrten, frey durchsehen konnte. End-
lich lenkten wir westwärts, und entdeckten hinter einem auf der Haupt-In-
sel (Tierra del Espiritu Santo) gelegenen Vorgebirge, eine sehr geräumige
Bay, die am Eingange nicht weniger als fünf starke See-Meilen breit und
von verhältnißmäßiger Tiefe war. Die Ufer reichten nemlich zu beyden
Seiten wenigstens sieben Meilen weit ins Land und liefen, diese ganze Strecke
über, parallel, bis an einen schönen Strand, der im Hintergrunde zu sehen
war und das Ende der Bay ausmachte. Die umliegende Gegend bestand,
auf viele Meilen weit, theils aus Hügeln ven mittelmäßiger Höhe, theils aus
breiten Thälern, und schien überall anmuthig, fruchtbar und bewohnt zu
seyn. Auf dem westlichen Ufer der Bay kamen, vornemlich gegen Abend, viele
von den Eingebohrnen zum Vorschein. Nachdem sie uns lange genug angegafft
hatten, stießen etliche, in einem Canot das nach Art der Mallicollesischen Fahr-
zeuge gebauet war, vom Lande, und ruderten auf uns zu. Wir suchten sie
durch alle ersinnliche Freundschafts-Zeichen der besten Aufnahme im Voraus zu
versichern, demohnerachtet getraueten sie sich nicht ganz nahe heran. Es wun-
derte uns, den an dieser Seite der Bay befindlichen Berg, seines steilen Auf-
gangs ohnerachtet, reichlich mit Bäumen bewachsen und auch stark bewohnt zu
sehen. Vom Fuß desselben lief ein niedriger, ebener Streif Landes, eine bis
zwo Meilen weit, in die Bay, und machte eine Art von Bucht aus, worinn wir
gern geankert hätten, weil es eben windstill und dunkel zu werden anfieng. In

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt.
ligen Orten, Rauch empor ſtieg, ein ſicheres Merkmal, daß ſie reichlich bevoͤl-
kert ſeyn mußten. Die Nacht hindurch kreuzten wir ab und zu, und befanden
uns fruͤh Morgens den noͤrdlichſten Eylanden gegenuͤber, woſelbſt auch von der
großen Inſel bereits das noͤrdlichſte Ende zum Vorſchein kam. Es zeigte ſich jetzt,
daß die kleinen Eylande mehrentheils von einerley Geſtalt, nemlich lange, ſchmale
Stuͤcken Landes, an einem Ende ſteil, am noͤrdlichen aber niedrig und wie eine
lange Erdzunge geformt waren. Der abſchuͤßige Theil ſahe gemeiniglich weiß,
wie Kreide, aus, und unter den Baͤumen entdeckten wir nirgends Palmen,
ſondern mehrentheils Caſuarina-Holz. Am ſchoͤnſten nahm ſich der Pro-
ſpect aus, als wir an den noͤrdlichen Ufern dieſer kleinen Eylande hinſegelten
und ſie nun, eins nach dem andern, ſich von der groͤßern Inſel abſetzten, ſo
daß man zwiſchen all den kleinen Durchfahrten, frey durchſehen konnte. End-
lich lenkten wir weſtwaͤrts, und entdeckten hinter einem auf der Haupt-In-
ſel (Tierra del Espiritu Santo) gelegenen Vorgebirge, eine ſehr geraͤumige
Bay, die am Eingange nicht weniger als fuͤnf ſtarke See-Meilen breit und
von verhaͤltnißmaͤßiger Tiefe war. Die Ufer reichten nemlich zu beyden
Seiten wenigſtens ſieben Meilen weit ins Land und liefen, dieſe ganze Strecke
uͤber, parallel, bis an einen ſchoͤnen Strand, der im Hintergrunde zu ſehen
war und das Ende der Bay ausmachte. Die umliegende Gegend beſtand,
auf viele Meilen weit, theils aus Huͤgeln ven mittelmaͤßiger Hoͤhe, theils aus
breiten Thaͤlern, und ſchien uͤberall anmuthig, fruchtbar und bewohnt zu
ſeyn. Auf dem weſtlichen Ufer der Bay kamen, vornemlich gegen Abend, viele
von den Eingebohrnen zum Vorſchein. Nachdem ſie uns lange genug angegafft
hatten, ſtießen etliche, in einem Canot das nach Art der Mallicolleſiſchen Fahr-
zeuge gebauet war, vom Lande, und ruderten auf uns zu. Wir ſuchten ſie
durch alle erſinnliche Freundſchafts-Zeichen der beſten Aufnahme im Voraus zu
verſichern, demohnerachtet getraueten ſie ſich nicht ganz nahe heran. Es wun-
derte uns, den an dieſer Seite der Bay befindlichen Berg, ſeines ſteilen Auf-
gangs ohnerachtet, reichlich mit Baͤumen bewachſen und auch ſtark bewohnt zu
ſehen. Vom Fuß deſſelben lief ein niedriger, ebener Streif Landes, eine bis
zwo Meilen weit, in die Bay, und machte eine Art von Bucht aus, worinn wir
gern geankert haͤtten, weil es eben windſtill und dunkel zu werden anfieng. In

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[292/0306] Forſter’s Reiſe um die Welt ligen Orten, Rauch empor ſtieg, ein ſicheres Merkmal, daß ſie reichlich bevoͤl- kert ſeyn mußten. Die Nacht hindurch kreuzten wir ab und zu, und befanden uns fruͤh Morgens den noͤrdlichſten Eylanden gegenuͤber, woſelbſt auch von der großen Inſel bereits das noͤrdlichſte Ende zum Vorſchein kam. Es zeigte ſich jetzt, daß die kleinen Eylande mehrentheils von einerley Geſtalt, nemlich lange, ſchmale Stuͤcken Landes, an einem Ende ſteil, am noͤrdlichen aber niedrig und wie eine lange Erdzunge geformt waren. Der abſchuͤßige Theil ſahe gemeiniglich weiß, wie Kreide, aus, und unter den Baͤumen entdeckten wir nirgends Palmen, ſondern mehrentheils Caſuarina-Holz. Am ſchoͤnſten nahm ſich der Pro- ſpect aus, als wir an den noͤrdlichen Ufern dieſer kleinen Eylande hinſegelten und ſie nun, eins nach dem andern, ſich von der groͤßern Inſel abſetzten, ſo daß man zwiſchen all den kleinen Durchfahrten, frey durchſehen konnte. End- lich lenkten wir weſtwaͤrts, und entdeckten hinter einem auf der Haupt-In- ſel (Tierra del Espiritu Santo) gelegenen Vorgebirge, eine ſehr geraͤumige Bay, die am Eingange nicht weniger als fuͤnf ſtarke See-Meilen breit und von verhaͤltnißmaͤßiger Tiefe war. Die Ufer reichten nemlich zu beyden Seiten wenigſtens ſieben Meilen weit ins Land und liefen, dieſe ganze Strecke uͤber, parallel, bis an einen ſchoͤnen Strand, der im Hintergrunde zu ſehen war und das Ende der Bay ausmachte. Die umliegende Gegend beſtand, auf viele Meilen weit, theils aus Huͤgeln ven mittelmaͤßiger Hoͤhe, theils aus breiten Thaͤlern, und ſchien uͤberall anmuthig, fruchtbar und bewohnt zu ſeyn. Auf dem weſtlichen Ufer der Bay kamen, vornemlich gegen Abend, viele von den Eingebohrnen zum Vorſchein. Nachdem ſie uns lange genug angegafft hatten, ſtießen etliche, in einem Canot das nach Art der Mallicolleſiſchen Fahr- zeuge gebauet war, vom Lande, und ruderten auf uns zu. Wir ſuchten ſie durch alle erſinnliche Freundſchafts-Zeichen der beſten Aufnahme im Voraus zu verſichern, demohnerachtet getraueten ſie ſich nicht ganz nahe heran. Es wun- derte uns, den an dieſer Seite der Bay befindlichen Berg, ſeines ſteilen Auf- gangs ohnerachtet, reichlich mit Baͤumen bewachſen und auch ſtark bewohnt zu ſehen. Vom Fuß deſſelben lief ein niedriger, ebener Streif Landes, eine bis zwo Meilen weit, in die Bay, und machte eine Art von Bucht aus, worinn wir gern geankert haͤtten, weil es eben windſtill und dunkel zu werden anfieng. In 1774. Auguſt.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/306>, abgerufen am 20.05.2024.