mag wohl daher rühren, daß der ewige Krieg, worinn sie zu leben scheinen, ih-1774. August. nen nicht Zeit genug dazu erübrigen läßt.
Da der Wind nunmehro günstig war, so lichteten wir die Anker und stachen, nach einem Aufenthalt von sechzehn Tagen, am 20sten August wie- derum in See.
Die Insel Tanna liegt unterm 19ten Grad 30 Secunden Süder-Breite, und dem 169sten Grad 38 Secunden östlicher Länge, hat aber nicht über 24 See-Meilen im Umfange. So weit wir Gelegenheit gehabt haben die Berge zu untersuchen, bestanden solche mehrentheils aus einem thonartigen Gestein mit Stücken Kreide vermischt. Dieser Thon war fast durchgehends von brauner oder gelblicher Farbe, und lag in sechszolligen, beynahe waagerechten Schichten. An einigen Orten wechselten diese Schichten mit andern, von einer Art weichen schwarzen Steines ab, der aus volcanischer Asche und Schörlkörnern, mit etwas Thon oder vielmehr mit einer Art Tripel vermischt, entstanden zu seyn schien. Eben diese vulcanische Asche, mit einem Zusatz von guter schwarzer Erde, macht den vortreflichen, fruchtbaren Boden aus, worinn die Pflanzen so gut gedei- hen. Alle diese Mischungen, in den Erdarten sowohl als in den übrigen Pro- ducten des Mineralreichs, sind, mehr oder minder, das Werk des Vulcans. So enthielt z. B. der weiße Thon, welcher die Solfatara deckt, gediegenen Schwefel und hatte dabey einen zusammenziehenden Geschmack, als ob er mit Alaun imprägnirt wäre. In derselben Gegend gab es auch rothen Bolus, des- gleichen scheint Selenit vorhanden zu seyn, wenigstens bestanden die Zierrathen, welche die Einwohner in dem durchbohrten Nasenknorpel zu tragen pflegten, aus dieser Stein-Art. Von Lava haben wir nur einzelne, ziemlich grobe Stücken gesehen, näher am Vulcan, wo man uns aber nicht hinlassen wollte, wird sie vermuthlich in größerer Menge und Mannichfaltigkeit anzutreffen seyn. Das heiße Quellwasser ist von zusammenziehendem Geschmack, und hat folglich, allem Ansehen nach, ebenfalls mineralische Bestandtheile; es fehlte uns blos an Muße, um die Beschaffenheit derselben durch chymische Versuche näher zu bestim- men. Der Vulcan an und für sich würde, seiner damaligen Entzündung wegen, ge- wiß zu manchen neuen Bemerkungen Stoff geliefert haben, wenn die argwöhni- sche Besorgniß der Einwohner uns nur gestattet hätte, ihn in der Nähe zu be-
Forster's Reise u. die W. zweyter Th. N n
in den Jahren 1772 bis 1775.
mag wohl daher ruͤhren, daß der ewige Krieg, worinn ſie zu leben ſcheinen, ih-1774. Auguſt. nen nicht Zeit genug dazu eruͤbrigen laͤßt.
Da der Wind nunmehro guͤnſtig war, ſo lichteten wir die Anker und ſtachen, nach einem Aufenthalt von ſechzehn Tagen, am 20ſten Auguſt wie- derum in See.
Die Inſel Tanna liegt unterm 19ten Grad 30 Secunden Suͤder-Breite, und dem 169ſten Grad 38 Secunden oͤſtlicher Laͤnge, hat aber nicht uͤber 24 See-Meilen im Umfange. So weit wir Gelegenheit gehabt haben die Berge zu unterſuchen, beſtanden ſolche mehrentheils aus einem thonartigen Geſtein mit Stuͤcken Kreide vermiſcht. Dieſer Thon war faſt durchgehends von brauner oder gelblicher Farbe, und lag in ſechszolligen, beynahe waagerechten Schichten. An einigen Orten wechſelten dieſe Schichten mit andern, von einer Art weichen ſchwarzen Steines ab, der aus volcaniſcher Aſche und Schoͤrlkoͤrnern, mit etwas Thon oder vielmehr mit einer Art Tripel vermiſcht, entſtanden zu ſeyn ſchien. Eben dieſe vulcaniſche Aſche, mit einem Zuſatz von guter ſchwarzer Erde, macht den vortreflichen, fruchtbaren Boden aus, worinn die Pflanzen ſo gut gedei- hen. Alle dieſe Miſchungen, in den Erdarten ſowohl als in den uͤbrigen Pro- ducten des Mineralreichs, ſind, mehr oder minder, das Werk des Vulcans. So enthielt z. B. der weiße Thon, welcher die Solfatara deckt, gediegenen Schwefel und hatte dabey einen zuſammenziehenden Geſchmack, als ob er mit Alaun impraͤgnirt waͤre. In derſelben Gegend gab es auch rothen Bolus, des- gleichen ſcheint Selenit vorhanden zu ſeyn, wenigſtens beſtanden die Zierrathen, welche die Einwohner in dem durchbohrten Naſenknorpel zu tragen pflegten, aus dieſer Stein-Art. Von Lava haben wir nur einzelne, ziemlich grobe Stuͤcken geſehen, naͤher am Vulcan, wo man uns aber nicht hinlaſſen wollte, wird ſie vermuthlich in groͤßerer Menge und Mannichfaltigkeit anzutreffen ſeyn. Das heiße Quellwaſſer iſt von zuſammenziehendem Geſchmack, und hat folglich, allem Anſehen nach, ebenfalls mineraliſche Beſtandtheile; es fehlte uns blos an Muße, um die Beſchaffenheit derſelben durch chymiſche Verſuche naͤher zu beſtim- men. Der Vulcan an und fuͤr ſich wuͤrde, ſeiner damaligen Entzuͤndung wegen, ge- wiß zu manchen neuen Bemerkungen Stoff geliefert haben, wenn die argwoͤhni- ſche Beſorgniß der Einwohner uns nur geſtattet haͤtte, ihn in der Naͤhe zu be-
Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Th. N n
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0295"n="281"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
mag wohl daher ruͤhren, daß der ewige Krieg, worinn ſie zu leben ſcheinen, ih-<noteplace="right">1774.<lb/>
Auguſt.</note><lb/>
nen nicht Zeit genug dazu eruͤbrigen laͤßt.</p><lb/><p>Da der Wind nunmehro guͤnſtig war, ſo lichteten wir die Anker und<lb/>ſtachen, nach einem Aufenthalt von ſechzehn Tagen, am 20ſten Auguſt wie-<lb/>
derum in See.</p><lb/><p>Die Inſel <hirendition="#fr"><placeName>Tanna</placeName></hi> liegt unterm 19ten Grad 30 Secunden Suͤder-Breite,<lb/>
und dem 169ſten Grad 38 Secunden oͤſtlicher Laͤnge, hat aber nicht uͤber<lb/>
24 See-Meilen im Umfange. So weit wir Gelegenheit gehabt haben die Berge<lb/>
zu unterſuchen, beſtanden ſolche mehrentheils aus einem thonartigen Geſtein mit<lb/>
Stuͤcken Kreide vermiſcht. Dieſer Thon war faſt durchgehends von brauner oder<lb/>
gelblicher Farbe, und lag in ſechszolligen, beynahe waagerechten Schichten.<lb/>
An einigen Orten wechſelten dieſe Schichten mit andern, von einer Art weichen<lb/>ſchwarzen Steines ab, der aus volcaniſcher Aſche und Schoͤrlkoͤrnern, mit etwas<lb/>
Thon oder vielmehr mit einer Art Tripel vermiſcht, entſtanden zu ſeyn ſchien.<lb/>
Eben dieſe vulcaniſche Aſche, mit einem Zuſatz von guter ſchwarzer Erde, macht<lb/>
den vortreflichen, fruchtbaren Boden aus, worinn die Pflanzen ſo gut gedei-<lb/>
hen. Alle dieſe Miſchungen, in den Erdarten ſowohl als in den uͤbrigen Pro-<lb/>
ducten des Mineralreichs, ſind, mehr oder minder, das Werk des Vulcans.<lb/>
So enthielt z. B. der weiße <hirendition="#fr">Thon</hi>, welcher die Solfatara deckt, gediegenen<lb/><hirendition="#fr">Schwefel</hi> und hatte dabey einen zuſammenziehenden Geſchmack, als ob er mit<lb/>
Alaun impraͤgnirt waͤre. In derſelben Gegend gab es auch rothen <hirendition="#fr">Bolus</hi>, des-<lb/>
gleichen ſcheint <hirendition="#fr">Selenit</hi> vorhanden zu ſeyn, wenigſtens beſtanden die Zierrathen,<lb/>
welche die Einwohner in dem durchbohrten Naſenknorpel zu tragen pflegten, aus<lb/>
dieſer Stein-Art. Von Lava haben wir nur einzelne, ziemlich grobe Stuͤcken<lb/>
geſehen, naͤher am Vulcan, wo man uns aber nicht hinlaſſen wollte, wird ſie<lb/>
vermuthlich in groͤßerer Menge und Mannichfaltigkeit anzutreffen ſeyn. Das<lb/>
heiße Quellwaſſer iſt von zuſammenziehendem Geſchmack, und hat folglich, allem<lb/>
Anſehen nach, ebenfalls mineraliſche Beſtandtheile; es <choice><sic>ſehlte</sic><corr>fehlte</corr></choice> uns blos an<lb/>
Muße, um die Beſchaffenheit derſelben durch chymiſche Verſuche naͤher zu beſtim-<lb/>
men. Der Vulcan an und fuͤr ſich wuͤrde, ſeiner damaligen Entzuͤndung wegen, ge-<lb/>
wiß zu manchen neuen Bemerkungen Stoff geliefert haben, wenn die argwoͤhni-<lb/>ſche Beſorgniß der Einwohner uns nur geſtattet haͤtte, ihn in der Naͤhe zu be-<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe u. die W. zweyter Th.</hi> N n</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[281/0295]
in den Jahren 1772 bis 1775.
mag wohl daher ruͤhren, daß der ewige Krieg, worinn ſie zu leben ſcheinen, ih-
nen nicht Zeit genug dazu eruͤbrigen laͤßt.
1774.
Auguſt.
Da der Wind nunmehro guͤnſtig war, ſo lichteten wir die Anker und
ſtachen, nach einem Aufenthalt von ſechzehn Tagen, am 20ſten Auguſt wie-
derum in See.
Die Inſel Tanna liegt unterm 19ten Grad 30 Secunden Suͤder-Breite,
und dem 169ſten Grad 38 Secunden oͤſtlicher Laͤnge, hat aber nicht uͤber
24 See-Meilen im Umfange. So weit wir Gelegenheit gehabt haben die Berge
zu unterſuchen, beſtanden ſolche mehrentheils aus einem thonartigen Geſtein mit
Stuͤcken Kreide vermiſcht. Dieſer Thon war faſt durchgehends von brauner oder
gelblicher Farbe, und lag in ſechszolligen, beynahe waagerechten Schichten.
An einigen Orten wechſelten dieſe Schichten mit andern, von einer Art weichen
ſchwarzen Steines ab, der aus volcaniſcher Aſche und Schoͤrlkoͤrnern, mit etwas
Thon oder vielmehr mit einer Art Tripel vermiſcht, entſtanden zu ſeyn ſchien.
Eben dieſe vulcaniſche Aſche, mit einem Zuſatz von guter ſchwarzer Erde, macht
den vortreflichen, fruchtbaren Boden aus, worinn die Pflanzen ſo gut gedei-
hen. Alle dieſe Miſchungen, in den Erdarten ſowohl als in den uͤbrigen Pro-
ducten des Mineralreichs, ſind, mehr oder minder, das Werk des Vulcans.
So enthielt z. B. der weiße Thon, welcher die Solfatara deckt, gediegenen
Schwefel und hatte dabey einen zuſammenziehenden Geſchmack, als ob er mit
Alaun impraͤgnirt waͤre. In derſelben Gegend gab es auch rothen Bolus, des-
gleichen ſcheint Selenit vorhanden zu ſeyn, wenigſtens beſtanden die Zierrathen,
welche die Einwohner in dem durchbohrten Naſenknorpel zu tragen pflegten, aus
dieſer Stein-Art. Von Lava haben wir nur einzelne, ziemlich grobe Stuͤcken
geſehen, naͤher am Vulcan, wo man uns aber nicht hinlaſſen wollte, wird ſie
vermuthlich in groͤßerer Menge und Mannichfaltigkeit anzutreffen ſeyn. Das
heiße Quellwaſſer iſt von zuſammenziehendem Geſchmack, und hat folglich, allem
Anſehen nach, ebenfalls mineraliſche Beſtandtheile; es fehlte uns blos an
Muße, um die Beſchaffenheit derſelben durch chymiſche Verſuche naͤher zu beſtim-
men. Der Vulcan an und fuͤr ſich wuͤrde, ſeiner damaligen Entzuͤndung wegen, ge-
wiß zu manchen neuen Bemerkungen Stoff geliefert haben, wenn die argwoͤhni-
ſche Beſorgniß der Einwohner uns nur geſtattet haͤtte, ihn in der Naͤhe zu be-
Forſter’s Reiſe u. die W. zweyter Th. N n
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/295>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.