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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
August
ten, und zwar nicht ganz ohne Erfolg. Von Einwohnern waren nur sehr we-
nige zugegen, und die mehresten unbewaffnet, so daß die Ermordung ihres
Landsmannes vergessen, oder wenigstens vergeben zu seyn schien. Mein Vater
Dr. Sparrmann, und ich, giengen nach der Ebene um Vögel zu schießen.
Auch dort erblickten wir nur einen einzigen Indianer, der noch dazu, sobald er
uns ansichtig ward, einen andern Weg nahm, und mit starken Schritten zu
entfliehen suchte. Wir riefen ihm aber nach und brachten es, durch alle Freund-
schaftsbetheurungen die sich durch Zeichen nur ausdrücken lassen, so weit,
daß er umkehrte. Mit mißtrauischem schüchternen Blick wagte ers näher zu
kommen. Doch beruhigten wir ihn endlich durch allerhand Geschenke, schieden als
gute Freunde von einander und kehrten darauf mit allen unseren Leuten, ziemlich
spät, an Bord zurück.

Am folgenden Morgen sahe man verschiedene Canots, mit aufgespann-
ten Seegeln, aus dem Haven abgehen. Der Form nach kamen sie, mit den
Fahrzeugen die auf den freundschaftlichen Eylanden gebauet werden, ziemlich
überein; nur daß die hiesigen ungleich schlechter gearbeitet waren als jene. Sie
hatten durchgehends Ausleger, und konnten zum Theil bis zwanzig Mann füh-
ren. Die Seegel waren niedrig, und bestanden aus dreyeckigten Matten, da-
von das breite Ende aufwärts, das spitzige nach unten zu gekehrt war.
Ein langes Stück Holz, wie ein Trog ausgehöhlt, macht den Boden des Ca-
nots aus, und die Seitenwände bestehen aus einer oder zwo auf einander ge-
setzten Planken, die mit Stricken von Cocosfasern folgendermaaßen ver-
bunden sind. Bey Bearbeitung der Planken wird die äußere Seite ganz
glatt und eben gezimmert, indeß auf der inneren, in gewisser Entfernung,
kleine Erhöhungen oder Höcker am Holze gelassen werden, die, in senkrechter Rich-
tung durchbohrt, als lauter fest eingeschraubte Ringe hervorragen. Durch
diese Löcher oder Ringe, ziehen sie die Stricke durch, und schnüren auf solche
Art die Planken eine auf die andere fest, ohne daß außerhalb, weder von
den Löchern noch von den Stricken, das mindeste zu sehen ist. Die Ruder
sind in aller Absicht schlecht, sowohl was die Form, als was die Arbeit betrift.
Daß die Tanneser ihre Fahrzeuge und übrige Handarbeiten nicht so sauber ma-
chen, und so schön glätten, als die Bewohner der freundschaftlichen-Eylande,

mag

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Auguſt
ten, und zwar nicht ganz ohne Erfolg. Von Einwohnern waren nur ſehr we-
nige zugegen, und die mehreſten unbewaffnet, ſo daß die Ermordung ihres
Landsmannes vergeſſen, oder wenigſtens vergeben zu ſeyn ſchien. Mein Vater
Dr. Sparrmann, und ich, giengen nach der Ebene um Voͤgel zu ſchießen.
Auch dort erblickten wir nur einen einzigen Indianer, der noch dazu, ſobald er
uns anſichtig ward, einen andern Weg nahm, und mit ſtarken Schritten zu
entfliehen ſuchte. Wir riefen ihm aber nach und brachten es, durch alle Freund-
ſchaftsbetheurungen die ſich durch Zeichen nur ausdruͤcken laſſen, ſo weit,
daß er umkehrte. Mit mißtrauiſchem ſchuͤchternen Blick wagte ers naͤher zu
kommen. Doch beruhigten wir ihn endlich durch allerhand Geſchenke, ſchieden als
gute Freunde von einander und kehrten darauf mit allen unſeren Leuten, ziemlich
ſpaͤt, an Bord zuruͤck.

Am folgenden Morgen ſahe man verſchiedene Canots, mit aufgeſpann-
ten Seegeln, aus dem Haven abgehen. Der Form nach kamen ſie, mit den
Fahrzeugen die auf den freundſchaftlichen Eylanden gebauet werden, ziemlich
uͤberein; nur daß die hieſigen ungleich ſchlechter gearbeitet waren als jene. Sie
hatten durchgehends Ausleger, und konnten zum Theil bis zwanzig Mann fuͤh-
ren. Die Seegel waren niedrig, und beſtanden aus dreyeckigten Matten, da-
von das breite Ende aufwaͤrts, das ſpitzige nach unten zu gekehrt war.
Ein langes Stuͤck Holz, wie ein Trog ausgehoͤhlt, macht den Boden des Ca-
nots aus, und die Seitenwaͤnde beſtehen aus einer oder zwo auf einander ge-
ſetzten Planken, die mit Stricken von Cocosfaſern folgendermaaßen ver-
bunden ſind. Bey Bearbeitung der Planken wird die aͤußere Seite ganz
glatt und eben gezimmert, indeß auf der inneren, in gewiſſer Entfernung,
kleine Erhoͤhungen oder Hoͤcker am Holze gelaſſen werden, die, in ſenkrechter Rich-
tung durchbohrt, als lauter feſt eingeſchraubte Ringe hervorragen. Durch
dieſe Loͤcher oder Ringe, ziehen ſie die Stricke durch, und ſchnuͤren auf ſolche
Art die Planken eine auf die andere feſt, ohne daß außerhalb, weder von
den Loͤchern noch von den Stricken, das mindeſte zu ſehen iſt. Die Ruder
ſind in aller Abſicht ſchlecht, ſowohl was die Form, als was die Arbeit betrift.
Daß die Tanneſer ihre Fahrzeuge und uͤbrige Handarbeiten nicht ſo ſauber ma-
chen, und ſo ſchoͤn glaͤtten, als die Bewohner der freundſchaftlichen-Eylande,

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[280/0294] Forſter’s Reiſe um die Welt ten, und zwar nicht ganz ohne Erfolg. Von Einwohnern waren nur ſehr we- nige zugegen, und die mehreſten unbewaffnet, ſo daß die Ermordung ihres Landsmannes vergeſſen, oder wenigſtens vergeben zu ſeyn ſchien. Mein Vater Dr. Sparrmann, und ich, giengen nach der Ebene um Voͤgel zu ſchießen. Auch dort erblickten wir nur einen einzigen Indianer, der noch dazu, ſobald er uns anſichtig ward, einen andern Weg nahm, und mit ſtarken Schritten zu entfliehen ſuchte. Wir riefen ihm aber nach und brachten es, durch alle Freund- ſchaftsbetheurungen die ſich durch Zeichen nur ausdruͤcken laſſen, ſo weit, daß er umkehrte. Mit mißtrauiſchem ſchuͤchternen Blick wagte ers naͤher zu kommen. Doch beruhigten wir ihn endlich durch allerhand Geſchenke, ſchieden als gute Freunde von einander und kehrten darauf mit allen unſeren Leuten, ziemlich ſpaͤt, an Bord zuruͤck. 1774. Auguſt Am folgenden Morgen ſahe man verſchiedene Canots, mit aufgeſpann- ten Seegeln, aus dem Haven abgehen. Der Form nach kamen ſie, mit den Fahrzeugen die auf den freundſchaftlichen Eylanden gebauet werden, ziemlich uͤberein; nur daß die hieſigen ungleich ſchlechter gearbeitet waren als jene. Sie hatten durchgehends Ausleger, und konnten zum Theil bis zwanzig Mann fuͤh- ren. Die Seegel waren niedrig, und beſtanden aus dreyeckigten Matten, da- von das breite Ende aufwaͤrts, das ſpitzige nach unten zu gekehrt war. Ein langes Stuͤck Holz, wie ein Trog ausgehoͤhlt, macht den Boden des Ca- nots aus, und die Seitenwaͤnde beſtehen aus einer oder zwo auf einander ge- ſetzten Planken, die mit Stricken von Cocosfaſern folgendermaaßen ver- bunden ſind. Bey Bearbeitung der Planken wird die aͤußere Seite ganz glatt und eben gezimmert, indeß auf der inneren, in gewiſſer Entfernung, kleine Erhoͤhungen oder Hoͤcker am Holze gelaſſen werden, die, in ſenkrechter Rich- tung durchbohrt, als lauter feſt eingeſchraubte Ringe hervorragen. Durch dieſe Loͤcher oder Ringe, ziehen ſie die Stricke durch, und ſchnuͤren auf ſolche Art die Planken eine auf die andere feſt, ohne daß außerhalb, weder von den Loͤchern noch von den Stricken, das mindeſte zu ſehen iſt. Die Ruder ſind in aller Abſicht ſchlecht, ſowohl was die Form, als was die Arbeit betrift. Daß die Tanneſer ihre Fahrzeuge und uͤbrige Handarbeiten nicht ſo ſauber ma- chen, und ſo ſchoͤn glaͤtten, als die Bewohner der freundſchaftlichen-Eylande, mag

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/294>, abgerufen am 20.05.2024.