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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
und nun öffnete sich ihr Herz, einem neuen uneigennützigen Gefühl von überir-1774.
August.

discher Art, der Freundschaft! Welch ein schätzbares Bewußtseyn, rief ich aus, auf
solche Art das Glück eines Volkes befördert und vermehrt zu haben! welch ein Vor-
theil einer gesitteten Gesellschaft anzugehören, die solche Vorzüge genießt und an-
dern mittheilt! Hier unterbrach mich das Geräusch eines herankommenden Wan-
derers. Es war Dr. Sparrmann. Ich zeigte ihm die Gegend, und erzählte
ihm, zu was für Gedanken sie mich verleitet hatte. Die Uebereinstimmung sei-
nes Gefühls theilte dem meinigen neue Lebhaftigkeit mit. Doch, endlich mußten
wir uns losreißen und nach dem Schiffe zurückkehren, weil der Mittag nicht
weit war. Der erste Einwohner, dem wir begegneten, flüchtete vor uns, und
versteckte sich hinters Gebüsch. Unmittelbar darauf trafen wir, beym Eingange
einer Plantage, eine Frau an, die, allem Ansehen nach, eben so gern davon ge-
laufen wäre, es aber nicht wagte, weil wir ihr ganz unerwartet und schon sehr
nahe gekommen waren. Mit zitternder Hand und verstörtem Gesicht, bot sie
uns einen Korb voll Yambos-Aepfel an. Dies Betragen befremdete uns
nicht wenig, doch kauften wir ihr die Früchte ab und giengen wei-
ter. Sowohl innerhalb als außerhalb dieser Plantage standen viele Män-
ner im Gebüsch, die unaufhörlich winkten, daß wir an den Strand zurückge-
hen möchten. So bald wir aus dem Walde heraustraten, klärte sich das Räth-
sel auf. Zween Männer saßen im Grase und hielten einen Dritten, todt,
in ihren Armen. Sie zeigten uns eine Wunde, die er von einer Flintenku-
gel in die Seite bekommen hatte und sagten dabey mit dem rührendsten Blick:
"er ist umgebracht." *) Auf diese Bothschaft eilten wir nach der Gegend des
Strandes, wo unsre Leute sich aufzuhalten pflegten, fanden aber keinen
einzigen Indianer mehr bey ihnen, und erfuhren, wie die Sache zuge-
gangen war. Man hatte, wie gewöhnlich, eine Schildwacht ausgestellt, die
den Platz, den unsre Leute zu ihren Geschäften brauchten, von Indianern rein
halten mußte, dahingegen die Matrosen diese Scheidelinie ohne Bedenken
überschreiten, und sich nach Belieben unter die Wilden mischen durften. Einer

*) In ihrer Sprache wird dies ungleich eindringender durch das einzige Wort: Markom
ausgedruckt.
M m 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
und nun oͤffnete ſich ihr Herz, einem neuen uneigennuͤtzigen Gefuͤhl von uͤberir-1774.
Auguſt.

diſcher Art, der Freundſchaft! Welch ein ſchaͤtzbares Bewußtſeyn, rief ich aus, auf
ſolche Art das Gluͤck eines Volkes befoͤrdert und vermehrt zu haben! welch ein Vor-
theil einer geſitteten Geſellſchaft anzugehoͤren, die ſolche Vorzuͤge genießt und an-
dern mittheilt! Hier unterbrach mich das Geraͤuſch eines herankommenden Wan-
derers. Es war Dr. Sparrmann. Ich zeigte ihm die Gegend, und erzaͤhlte
ihm, zu was fuͤr Gedanken ſie mich verleitet hatte. Die Uebereinſtimmung ſei-
nes Gefuͤhls theilte dem meinigen neue Lebhaftigkeit mit. Doch, endlich mußten
wir uns losreißen und nach dem Schiffe zuruͤckkehren, weil der Mittag nicht
weit war. Der erſte Einwohner, dem wir begegneten, fluͤchtete vor uns, und
verſteckte ſich hinters Gebuͤſch. Unmittelbar darauf trafen wir, beym Eingange
einer Plantage, eine Frau an, die, allem Anſehen nach, eben ſo gern davon ge-
laufen waͤre, es aber nicht wagte, weil wir ihr ganz unerwartet und ſchon ſehr
nahe gekommen waren. Mit zitternder Hand und verſtoͤrtem Geſicht, bot ſie
uns einen Korb voll Yambos-Aepfel an. Dies Betragen befremdete uns
nicht wenig, doch kauften wir ihr die Fruͤchte ab und giengen wei-
ter. Sowohl innerhalb als außerhalb dieſer Plantage ſtanden viele Maͤn-
ner im Gebuͤſch, die unaufhoͤrlich winkten, daß wir an den Strand zuruͤckge-
hen moͤchten. So bald wir aus dem Walde heraustraten, klaͤrte ſich das Raͤth-
ſel auf. Zween Maͤnner ſaßen im Graſe und hielten einen Dritten, todt,
in ihren Armen. Sie zeigten uns eine Wunde, die er von einer Flintenku-
gel in die Seite bekommen hatte und ſagten dabey mit dem ruͤhrendſten Blick:
“er iſt umgebracht.” *) Auf dieſe Bothſchaft eilten wir nach der Gegend des
Strandes, wo unſre Leute ſich aufzuhalten pflegten, fanden aber keinen
einzigen Indianer mehr bey ihnen, und erfuhren, wie die Sache zuge-
gangen war. Man hatte, wie gewoͤhnlich, eine Schildwacht ausgeſtellt, die
den Platz, den unſre Leute zu ihren Geſchaͤften brauchten, von Indianern rein
halten mußte, dahingegen die Matroſen dieſe Scheidelinie ohne Bedenken
uͤberſchreiten, und ſich nach Belieben unter die Wilden miſchen durften. Einer

*) In ihrer Sprache wird dies ungleich eindringender durch das einzige Wort: Markom
ausgedruckt.
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[277/0291] in den Jahren 1772 bis 1775. und nun oͤffnete ſich ihr Herz, einem neuen uneigennuͤtzigen Gefuͤhl von uͤberir- diſcher Art, der Freundſchaft! Welch ein ſchaͤtzbares Bewußtſeyn, rief ich aus, auf ſolche Art das Gluͤck eines Volkes befoͤrdert und vermehrt zu haben! welch ein Vor- theil einer geſitteten Geſellſchaft anzugehoͤren, die ſolche Vorzuͤge genießt und an- dern mittheilt! Hier unterbrach mich das Geraͤuſch eines herankommenden Wan- derers. Es war Dr. Sparrmann. Ich zeigte ihm die Gegend, und erzaͤhlte ihm, zu was fuͤr Gedanken ſie mich verleitet hatte. Die Uebereinſtimmung ſei- nes Gefuͤhls theilte dem meinigen neue Lebhaftigkeit mit. Doch, endlich mußten wir uns losreißen und nach dem Schiffe zuruͤckkehren, weil der Mittag nicht weit war. Der erſte Einwohner, dem wir begegneten, fluͤchtete vor uns, und verſteckte ſich hinters Gebuͤſch. Unmittelbar darauf trafen wir, beym Eingange einer Plantage, eine Frau an, die, allem Anſehen nach, eben ſo gern davon ge- laufen waͤre, es aber nicht wagte, weil wir ihr ganz unerwartet und ſchon ſehr nahe gekommen waren. Mit zitternder Hand und verſtoͤrtem Geſicht, bot ſie uns einen Korb voll Yambos-Aepfel an. Dies Betragen befremdete uns nicht wenig, doch kauften wir ihr die Fruͤchte ab und giengen wei- ter. Sowohl innerhalb als außerhalb dieſer Plantage ſtanden viele Maͤn- ner im Gebuͤſch, die unaufhoͤrlich winkten, daß wir an den Strand zuruͤckge- hen moͤchten. So bald wir aus dem Walde heraustraten, klaͤrte ſich das Raͤth- ſel auf. Zween Maͤnner ſaßen im Graſe und hielten einen Dritten, todt, in ihren Armen. Sie zeigten uns eine Wunde, die er von einer Flintenku- gel in die Seite bekommen hatte und ſagten dabey mit dem ruͤhrendſten Blick: “er iſt umgebracht.” *) Auf dieſe Bothſchaft eilten wir nach der Gegend des Strandes, wo unſre Leute ſich aufzuhalten pflegten, fanden aber keinen einzigen Indianer mehr bey ihnen, und erfuhren, wie die Sache zuge- gangen war. Man hatte, wie gewoͤhnlich, eine Schildwacht ausgeſtellt, die den Platz, den unſre Leute zu ihren Geſchaͤften brauchten, von Indianern rein halten mußte, dahingegen die Matroſen dieſe Scheidelinie ohne Bedenken uͤberſchreiten, und ſich nach Belieben unter die Wilden miſchen durften. Einer 1774. Auguſt. *) In ihrer Sprache wird dies ungleich eindringender durch das einzige Wort: Markom ausgedruckt. M m 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/291>, abgerufen am 22.11.2024.