Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
unter andern ein paar Knaben herbey, die wir durch Geschenke zu gewinnen1774.
August.

suchten. Dies fruchtete so viel, daß sie uns ungehindert einen Fußsteig folgen
ließen, der schlängend durch ein dickes, finsteres Gebüsch nach einen offenen Platz
hingieng, wo wir drey oder vier Häuser, so groß als die Wohnungen des alten
Pao-vjangom, vor uns fanden. Zehen bis zwölf Wilde, die mit Vo-
gen, Pfeilen, Streitkolben und Speeren wohl bewaffnet, ohnweit den Hüt-
ten in einer Reihe saßen, sprangen bey unserm Anblick alsbald von der Erde auf.
Wir winkten ihnen und gaben durch Zeichen zu verstehen, daß wir nichts übles
im Sinne hätten, sie schienen uns aber dennoch nicht recht zu trauen. Die
ältesten unter ihnen bezeigten sich friedlicher als die jüngern, von denen zween
bis drey die Stirn runzelten, und mit ihren Waffen allerley Schwenkungen
machten. Dies hätten wir ihnen leicht zu einer Ausforderung anrechnen kön-
nen; da es uns aber im geringsten nicht um Händel zu thun war, so baten wir
sie, uns den Weg nach dem Strande anzuweisen. Ein würksameres Mittel
zu ihrer Beruhigung hätten wir gar nicht anwenden können. Es erboten sich
gleich ein paar von ihnen zu Führern, und brachten uns auf einen schmalen Fuß-
steig, der anfänglich sehr steil, jedoch bald nachher bequemer wurde. Als wir
etwa eine Viertelmeile weit heruntergestiegen seyn mochten, riethen sie uns, ein
wenig auszuruhen; und kaum hatten wir uns niedergesetzt, so kamen ihre Lands-
leute, die bey den Hütten zurückgeblieben waren, mit Cocos-Nüssen, Pisangs und
einer Menge Zuckerrohr beladen, nachgewandert. Des schwülen Wetters halber
waren uns diese Erfrischungen überaus angenehm, und wir bezeigten den guten
Leuten unsre Erkenntlichkeit dafür durch allerley Geschenke. Wir sahen nunmehro
auch offenbar, daß sie uns lediglich aus Mistrauen, nicht aber aus würklich
menschenfeindlicher Gesinnung hatten abhalten wollen tiefer in ihr Land zu drin-
gen. Nach Verlauf einer halben Stunde kamen wir endlich in die Gegend des
Strandes zurück, von da wir am Morgen unsre Wanderschaft angetreten. So
endigte sich also diese kleine Reise, die bey etwas mehr Unbesonnenheit von unse-
rer Seite, den Einwohnern sowohl als uns hätte nachtheilig werden können, ohne
die geringste Unannehmlichkeit. Unsere Absicht, den Vulcan näher zu unter-
suchen, war freylich vereitelt, und selbst kein Anschein da, sie in der Folge glück-
licher zu erreichen, allein die Billigkeit und Klugheit erfordern es doch einmal,

K k 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
unter andern ein paar Knaben herbey, die wir durch Geſchenke zu gewinnen1774.
Auguſt.

ſuchten. Dies fruchtete ſo viel, daß ſie uns ungehindert einen Fußſteig folgen
ließen, der ſchlaͤngend durch ein dickes, finſteres Gebuͤſch nach einen offenen Platz
hingieng, wo wir drey oder vier Haͤuſer, ſo groß als die Wohnungen des alten
Pao-vjangom, vor uns fanden. Zehen bis zwoͤlf Wilde, die mit Vo-
gen, Pfeilen, Streitkolben und Speeren wohl bewaffnet, ohnweit den Huͤt-
ten in einer Reihe ſaßen, ſprangen bey unſerm Anblick alsbald von der Erde auf.
Wir winkten ihnen und gaben durch Zeichen zu verſtehen, daß wir nichts uͤbles
im Sinne haͤtten, ſie ſchienen uns aber dennoch nicht recht zu trauen. Die
aͤlteſten unter ihnen bezeigten ſich friedlicher als die juͤngern, von denen zween
bis drey die Stirn runzelten, und mit ihren Waffen allerley Schwenkungen
machten. Dies haͤtten wir ihnen leicht zu einer Ausforderung anrechnen koͤn-
nen; da es uns aber im geringſten nicht um Haͤndel zu thun war, ſo baten wir
ſie, uns den Weg nach dem Strande anzuweiſen. Ein wuͤrkſameres Mittel
zu ihrer Beruhigung haͤtten wir gar nicht anwenden koͤnnen. Es erboten ſich
gleich ein paar von ihnen zu Fuͤhrern, und brachten uns auf einen ſchmalen Fuß-
ſteig, der anfaͤnglich ſehr ſteil, jedoch bald nachher bequemer wurde. Als wir
etwa eine Viertelmeile weit heruntergeſtiegen ſeyn mochten, riethen ſie uns, ein
wenig auszuruhen; und kaum hatten wir uns niedergeſetzt, ſo kamen ihre Lands-
leute, die bey den Huͤtten zuruͤckgeblieben waren, mit Cocos-Nuͤſſen, Piſangs und
einer Menge Zuckerrohr beladen, nachgewandert. Des ſchwuͤlen Wetters halber
waren uns dieſe Erfriſchungen uͤberaus angenehm, und wir bezeigten den guten
Leuten unſre Erkenntlichkeit dafuͤr durch allerley Geſchenke. Wir ſahen nunmehro
auch offenbar, daß ſie uns lediglich aus Mistrauen, nicht aber aus wuͤrklich
menſchenfeindlicher Geſinnung hatten abhalten wollen tiefer in ihr Land zu drin-
gen. Nach Verlauf einer halben Stunde kamen wir endlich in die Gegend des
Strandes zuruͤck, von da wir am Morgen unſre Wanderſchaft angetreten. So
endigte ſich alſo dieſe kleine Reiſe, die bey etwas mehr Unbeſonnenheit von unſe-
rer Seite, den Einwohnern ſowohl als uns haͤtte nachtheilig werden koͤnnen, ohne
die geringſte Unannehmlichkeit. Unſere Abſicht, den Vulcan naͤher zu unter-
ſuchen, war freylich vereitelt, und ſelbſt kein Anſchein da, ſie in der Folge gluͤck-
licher zu erreichen, allein die Billigkeit und Klugheit erfordern es doch einmal,

K k 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0275" n="261"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
unter andern ein paar Knaben herbey, die wir durch Ge&#x017F;chenke zu gewinnen<note place="right">1774.<lb/>
Augu&#x017F;t.</note><lb/>
&#x017F;uchten. Dies fruchtete &#x017F;o viel, daß &#x017F;ie uns ungehindert einen Fuß&#x017F;teig folgen<lb/>
ließen, der &#x017F;chla&#x0364;ngend durch ein dickes, fin&#x017F;teres Gebu&#x0364;&#x017F;ch nach einen offenen Platz<lb/>
hingieng, wo wir drey oder vier Ha&#x0364;u&#x017F;er, &#x017F;o groß als die Wohnungen des alten<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Pao-vjangom</persName></hi>, vor uns fanden. Zehen bis zwo&#x0364;lf Wilde, die mit Vo-<lb/>
gen, Pfeilen, Streitkolben und Speeren wohl bewaffnet, ohnweit den Hu&#x0364;t-<lb/>
ten in einer Reihe &#x017F;aßen, &#x017F;prangen bey un&#x017F;erm Anblick alsbald von der Erde auf.<lb/>
Wir winkten ihnen und gaben durch Zeichen zu ver&#x017F;tehen, daß wir nichts u&#x0364;bles<lb/>
im Sinne ha&#x0364;tten, &#x017F;ie &#x017F;chienen uns aber dennoch nicht recht zu trauen. Die<lb/>
a&#x0364;lte&#x017F;ten unter ihnen bezeigten &#x017F;ich friedlicher als die ju&#x0364;ngern, von denen zween<lb/>
bis drey die Stirn runzelten, und mit ihren Waffen allerley Schwenkungen<lb/>
machten. Dies ha&#x0364;tten wir ihnen leicht zu einer Ausforderung anrechnen ko&#x0364;n-<lb/>
nen; da es uns aber im gering&#x017F;ten nicht um Ha&#x0364;ndel zu thun war, &#x017F;o baten wir<lb/>
&#x017F;ie, uns den Weg nach dem Strande anzuwei&#x017F;en. Ein wu&#x0364;rk&#x017F;ameres Mittel<lb/>
zu ihrer Beruhigung ha&#x0364;tten wir gar nicht anwenden ko&#x0364;nnen. Es erboten &#x017F;ich<lb/>
gleich ein paar von ihnen zu Fu&#x0364;hrern, und brachten uns auf einen &#x017F;chmalen Fuß-<lb/>
&#x017F;teig, der anfa&#x0364;nglich &#x017F;ehr &#x017F;teil, jedoch bald nachher bequemer wurde. Als wir<lb/>
etwa eine Viertelmeile weit herunterge&#x017F;tiegen &#x017F;eyn mochten, riethen &#x017F;ie uns, ein<lb/>
wenig auszuruhen; und kaum hatten wir uns niederge&#x017F;etzt, &#x017F;o kamen ihre Lands-<lb/>
leute, die bey den Hu&#x0364;tten zuru&#x0364;ckgeblieben waren, mit Cocos-Nu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, Pi&#x017F;angs und<lb/>
einer Menge Zuckerrohr beladen, nachgewandert. Des &#x017F;chwu&#x0364;len Wetters halber<lb/>
waren uns die&#x017F;e Erfri&#x017F;chungen u&#x0364;beraus angenehm, und wir bezeigten den guten<lb/>
Leuten un&#x017F;re Erkenntlichkeit dafu&#x0364;r durch allerley Ge&#x017F;chenke. Wir &#x017F;ahen nunmehro<lb/>
auch offenbar, daß &#x017F;ie uns lediglich aus Mistrauen, nicht aber aus wu&#x0364;rklich<lb/>
men&#x017F;chenfeindlicher Ge&#x017F;innung hatten abhalten wollen tiefer in ihr Land zu drin-<lb/>
gen. Nach Verlauf einer halben Stunde kamen wir endlich in die Gegend des<lb/>
Strandes zuru&#x0364;ck, von da wir am Morgen un&#x017F;re Wander&#x017F;chaft angetreten. So<lb/>
endigte &#x017F;ich al&#x017F;o die&#x017F;e kleine Rei&#x017F;e, die bey etwas mehr Unbe&#x017F;onnenheit von un&#x017F;e-<lb/>
rer Seite, den Einwohnern &#x017F;owohl als uns ha&#x0364;tte nachtheilig werden ko&#x0364;nnen, ohne<lb/>
die gering&#x017F;te Unannehmlichkeit. Un&#x017F;ere Ab&#x017F;icht, den Vulcan na&#x0364;her zu unter-<lb/>
&#x017F;uchen, war freylich vereitelt, und &#x017F;elb&#x017F;t kein An&#x017F;chein da, &#x017F;ie in der Folge glu&#x0364;ck-<lb/>
licher zu erreichen, allein die Billigkeit und Klugheit erfordern es doch einmal,<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K k 3</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[261/0275] in den Jahren 1772 bis 1775. unter andern ein paar Knaben herbey, die wir durch Geſchenke zu gewinnen ſuchten. Dies fruchtete ſo viel, daß ſie uns ungehindert einen Fußſteig folgen ließen, der ſchlaͤngend durch ein dickes, finſteres Gebuͤſch nach einen offenen Platz hingieng, wo wir drey oder vier Haͤuſer, ſo groß als die Wohnungen des alten Pao-vjangom, vor uns fanden. Zehen bis zwoͤlf Wilde, die mit Vo- gen, Pfeilen, Streitkolben und Speeren wohl bewaffnet, ohnweit den Huͤt- ten in einer Reihe ſaßen, ſprangen bey unſerm Anblick alsbald von der Erde auf. Wir winkten ihnen und gaben durch Zeichen zu verſtehen, daß wir nichts uͤbles im Sinne haͤtten, ſie ſchienen uns aber dennoch nicht recht zu trauen. Die aͤlteſten unter ihnen bezeigten ſich friedlicher als die juͤngern, von denen zween bis drey die Stirn runzelten, und mit ihren Waffen allerley Schwenkungen machten. Dies haͤtten wir ihnen leicht zu einer Ausforderung anrechnen koͤn- nen; da es uns aber im geringſten nicht um Haͤndel zu thun war, ſo baten wir ſie, uns den Weg nach dem Strande anzuweiſen. Ein wuͤrkſameres Mittel zu ihrer Beruhigung haͤtten wir gar nicht anwenden koͤnnen. Es erboten ſich gleich ein paar von ihnen zu Fuͤhrern, und brachten uns auf einen ſchmalen Fuß- ſteig, der anfaͤnglich ſehr ſteil, jedoch bald nachher bequemer wurde. Als wir etwa eine Viertelmeile weit heruntergeſtiegen ſeyn mochten, riethen ſie uns, ein wenig auszuruhen; und kaum hatten wir uns niedergeſetzt, ſo kamen ihre Lands- leute, die bey den Huͤtten zuruͤckgeblieben waren, mit Cocos-Nuͤſſen, Piſangs und einer Menge Zuckerrohr beladen, nachgewandert. Des ſchwuͤlen Wetters halber waren uns dieſe Erfriſchungen uͤberaus angenehm, und wir bezeigten den guten Leuten unſre Erkenntlichkeit dafuͤr durch allerley Geſchenke. Wir ſahen nunmehro auch offenbar, daß ſie uns lediglich aus Mistrauen, nicht aber aus wuͤrklich menſchenfeindlicher Geſinnung hatten abhalten wollen tiefer in ihr Land zu drin- gen. Nach Verlauf einer halben Stunde kamen wir endlich in die Gegend des Strandes zuruͤck, von da wir am Morgen unſre Wanderſchaft angetreten. So endigte ſich alſo dieſe kleine Reiſe, die bey etwas mehr Unbeſonnenheit von unſe- rer Seite, den Einwohnern ſowohl als uns haͤtte nachtheilig werden koͤnnen, ohne die geringſte Unannehmlichkeit. Unſere Abſicht, den Vulcan naͤher zu unter- ſuchen, war freylich vereitelt, und ſelbſt kein Anſchein da, ſie in der Folge gluͤck- licher zu erreichen, allein die Billigkeit und Klugheit erfordern es doch einmal, 1774. Auguſt. K k 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/275
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/275>, abgerufen am 20.05.2024.