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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
reichlichen Vorrath an Wasser, zum größten Vortheil der Gewächse und Ein-1774.
April.

wohner dieses heißen Himmelsstrichs. Kurz nachher kehrten wir mit unsrer bota-
nischen Ausbeute wieder zum Handlungsplatze zurück und ließen uns mit den Ein-
wohnern in Unterredung ein, die nun ihr Mißtrauen so gänzlich bey Seite ge-
setzt hatten, daß sie sogar ihre Waffen gegen Eisengeräth vertauschten.
Sie waren alle von Casuarina-Holz *) verfertigt, und bestanden entweder aus
hölzernen Wurfspießen 8 bis 10 Fus lang, oder aus Keulen, die an einem Ende mit
einer dicken Kolbe versehen waren. (Man sehe auf der vorhergehenden Kupfertafel
die Fig. 4.) Capitain Cook war in unsrer Abwesenheit so glücklich gewesen, etliche
Schweine, und eine Menge von Früchten einzukaufen, die wir gegen Mittag zu
Schiffe brachten. Am Lande hatten wir die Luft heiß gefunden: Am Bord war sie
kühler; denn von den Bergen kam dann und wann ein starker Windstoß herab,
der zuweilen etwas Regen mitbrachte.

Nachmittags blieb ich am Schiff, mein Vater aber gieng mit dem Ca-
pitain wieder aus Land, wo er auf einer Anhöhe eine schlechte Hütte antraf. Die
Einwohner waren vermuthlich daraus entflohen, weil beyde schon einigemal
nach Vögeln geschossen hatten. Er legte daher auf einige Stücke Brodfrüchte,
die sich neben der Hütte fanden, ein Paar Nägel, und eilte sodann mit etlichen
neuen Pflanzen wieder ans Schiff zurück.

Am folgenden Morgen sahen wir sieben Canots von Dominica neben
dem Schiff eintreffen, indeß verschiedne andre von S. Christina, die Straße hin-
auf ruderten. Erstere schienen von eben der Nation zu seyn, mit der wir schon be-
kannt geworden waren. Sie brachten uns dergleichen Früchte zu Verkauf, als
wir bereits eingehandelt hatten. Nach dem Frühstück giengen wir an Land,
und fanden unsre guten Freunde, die Einwohner, bereits am Strande. Wir
entdeckten einen Befehlshaber unter ihnen, der einen, gleich Tahitischem Zeuge
aus Maulbeer-Rinde, zubereiteten Mantel anhatte, und dabey mit dem Dia-
dem,
dem Ringkragen, den hölzernen Ohrgehängen und Haarbüschen geputzet war.
Man berichtet uns, er sey König der ganzen Insel; doch wurden ihm, so viel wir sa-
hen, keine sonderlichen Ehrenbezeugungen erwiesen. Er schenkte dem Capitain
Cook einige Früchte und Schweine, blieb den ganzen Tag in der Nähe unsers Han-

*) Die Tahitier nennen dies Holz Toa, d. i. Krieg, weil es zur Verfertigung ihrer Waf-
fen gebraucht wird.

in den Jahren 1772 bis 1775.
reichlichen Vorrath an Waſſer, zum groͤßten Vortheil der Gewaͤchſe und Ein-1774.
April.

wohner dieſes heißen Himmelsſtrichs. Kurz nachher kehrten wir mit unſrer bota-
niſchen Ausbeute wieder zum Handlungsplatze zuruͤck und ließen uns mit den Ein-
wohnern in Unterredung ein, die nun ihr Mißtrauen ſo gaͤnzlich bey Seite ge-
ſetzt hatten, daß ſie ſogar ihre Waffen gegen Eiſengeraͤth vertauſchten.
Sie waren alle von Caſuarina-Holz *) verfertigt, und beſtanden entweder aus
hoͤlzernen Wurfſpießen 8 bis 10 Fus lang, oder aus Keulen, die an einem Ende mit
einer dicken Kolbe verſehen waren. (Man ſehe auf der vorhergehenden Kupfertafel
die Fig. 4.) Capitain Cook war in unſrer Abweſenheit ſo gluͤcklich geweſen, etliche
Schweine, und eine Menge von Fruͤchten einzukaufen, die wir gegen Mittag zu
Schiffe brachten. Am Lande hatten wir die Luft heiß gefunden: Am Bord war ſie
kuͤhler; denn von den Bergen kam dann und wann ein ſtarker Windſtoß herab,
der zuweilen etwas Regen mitbrachte.

Nachmittags blieb ich am Schiff, mein Vater aber gieng mit dem Ca-
pitain wieder aus Land, wo er auf einer Anhoͤhe eine ſchlechte Huͤtte antraf. Die
Einwohner waren vermuthlich daraus entflohen, weil beyde ſchon einigemal
nach Voͤgeln geſchoſſen hatten. Er legte daher auf einige Stuͤcke Brodfruͤchte,
die ſich neben der Huͤtte fanden, ein Paar Naͤgel, und eilte ſodann mit etlichen
neuen Pflanzen wieder ans Schiff zuruͤck.

Am folgenden Morgen ſahen wir ſieben Canots von Dominica neben
dem Schiff eintreffen, indeß verſchiedne andre von S. Chriſtina, die Straße hin-
auf ruderten. Erſtere ſchienen von eben der Nation zu ſeyn, mit der wir ſchon be-
kannt geworden waren. Sie brachten uns dergleichen Fruͤchte zu Verkauf, als
wir bereits eingehandelt hatten. Nach dem Fruͤhſtuͤck giengen wir an Land,
und fanden unſre guten Freunde, die Einwohner, bereits am Strande. Wir
entdeckten einen Befehlshaber unter ihnen, der einen, gleich Tahitiſchem Zeuge
aus Maulbeer-Rinde, zubereiteten Mantel anhatte, und dabey mit dem Dia-
dem,
dem Ringkragen, den hoͤlzernen Ohrgehaͤngen und Haarbuͤſchen geputzet war.
Man berichtet uns, er ſey Koͤnig der ganzen Inſel; doch wurden ihm, ſo viel wir ſa-
hen, keine ſonderlichen Ehrenbezeugungen erwieſen. Er ſchenkte dem Capitain
Cook einige Fruͤchte und Schweine, blieb den ganzen Tag in der Naͤhe unſers Han-

*) Die Tahitier nennen dies Holz Toa, d. i. Krieg, weil es zur Verfertigung ihrer Waf-
fen gebraucht wird.
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[15/0027] in den Jahren 1772 bis 1775. reichlichen Vorrath an Waſſer, zum groͤßten Vortheil der Gewaͤchſe und Ein- wohner dieſes heißen Himmelsſtrichs. Kurz nachher kehrten wir mit unſrer bota- niſchen Ausbeute wieder zum Handlungsplatze zuruͤck und ließen uns mit den Ein- wohnern in Unterredung ein, die nun ihr Mißtrauen ſo gaͤnzlich bey Seite ge- ſetzt hatten, daß ſie ſogar ihre Waffen gegen Eiſengeraͤth vertauſchten. Sie waren alle von Caſuarina-Holz *) verfertigt, und beſtanden entweder aus hoͤlzernen Wurfſpießen 8 bis 10 Fus lang, oder aus Keulen, die an einem Ende mit einer dicken Kolbe verſehen waren. (Man ſehe auf der vorhergehenden Kupfertafel die Fig. 4.) Capitain Cook war in unſrer Abweſenheit ſo gluͤcklich geweſen, etliche Schweine, und eine Menge von Fruͤchten einzukaufen, die wir gegen Mittag zu Schiffe brachten. Am Lande hatten wir die Luft heiß gefunden: Am Bord war ſie kuͤhler; denn von den Bergen kam dann und wann ein ſtarker Windſtoß herab, der zuweilen etwas Regen mitbrachte. 1774. April. Nachmittags blieb ich am Schiff, mein Vater aber gieng mit dem Ca- pitain wieder aus Land, wo er auf einer Anhoͤhe eine ſchlechte Huͤtte antraf. Die Einwohner waren vermuthlich daraus entflohen, weil beyde ſchon einigemal nach Voͤgeln geſchoſſen hatten. Er legte daher auf einige Stuͤcke Brodfruͤchte, die ſich neben der Huͤtte fanden, ein Paar Naͤgel, und eilte ſodann mit etlichen neuen Pflanzen wieder ans Schiff zuruͤck. Am folgenden Morgen ſahen wir ſieben Canots von Dominica neben dem Schiff eintreffen, indeß verſchiedne andre von S. Chriſtina, die Straße hin- auf ruderten. Erſtere ſchienen von eben der Nation zu ſeyn, mit der wir ſchon be- kannt geworden waren. Sie brachten uns dergleichen Fruͤchte zu Verkauf, als wir bereits eingehandelt hatten. Nach dem Fruͤhſtuͤck giengen wir an Land, und fanden unſre guten Freunde, die Einwohner, bereits am Strande. Wir entdeckten einen Befehlshaber unter ihnen, der einen, gleich Tahitiſchem Zeuge aus Maulbeer-Rinde, zubereiteten Mantel anhatte, und dabey mit dem Dia- dem, dem Ringkragen, den hoͤlzernen Ohrgehaͤngen und Haarbuͤſchen geputzet war. Man berichtet uns, er ſey Koͤnig der ganzen Inſel; doch wurden ihm, ſo viel wir ſa- hen, keine ſonderlichen Ehrenbezeugungen erwieſen. Er ſchenkte dem Capitain Cook einige Fruͤchte und Schweine, blieb den ganzen Tag in der Naͤhe unſers Han- *) Die Tahitier nennen dies Holz Toa, d. i. Krieg, weil es zur Verfertigung ihrer Waf- fen gebraucht wird.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/27>, abgerufen am 27.04.2024.