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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
aus bekannt waren, wo die Früchte derselben verspeiset werden. Auf die-1774.
August.

sen Bäumen hielten sich allerley Tauben, vornemlich jene Art, welche
auf den freundschaftlichen Eilanden häufig gefangen, und zahm gemacht
zu werden pflegt. Eben dies scheint auch unter den Tannesern üblich
zu seyn; denn einer von den Officieren schoß heut eine solche Taube, an
deren Schwantze man zwo lange weiße Federn befestigt fand, um deren willen
er sie auch beym ersten Anblick für eine ganz unbekannte Art gehalten
hatte. Einige Indianer, denen wir begegneten, erzählten uns, daß einer
unsrer Leute zwo Tauben geschossen hätte; so unerheblich diese Nachricht an und
für sich seyn mochte, so wichtig war es, daß die Indianer uns selbige nicht in
der hiesigen Mundart, sondern, von Wort zu Wort, in jener Sprache mit-
theilten, die auf den freundschaftlichen Eilanden geredet wird. Ohne Zwei-
fel mußten sie bemerkt haben, daß wir uns in der Unterredung oft mit Wörtern
aus dieser Sprache zu helfen pflegten, und also bedienten sie sich derselben blos, um
uns verständlicher zu werden. Als wir ihnen unsre Verwundrung bezeig-
ten, sie in einer fremden Sprache reden zu hören, wiederhohlten sie das zuvor
gesagte auf Tannesisch, als ihrer Muttersprache, die von jener himmelweit unter-
schieden ist, und setzten hinzu, daß die erstere zu Irronan, (*) einer, ohngefähr
acht Meilen von hier, gegen Osten gelegenen Insel üblich sey. Mit dieser Ueber-
einstimmung der Sprache auf so entfernten Inseln, kann es zweyerley Be-
wandniß haben. Entweder ist von dem Stammvolk, welches die freundschaft-
lichen
, und überhaupt alle östlichen Inseln des Südmeeres bevölkert hat, eine
Colonie nach Irronan ausgewandert; oder, die Einwohner dieser letztern In-
sel stehen mit den Bewohnern der freundschaftlichen Eylande in Verkehr,
wozu ihnen einige zwischen inne liegende, wenn gleich uns noch nicht bekannt
gewordene Eilande behülflich seyn mögen.

Nachmittage giengen wir von neuem aus, und trafen auch jetzo nur
eine geringe Anzahl von Einwohnern, ohnerachtet wir die Ebene bis auf
drey Meilen weit von der See durchstrichen. Wenn uns je einer begegnete, so
sagten wir ihm, es sey uns nur ums Vogelschießen zu thun, denn unter die-
sem Vorwande ließen sie uns gemeiniglich ungehindert gehen. Wir schossen

(*) Diese Insel wird auch bisweilen Futtuna genannt.
Forsters Reise u. d. W. Zweyter Th. G g

in den Jahren 1772 bis 1775.
aus bekannt waren, wo die Fruͤchte derſelben verſpeiſet werden. Auf die-1774.
Auguſt.

ſen Baͤumen hielten ſich allerley Tauben, vornemlich jene Art, welche
auf den freundſchaftlichen Eilanden haͤufig gefangen, und zahm gemacht
zu werden pflegt. Eben dies ſcheint auch unter den Tanneſern uͤblich
zu ſeyn; denn einer von den Officieren ſchoß heut eine ſolche Taube, an
deren Schwantze man zwo lange weiße Federn befeſtigt fand, um deren willen
er ſie auch beym erſten Anblick fuͤr eine ganz unbekannte Art gehalten
hatte. Einige Indianer, denen wir begegneten, erzaͤhlten uns, daß einer
unſrer Leute zwo Tauben geſchoſſen haͤtte; ſo unerheblich dieſe Nachricht an und
fuͤr ſich ſeyn mochte, ſo wichtig war es, daß die Indianer uns ſelbige nicht in
der hieſigen Mundart, ſondern, von Wort zu Wort, in jener Sprache mit-
theilten, die auf den freundſchaftlichen Eilanden geredet wird. Ohne Zwei-
fel mußten ſie bemerkt haben, daß wir uns in der Unterredung oft mit Woͤrtern
aus dieſer Sprache zu helfen pflegten, und alſo bedienten ſie ſich derſelben blos, um
uns verſtaͤndlicher zu werden. Als wir ihnen unſre Verwundrung bezeig-
ten, ſie in einer fremden Sprache reden zu hoͤren, wiederhohlten ſie das zuvor
geſagte auf Tanneſiſch, als ihrer Mutterſprache, die von jener himmelweit unter-
ſchieden iſt, und ſetzten hinzu, daß die erſtere zu Irronan, (*) einer, ohngefaͤhr
acht Meilen von hier, gegen Oſten gelegenen Inſel uͤblich ſey. Mit dieſer Ueber-
einſtimmung der Sprache auf ſo entfernten Inſeln, kann es zweyerley Be-
wandniß haben. Entweder iſt von dem Stammvolk, welches die freundſchaft-
lichen
, und uͤberhaupt alle oͤſtlichen Inſeln des Suͤdmeeres bevoͤlkert hat, eine
Colonie nach Irronan ausgewandert; oder, die Einwohner dieſer letztern In-
ſel ſtehen mit den Bewohnern der freundſchaftlichen Eylande in Verkehr,
wozu ihnen einige zwiſchen inne liegende, wenn gleich uns noch nicht bekannt
gewordene Eilande behuͤlflich ſeyn moͤgen.

Nachmittage giengen wir von neuem aus, und trafen auch jetzo nur
eine geringe Anzahl von Einwohnern, ohnerachtet wir die Ebene bis auf
drey Meilen weit von der See durchſtrichen. Wenn uns je einer begegnete, ſo
ſagten wir ihm, es ſey uns nur ums Vogelſchießen zu thun, denn unter die-
ſem Vorwande ließen ſie uns gemeiniglich ungehindert gehen. Wir ſchoſſen

(*) Dieſe Inſel wird auch bisweilen Futtuna genannt.
Forſters Reiſe u. d. W. Zweyter Th. G g
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[233/0247] in den Jahren 1772 bis 1775. aus bekannt waren, wo die Fruͤchte derſelben verſpeiſet werden. Auf die- ſen Baͤumen hielten ſich allerley Tauben, vornemlich jene Art, welche auf den freundſchaftlichen Eilanden haͤufig gefangen, und zahm gemacht zu werden pflegt. Eben dies ſcheint auch unter den Tanneſern uͤblich zu ſeyn; denn einer von den Officieren ſchoß heut eine ſolche Taube, an deren Schwantze man zwo lange weiße Federn befeſtigt fand, um deren willen er ſie auch beym erſten Anblick fuͤr eine ganz unbekannte Art gehalten hatte. Einige Indianer, denen wir begegneten, erzaͤhlten uns, daß einer unſrer Leute zwo Tauben geſchoſſen haͤtte; ſo unerheblich dieſe Nachricht an und fuͤr ſich ſeyn mochte, ſo wichtig war es, daß die Indianer uns ſelbige nicht in der hieſigen Mundart, ſondern, von Wort zu Wort, in jener Sprache mit- theilten, die auf den freundſchaftlichen Eilanden geredet wird. Ohne Zwei- fel mußten ſie bemerkt haben, daß wir uns in der Unterredung oft mit Woͤrtern aus dieſer Sprache zu helfen pflegten, und alſo bedienten ſie ſich derſelben blos, um uns verſtaͤndlicher zu werden. Als wir ihnen unſre Verwundrung bezeig- ten, ſie in einer fremden Sprache reden zu hoͤren, wiederhohlten ſie das zuvor geſagte auf Tanneſiſch, als ihrer Mutterſprache, die von jener himmelweit unter- ſchieden iſt, und ſetzten hinzu, daß die erſtere zu Irronan, (*) einer, ohngefaͤhr acht Meilen von hier, gegen Oſten gelegenen Inſel uͤblich ſey. Mit dieſer Ueber- einſtimmung der Sprache auf ſo entfernten Inſeln, kann es zweyerley Be- wandniß haben. Entweder iſt von dem Stammvolk, welches die freundſchaft- lichen, und uͤberhaupt alle oͤſtlichen Inſeln des Suͤdmeeres bevoͤlkert hat, eine Colonie nach Irronan ausgewandert; oder, die Einwohner dieſer letztern In- ſel ſtehen mit den Bewohnern der freundſchaftlichen Eylande in Verkehr, wozu ihnen einige zwiſchen inne liegende, wenn gleich uns noch nicht bekannt gewordene Eilande behuͤlflich ſeyn moͤgen. 1774. Auguſt. Nachmittage giengen wir von neuem aus, und trafen auch jetzo nur eine geringe Anzahl von Einwohnern, ohnerachtet wir die Ebene bis auf drey Meilen weit von der See durchſtrichen. Wenn uns je einer begegnete, ſo ſagten wir ihm, es ſey uns nur ums Vogelſchießen zu thun, denn unter die- ſem Vorwande ließen ſie uns gemeiniglich ungehindert gehen. Wir ſchoſſen (*) Dieſe Inſel wird auch bisweilen Futtuna genannt. Forſters Reiſe u. d. W. Zweyter Th. G g

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/247>, abgerufen am 25.11.2024.