Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1774.
Julius.
vom Tanz, mithin lustigen und aufgeräumten Temperaments zu seyn. Es
würde nicht schwer halten, sie ungleich civilisirter zu machen; ein ehrgeiziger
Mann aus ihren eigenen Mitteln, könnte es, meines Erachtens, bald dahin brin-
gen. -- Doch ich kehre zu der Geschichte unsrer Reise zurück.

Sobald wir aus dem Rief von Port-Sandwich heraus waren, und
auf Ambrrym zusteuerten, bekamen wir nach und nach das Südöstliche Ende
von Mallicollo zu Gesicht, woselbst vier oder fünf kleine Inseln eine Art von Bay
bilden. Ambrrym, auf welcher der feuerspeyende Berg vorhanden ist,
scheint gegen zwanzig See-Meilen im Umkreise zu haben. Das Mittel dieser
Insel liegt unter 16°. 15'. Südlicher Breite und 168°. 20' Oestlicher Länge.
Am Südlichen Ende derselben ist das mit einem hohen Berge versehene Eyland
Pa-uhm gelegen. Dieses scheint eben nicht von sonderlichem Umfange zu seyn,
doch wußten wir nicht ob das westwärts davon befindliche und dem Ansehen nach
ziemlich flache Land nicht vielleicht damit zusammenhienge? Wenn aber auch
beydes nur eine einzige Insel ausmacht, so kann sie doch nicht über 5 Seemei-
len im Umfange betragen. Der vorgedachte Pic liegt, unseren Beobachtun-
gen nach, in 16°. 25'. Südlicher Breite, 168°. 30'. Oestlicher Länge.
Südwärts von diesem hohen Berge trifft man die Insel Apih. Sie ist groß,
bergigt, und mit Ambrrym von gleichem Umfang, nemlich ohngefähr 7 Mei-
len lang. Der mittlere Theil derselben liegt in 16°. 42' Südlicher Breite
und 168°. 36'. Oestlicher Länge. Der Rauch den wir von allen diesen
Eylanden häufig emporsteigen sahen, brachte uns auf die Vermuthung, daß die
Einwohner ihre Speisen, an einem Feuer in freyer Luft zubereiten müßten, denn auf
den Societäts- und freundschaftlichen Inseln, wo alle Lebensmittel unter der
Erde, vermittelst durchgehitzter Steine gar gemacht werden, hatten wir selten
Rauch oder Feuer wahrgenommen.

Die Mahlzeit von frischen Fischen, daran sich unsre sämmtliche Mannschaft
heut etwas zu Gute gethan, hätte einigen beynahe den Tod zuwege gebracht. Alle
Lieutenants nebst ihren Tischgenossen, imgleichen ein Unter-Pilote (mate) unter-
schiedne Cadetten, und der Schiffs-Zimmermann hatten zween rothe See-Brach-
sen
(Sparus erythrinus) mit einander verzehrt. Allein, wenige Stunden nach-
her, zeigten sich die heftigsten Symptomen einer Vergiftung. Das Uebel, was

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Julius.
vom Tanz, mithin luſtigen und aufgeraͤumten Temperaments zu ſeyn. Es
wuͤrde nicht ſchwer halten, ſie ungleich civiliſirter zu machen; ein ehrgeiziger
Mann aus ihren eigenen Mitteln, koͤnnte es, meines Erachtens, bald dahin brin-
gen. — Doch ich kehre zu der Geſchichte unſrer Reiſe zuruͤck.

Sobald wir aus dem Rief von Port-Sandwich heraus waren, und
auf Ambrrym zuſteuerten, bekamen wir nach und nach das Suͤdoͤſtliche Ende
von Mallicollo zu Geſicht, woſelbſt vier oder fuͤnf kleine Inſeln eine Art von Bay
bilden. Ambrrym, auf welcher der feuerſpeyende Berg vorhanden iſt,
ſcheint gegen zwanzig See-Meilen im Umkreiſe zu haben. Das Mittel dieſer
Inſel liegt unter 16°. 15′. Suͤdlicher Breite und 168°. 20′ Oeſtlicher Laͤnge.
Am Suͤdlichen Ende derſelben iſt das mit einem hohen Berge verſehene Eyland
Pa-uhm gelegen. Dieſes ſcheint eben nicht von ſonderlichem Umfange zu ſeyn,
doch wußten wir nicht ob das weſtwaͤrts davon befindliche und dem Anſehen nach
ziemlich flache Land nicht vielleicht damit zuſammenhienge? Wenn aber auch
beydes nur eine einzige Inſel ausmacht, ſo kann ſie doch nicht uͤber 5 Seemei-
len im Umfange betragen. Der vorgedachte Pic liegt, unſeren Beobachtun-
gen nach, in 16°. 25′. Suͤdlicher Breite, 168°. 30′. Oeſtlicher Laͤnge.
Suͤdwaͤrts von dieſem hohen Berge trifft man die Inſel Apih. Sie iſt groß,
bergigt, und mit Ambrrym von gleichem Umfang, nemlich ohngefaͤhr 7 Mei-
len lang. Der mittlere Theil derſelben liegt in 16°. 42′ Suͤdlicher Breite
und 168°. 36′. Oeſtlicher Laͤnge. Der Rauch den wir von allen dieſen
Eylanden haͤufig emporſteigen ſahen, brachte uns auf die Vermuthung, daß die
Einwohner ihre Speiſen, an einem Feuer in freyer Luft zubereiten muͤßten, denn auf
den Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln, wo alle Lebensmittel unter der
Erde, vermittelſt durchgehitzter Steine gar gemacht werden, hatten wir ſelten
Rauch oder Feuer wahrgenommen.

Die Mahlzeit von friſchen Fiſchen, daran ſich unſre ſaͤmmtliche Mannſchaft
heut etwas zu Gute gethan, haͤtte einigen beynahe den Tod zuwege gebracht. Alle
Lieutenants nebſt ihren Tiſchgenoſſen, imgleichen ein Unter-Pilote (mate) unter-
ſchiedne Cadetten, und der Schiffs-Zimmermann hatten zween rothe See-Brach-
ſen
(Sparus erythrinus) mit einander verzehrt. Allein, wenige Stunden nach-
her, zeigten ſich die heftigſten Symptomen einer Vergiftung. Das Uebel, was

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0202" n="188"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1774.<lb/>
Julius.</note>vom Tanz, mithin lu&#x017F;tigen und aufgera&#x0364;umten Temperaments zu &#x017F;eyn. Es<lb/>
wu&#x0364;rde nicht &#x017F;chwer halten, &#x017F;ie ungleich civili&#x017F;irter zu machen; ein ehrgeiziger<lb/>
Mann aus ihren eigenen Mitteln, ko&#x0364;nnte es, meines Erachtens, bald dahin brin-<lb/>
gen. &#x2014; Doch ich kehre zu der Ge&#x017F;chichte un&#x017F;rer Rei&#x017F;e zuru&#x0364;ck.</p><lb/>
        <p>Sobald wir aus dem Rief von <hi rendition="#fr"><placeName>Port-Sandwich</placeName></hi> heraus waren, und<lb/>
auf <hi rendition="#fr"><placeName>Ambrrym</placeName></hi> zu&#x017F;teuerten, bekamen wir nach und nach das Su&#x0364;do&#x0364;&#x017F;tliche Ende<lb/>
von <hi rendition="#fr"><placeName>Mallicollo</placeName></hi> zu Ge&#x017F;icht, wo&#x017F;elb&#x017F;t vier oder fu&#x0364;nf kleine In&#x017F;eln eine Art von Bay<lb/>
bilden. <hi rendition="#fr"><placeName>Ambrrym</placeName></hi>, auf welcher der feuer&#x017F;peyende Berg vorhanden i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;cheint gegen zwanzig See-Meilen im Umkrei&#x017F;e zu haben. Das Mittel die&#x017F;er<lb/>
In&#x017F;el liegt unter 16°. 15&#x2032;. Su&#x0364;dlicher Breite und 168°. 20&#x2032; Oe&#x017F;tlicher La&#x0364;nge.<lb/>
Am Su&#x0364;dlichen Ende der&#x017F;elben i&#x017F;t das mit einem hohen Berge ver&#x017F;ehene Eyland<lb/><hi rendition="#fr"><placeName>Pa-uhm</placeName></hi> gelegen. Die&#x017F;es &#x017F;cheint eben nicht von &#x017F;onderlichem Umfange zu &#x017F;eyn,<lb/>
doch wußten wir nicht ob das we&#x017F;twa&#x0364;rts davon befindliche und dem An&#x017F;ehen nach<lb/>
ziemlich flache Land nicht vielleicht damit zu&#x017F;ammenhienge? Wenn aber auch<lb/>
beydes nur eine einzige In&#x017F;el ausmacht, &#x017F;o kann &#x017F;ie doch nicht u&#x0364;ber 5 Seemei-<lb/>
len im Umfange betragen. Der vorgedachte <hi rendition="#fr">Pic</hi> liegt, un&#x017F;eren Beobachtun-<lb/>
gen nach, in 16°. 25&#x2032;. Su&#x0364;dlicher Breite, 168°. 30&#x2032;. Oe&#x017F;tlicher La&#x0364;nge.<lb/>
Su&#x0364;dwa&#x0364;rts von die&#x017F;em hohen Berge trifft man die In&#x017F;el <placeName>Apih</placeName>. Sie i&#x017F;t groß,<lb/>
bergigt, und mit <hi rendition="#fr"><placeName>Ambrrym</placeName></hi> von gleichem Umfang, nemlich ohngefa&#x0364;hr 7 Mei-<lb/>
len lang. Der mittlere Theil der&#x017F;elben liegt in 16°. 42&#x2032; Su&#x0364;dlicher Breite<lb/>
und 168°. 36&#x2032;. Oe&#x017F;tlicher La&#x0364;nge. Der Rauch den wir von allen die&#x017F;en<lb/>
Eylanden ha&#x0364;ufig empor&#x017F;teigen &#x017F;ahen, brachte uns auf die Vermuthung, daß die<lb/>
Einwohner ihre Spei&#x017F;en, an einem Feuer in freyer Luft zubereiten mu&#x0364;ßten, denn auf<lb/>
den <placeName full="abb"><hi rendition="#fr">Societa&#x0364;ts</hi>-</placeName> und <placeName><hi rendition="#fr">freund&#x017F;chaftlichen In&#x017F;eln</hi></placeName>, wo alle Lebensmittel unter der<lb/>
Erde, vermittel&#x017F;t durchgehitzter Steine gar gemacht werden, hatten wir &#x017F;elten<lb/>
Rauch oder Feuer wahrgenommen.</p><lb/>
        <p>Die Mahlzeit von fri&#x017F;chen Fi&#x017F;chen, daran &#x017F;ich un&#x017F;re &#x017F;a&#x0364;mmtliche Mann&#x017F;chaft<lb/>
heut etwas zu Gute gethan, ha&#x0364;tte einigen beynahe den Tod zuwege gebracht. Alle<lb/>
Lieutenants neb&#x017F;t ihren Ti&#x017F;chgeno&#x017F;&#x017F;en, imgleichen ein Unter-Pilote (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">mate</hi></hi>) unter-<lb/>
&#x017F;chiedne Cadetten, und der Schiffs-Zimmermann hatten zween <hi rendition="#fr">rothe See-Brach-<lb/>
&#x017F;en</hi> (<hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">Sparus erythrinus</hi></hi>) mit einander verzehrt. Allein, wenige Stunden nach-<lb/>
her, zeigten &#x017F;ich die heftig&#x017F;ten Symptomen einer Vergiftung. Das Uebel, was<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[188/0202] Forſter’s Reiſe um die Welt vom Tanz, mithin luſtigen und aufgeraͤumten Temperaments zu ſeyn. Es wuͤrde nicht ſchwer halten, ſie ungleich civiliſirter zu machen; ein ehrgeiziger Mann aus ihren eigenen Mitteln, koͤnnte es, meines Erachtens, bald dahin brin- gen. — Doch ich kehre zu der Geſchichte unſrer Reiſe zuruͤck. 1774. Julius. Sobald wir aus dem Rief von Port-Sandwich heraus waren, und auf Ambrrym zuſteuerten, bekamen wir nach und nach das Suͤdoͤſtliche Ende von Mallicollo zu Geſicht, woſelbſt vier oder fuͤnf kleine Inſeln eine Art von Bay bilden. Ambrrym, auf welcher der feuerſpeyende Berg vorhanden iſt, ſcheint gegen zwanzig See-Meilen im Umkreiſe zu haben. Das Mittel dieſer Inſel liegt unter 16°. 15′. Suͤdlicher Breite und 168°. 20′ Oeſtlicher Laͤnge. Am Suͤdlichen Ende derſelben iſt das mit einem hohen Berge verſehene Eyland Pa-uhm gelegen. Dieſes ſcheint eben nicht von ſonderlichem Umfange zu ſeyn, doch wußten wir nicht ob das weſtwaͤrts davon befindliche und dem Anſehen nach ziemlich flache Land nicht vielleicht damit zuſammenhienge? Wenn aber auch beydes nur eine einzige Inſel ausmacht, ſo kann ſie doch nicht uͤber 5 Seemei- len im Umfange betragen. Der vorgedachte Pic liegt, unſeren Beobachtun- gen nach, in 16°. 25′. Suͤdlicher Breite, 168°. 30′. Oeſtlicher Laͤnge. Suͤdwaͤrts von dieſem hohen Berge trifft man die Inſel Apih. Sie iſt groß, bergigt, und mit Ambrrym von gleichem Umfang, nemlich ohngefaͤhr 7 Mei- len lang. Der mittlere Theil derſelben liegt in 16°. 42′ Suͤdlicher Breite und 168°. 36′. Oeſtlicher Laͤnge. Der Rauch den wir von allen dieſen Eylanden haͤufig emporſteigen ſahen, brachte uns auf die Vermuthung, daß die Einwohner ihre Speiſen, an einem Feuer in freyer Luft zubereiten muͤßten, denn auf den Societaͤts- und freundſchaftlichen Inſeln, wo alle Lebensmittel unter der Erde, vermittelſt durchgehitzter Steine gar gemacht werden, hatten wir ſelten Rauch oder Feuer wahrgenommen. Die Mahlzeit von friſchen Fiſchen, daran ſich unſre ſaͤmmtliche Mannſchaft heut etwas zu Gute gethan, haͤtte einigen beynahe den Tod zuwege gebracht. Alle Lieutenants nebſt ihren Tiſchgenoſſen, imgleichen ein Unter-Pilote (mate) unter- ſchiedne Cadetten, und der Schiffs-Zimmermann hatten zween rothe See-Brach- ſen (Sparus erythrinus) mit einander verzehrt. Allein, wenige Stunden nach- her, zeigten ſich die heftigſten Symptomen einer Vergiftung. Das Uebel, was

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/202
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/202>, abgerufen am 09.05.2024.