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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

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Forster's Reise um die Welt
1774.
Julius.
sre Leute zeigten diese Frucht den Indianern, welche ihnen gleich den Namen der-
selben anzugeben wußten. Auf den freundschaftlichen Inseln hatten wir Pom-
pelmuße
(Shaddocks) gefunden, Orangen aber bisher noch in keiner Südsee-
Insel
. Der Capitain ließ das Boot ohngefähr zwo Meilen weit in den Haven
hinaufrudern; am innersten Ende war der Strand mit Mangle-Bäumen be-
setzt, frisches Wasser aber nirgends anzutreffen, ohnerachtet es wahrscheinlich ist,
daß zwischen diesen Manglebäumen ein Strom aus dem Lande nach der See her-
abläuft. Entdecken konnte man ihn nur deshalb nicht, weil es platter-
dings unmöglich war, einen Weg durch diese Art von Bäumen zu finden, de-
ren niederhangende Aeste überall neue Wurzeln schlagen, und auf solche Art
zu neuen Stämmen werden, ohne sich von dem Mutterstamm zu trennen. Bey
der bis auf den Abend anhaltenden Hitze dieses Tages, kamen unsre Leute
äußerst ermüdet an Bord zurück; unterwegens hörten sie trommeln, und sa-
hen die Indianer bey ihren Feuern auf dem Strande dazu tanzen. Diese Music,
so wie diejenige, welche wir in der vorigen Nacht gehört, war eben nicht wohl-
klingend, auch nicht abwechselnd; dagegen schien sie lebhafter zu seyn, als auf
den freundschaftlichen Inseln.

Des Nachts versuchten es unsre Leute zu fischen, und zwar mit ziemlichen
Glück. Unter andern war uns ein neun Fuß langer Hay sehr willkommen, weil wir
von frischen Lebensmitteln nichts als noch einige wenige Yams übrig hatten, die
statt Brodtes gegessen wurden. Ein zweyter Matrose hatte einen indianischen
Saugefisch
(echeneis naucrates) von beynahe zween Fuß, und ein dritter,
zween große rothe See-Brachsen gefangen, die von der Art zu seyn schienen,
welche Linne Sparus erythrinus nennet. Mit einem dieser Fische bewir-
thete der Matrose seine Tisch-Cameraden, den andern schenkte er den Lieute-
nants. Der Capitain bekam einen Theil des Hayes, womit wir uns am
folgenden Tag etwas zu Gute thaten. Unsre ganze Mannschaft hatte durch
diesen Fang einmahl etwas frisches zu essen bekommen. Das Fleisch der Hay-
Fische ist zwar eben kein Leckerbissen, doch wars immer besser, als unser gewöhn-
liches Pökelfleisch, und die Noth lehrte uns, es schmackhaft zu finden. Macht
doch dieser strenge Zuchtmeister dem Grönländer seinen Wallfisch Speck und dem
Hottentotten die unreinlich ekelhaften Caldaunen zu einer wohlschmeckenden Speise.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1774.
Julius.
ſre Leute zeigten dieſe Frucht den Indianern, welche ihnen gleich den Namen der-
ſelben anzugeben wußten. Auf den freundſchaftlichen Inſeln hatten wir Pom-
pelmuße
(Shaddocks) gefunden, Orangen aber bisher noch in keiner Suͤdſee-
Inſel
. Der Capitain ließ das Boot ohngefaͤhr zwo Meilen weit in den Haven
hinaufrudern; am innerſten Ende war der Strand mit Mangle-Baͤumen be-
ſetzt, friſches Waſſer aber nirgends anzutreffen, ohnerachtet es wahrſcheinlich iſt,
daß zwiſchen dieſen Manglebaͤumen ein Strom aus dem Lande nach der See her-
ablaͤuft. Entdecken konnte man ihn nur deshalb nicht, weil es platter-
dings unmoͤglich war, einen Weg durch dieſe Art von Baͤumen zu finden, de-
ren niederhangende Aeſte uͤberall neue Wurzeln ſchlagen, und auf ſolche Art
zu neuen Staͤmmen werden, ohne ſich von dem Mutterſtamm zu trennen. Bey
der bis auf den Abend anhaltenden Hitze dieſes Tages, kamen unſre Leute
aͤußerſt ermuͤdet an Bord zuruͤck; unterwegens hoͤrten ſie trommeln, und ſa-
hen die Indianer bey ihren Feuern auf dem Strande dazu tanzen. Dieſe Muſic,
ſo wie diejenige, welche wir in der vorigen Nacht gehoͤrt, war eben nicht wohl-
klingend, auch nicht abwechſelnd; dagegen ſchien ſie lebhafter zu ſeyn, als auf
den freundſchaftlichen Inſeln.

Des Nachts verſuchten es unſre Leute zu fiſchen, und zwar mit ziemlichen
Gluͤck. Unter andern war uns ein neun Fuß langer Hay ſehr willkommen, weil wir
von friſchen Lebensmitteln nichts als noch einige wenige Yams uͤbrig hatten, die
ſtatt Brodtes gegeſſen wurden. Ein zweyter Matroſe hatte einen indianiſchen
Saugefiſch
(echeneis naucrates) von beynahe zween Fuß, und ein dritter,
zween große rothe See-Brachſen gefangen, die von der Art zu ſeyn ſchienen,
welche Linné Sparus erythrinus nennet. Mit einem dieſer Fiſche bewir-
thete der Matroſe ſeine Tiſch-Cameraden, den andern ſchenkte er den Lieute-
nants. Der Capitain bekam einen Theil des Hayes, womit wir uns am
folgenden Tag etwas zu Gute thaten. Unſre ganze Mannſchaft hatte durch
dieſen Fang einmahl etwas friſches zu eſſen bekommen. Das Fleiſch der Hay-
Fiſche iſt zwar eben kein Leckerbiſſen, doch wars immer beſſer, als unſer gewoͤhn-
liches Poͤkelfleiſch, und die Noth lehrte uns, es ſchmackhaft zu finden. Macht
doch dieſer ſtrenge Zuchtmeiſter dem Groͤnlaͤnder ſeinen Wallfiſch Speck und dem
Hottentotten die unreinlich ekelhaften Caldaunen zu einer wohlſchmeckenden Speiſe.

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[178/0192] Forſter’s Reiſe um die Welt ſre Leute zeigten dieſe Frucht den Indianern, welche ihnen gleich den Namen der- ſelben anzugeben wußten. Auf den freundſchaftlichen Inſeln hatten wir Pom- pelmuße (Shaddocks) gefunden, Orangen aber bisher noch in keiner Suͤdſee- Inſel. Der Capitain ließ das Boot ohngefaͤhr zwo Meilen weit in den Haven hinaufrudern; am innerſten Ende war der Strand mit Mangle-Baͤumen be- ſetzt, friſches Waſſer aber nirgends anzutreffen, ohnerachtet es wahrſcheinlich iſt, daß zwiſchen dieſen Manglebaͤumen ein Strom aus dem Lande nach der See her- ablaͤuft. Entdecken konnte man ihn nur deshalb nicht, weil es platter- dings unmoͤglich war, einen Weg durch dieſe Art von Baͤumen zu finden, de- ren niederhangende Aeſte uͤberall neue Wurzeln ſchlagen, und auf ſolche Art zu neuen Staͤmmen werden, ohne ſich von dem Mutterſtamm zu trennen. Bey der bis auf den Abend anhaltenden Hitze dieſes Tages, kamen unſre Leute aͤußerſt ermuͤdet an Bord zuruͤck; unterwegens hoͤrten ſie trommeln, und ſa- hen die Indianer bey ihren Feuern auf dem Strande dazu tanzen. Dieſe Muſic, ſo wie diejenige, welche wir in der vorigen Nacht gehoͤrt, war eben nicht wohl- klingend, auch nicht abwechſelnd; dagegen ſchien ſie lebhafter zu ſeyn, als auf den freundſchaftlichen Inſeln. 1774. Julius. Des Nachts verſuchten es unſre Leute zu fiſchen, und zwar mit ziemlichen Gluͤck. Unter andern war uns ein neun Fuß langer Hay ſehr willkommen, weil wir von friſchen Lebensmitteln nichts als noch einige wenige Yams uͤbrig hatten, die ſtatt Brodtes gegeſſen wurden. Ein zweyter Matroſe hatte einen indianiſchen Saugefiſch (echeneis naucrates) von beynahe zween Fuß, und ein dritter, zween große rothe See-Brachſen gefangen, die von der Art zu ſeyn ſchienen, welche Linné Sparus erythrinus nennet. Mit einem dieſer Fiſche bewir- thete der Matroſe ſeine Tiſch-Cameraden, den andern ſchenkte er den Lieute- nants. Der Capitain bekam einen Theil des Hayes, womit wir uns am folgenden Tag etwas zu Gute thaten. Unſre ganze Mannſchaft hatte durch dieſen Fang einmahl etwas friſches zu eſſen bekommen. Das Fleiſch der Hay- Fiſche iſt zwar eben kein Leckerbiſſen, doch wars immer beſſer, als unſer gewoͤhn- liches Poͤkelfleiſch, und die Noth lehrte uns, es ſchmackhaft zu finden. Macht doch dieſer ſtrenge Zuchtmeiſter dem Groͤnlaͤnder ſeinen Wallfiſch Speck und dem Hottentotten die unreinlich ekelhaften Caldaunen zu einer wohlſchmeckenden Speiſe.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/192>, abgerufen am 23.11.2024.