Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

in den Jahren 1772 bis 1775.
fe ab, und so bald die Indianer dies gewahr wurden, stäubten sie eilfertigst1774.
Junius.

auseinander. Nur seine großmüthige Beschützerin und ein alter Mann, ihr
Vater, blieben unbekümmert und unbesorgt, in völligem Bewußtseyn ihres
guten rechtschaffnen Betragens, bey ihm sitzen. Sie fragte nach seinem Na-
men, und als er sich, dem tahitischen Dialekt gemäß, Patini genannt hatte;
so versprach sie ihm, diesen Namen künftig zu führen, veränderte ihn aber in
Patsini. Beym Abschiede beschenkte er sie und ihren Vater mit allerhand Klei-
nigkeiten, die er von den Matrosen zusammen borgte, und damit kehrten die
beyden guten Leute höchstvergnügt nach ihrer Heimath zurück. Herr Patton
stattete bey seiner Rückkunft dem Capitain Cook sogleich Bericht ab, was
ihm, in Ermangelung gehörigen Beystandes, begegnet war; er bekam aber
keinen andern Bescheid, als diesen, es sey ihm ganz Recht geschehen, daß
er sein Gewehr eingebüßt habe; er hätte den Eingebohrnen nicht trauen,
sondern vorsichtiger seyn sollen. Gleichwohl bestand seine ganze Unvorsich-
tigkeit darinn, daß er sich auf der Jagd etwas verspätet hatte, und das
war manchem andern von uns mehr als einmal begegnet, ohne daß etwas
darüber gesagt worden wäre. Den Nachmittag giengen wir verschiedent-
lich am Ufer spatzieren. Mein Vater aber streifte in Begleitung eines einzigen
Matrosen überall im Lande herum, ohne von den Indianern im geringsten belä-
stigt zu werden, und kam am Abend mit einer Menge neuer Pflanzen zurück.
Es entstand auch sonst keine Klage mehr gegen die Einwohner, ausgenommen, daß
sie einige kleine Diebereyen verübt hatten, worinn sie eben so geschickt waren,
als ihre Brüder auf Tongatabu und auf den Societäts-Inseln.

Am folgenden Morgen früh entdeckten wir in Nordwest einige Inseln,
die wegen des nebligten Wetters bisher nicht zu sehen gewesen waren. Die
beyden westlichsten schienen bergigt und spitz; die dritte aber, dem Umfange
nach, am größten zu seyn. Von dieser letztern stieg ein dicker Dampf em-
por; und während der vergangnen Nacht hatten wir in eben derselben Ge-
gend ein Feuer bemerkt. Die Indianer berichteten uns, dies Feuer sey be-
ständig zu sehen; wir vermutheten also, daß es von einem Volcan herrühren
müsse. Sie nannten dies Eyland Tofua *) und die dabey liegende Insel mit

*) Tasman nennt es Ama-Tofoa. Ama oder Kama bedeutet vermuthlich einen Berg.

in den Jahren 1772 bis 1775.
fe ab, und ſo bald die Indianer dies gewahr wurden, ſtaͤubten ſie eilfertigſt1774.
Junius.

auseinander. Nur ſeine großmuͤthige Beſchuͤtzerin und ein alter Mann, ihr
Vater, blieben unbekuͤmmert und unbeſorgt, in voͤlligem Bewußtſeyn ihres
guten rechtſchaffnen Betragens, bey ihm ſitzen. Sie fragte nach ſeinem Na-
men, und als er ſich, dem tahitiſchen Dialekt gemaͤß, Patini genannt hatte;
ſo verſprach ſie ihm, dieſen Namen kuͤnftig zu fuͤhren, veraͤnderte ihn aber in
Patſini. Beym Abſchiede beſchenkte er ſie und ihren Vater mit allerhand Klei-
nigkeiten, die er von den Matroſen zuſammen borgte, und damit kehrten die
beyden guten Leute hoͤchſtvergnuͤgt nach ihrer Heimath zuruͤck. Herr Patton
ſtattete bey ſeiner Ruͤckkunft dem Capitain Cook ſogleich Bericht ab, was
ihm, in Ermangelung gehoͤrigen Beyſtandes, begegnet war; er bekam aber
keinen andern Beſcheid, als dieſen, es ſey ihm ganz Recht geſchehen, daß
er ſein Gewehr eingebuͤßt habe; er haͤtte den Eingebohrnen nicht trauen,
ſondern vorſichtiger ſeyn ſollen. Gleichwohl beſtand ſeine ganze Unvorſich-
tigkeit darinn, daß er ſich auf der Jagd etwas verſpaͤtet hatte, und das
war manchem andern von uns mehr als einmal begegnet, ohne daß etwas
daruͤber geſagt worden waͤre. Den Nachmittag giengen wir verſchiedent-
lich am Ufer ſpatzieren. Mein Vater aber ſtreifte in Begleitung eines einzigen
Matroſen uͤberall im Lande herum, ohne von den Indianern im geringſten belaͤ-
ſtigt zu werden, und kam am Abend mit einer Menge neuer Pflanzen zuruͤck.
Es entſtand auch ſonſt keine Klage mehr gegen die Einwohner, ausgenommen, daß
ſie einige kleine Diebereyen veruͤbt hatten, worinn ſie eben ſo geſchickt waren,
als ihre Bruͤder auf Tongatabu und auf den Societaͤts-Inſeln.

Am folgenden Morgen fruͤh entdeckten wir in Nordweſt einige Inſeln,
die wegen des nebligten Wetters bisher nicht zu ſehen geweſen waren. Die
beyden weſtlichſten ſchienen bergigt und ſpitz; die dritte aber, dem Umfange
nach, am groͤßten zu ſeyn. Von dieſer letztern ſtieg ein dicker Dampf em-
por; und waͤhrend der vergangnen Nacht hatten wir in eben derſelben Ge-
gend ein Feuer bemerkt. Die Indianer berichteten uns, dies Feuer ſey be-
ſtaͤndig zu ſehen; wir vermutheten alſo, daß es von einem Volcan herruͤhren
muͤſſe. Sie nannten dies Eyland Tofua *) und die dabey liegende Inſel mit

*) Tasman nennt es Ama-Tofoa. Ama oder Kama bedeutet vermuthlich einen Berg.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0155" n="143"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">in den Jahren 1772 bis 1775.</hi></fw><lb/>
fe ab, und &#x017F;o bald die Indianer dies gewahr wurden, &#x017F;ta&#x0364;ubten &#x017F;ie eilfertig&#x017F;t<note place="right">1774.<lb/>
Junius.</note><lb/>
auseinander. Nur &#x017F;eine großmu&#x0364;thige Be&#x017F;chu&#x0364;tzerin und ein alter Mann, ihr<lb/>
Vater, blieben unbeku&#x0364;mmert und unbe&#x017F;orgt, in vo&#x0364;lligem Bewußt&#x017F;eyn ihres<lb/>
guten recht&#x017F;chaffnen Betragens, bey ihm &#x017F;itzen. Sie fragte nach &#x017F;einem Na-<lb/>
men, und als er &#x017F;ich, dem tahiti&#x017F;chen Dialekt gema&#x0364;ß, <hi rendition="#fr"><persName>Patini</persName></hi> genannt hatte;<lb/>
&#x017F;o ver&#x017F;prach &#x017F;ie ihm, die&#x017F;en Namen ku&#x0364;nftig zu fu&#x0364;hren, vera&#x0364;nderte ihn aber in<lb/><hi rendition="#fr"><persName>Pat&#x017F;ini</persName></hi>. Beym Ab&#x017F;chiede be&#x017F;chenkte er &#x017F;ie und ihren Vater mit allerhand Klei-<lb/>
nigkeiten, die er von den Matro&#x017F;en zu&#x017F;ammen borgte, und damit kehrten die<lb/>
beyden guten Leute ho&#x0364;ch&#x017F;tvergnu&#x0364;gt nach ihrer Heimath zuru&#x0364;ck. Herr <hi rendition="#fr"><persName>Patton</persName></hi><lb/>
&#x017F;tattete bey &#x017F;einer Ru&#x0364;ckkunft dem Capitain <hi rendition="#fr"><persName>Cook</persName></hi> &#x017F;ogleich Bericht ab, was<lb/>
ihm, in Ermangelung geho&#x0364;rigen Bey&#x017F;tandes, begegnet war; er bekam aber<lb/>
keinen andern Be&#x017F;cheid, als die&#x017F;en, es &#x017F;ey ihm ganz Recht ge&#x017F;chehen, daß<lb/>
er &#x017F;ein Gewehr eingebu&#x0364;ßt habe; er ha&#x0364;tte den Eingebohrnen nicht trauen,<lb/>
&#x017F;ondern vor&#x017F;ichtiger &#x017F;eyn &#x017F;ollen. Gleichwohl be&#x017F;tand &#x017F;eine ganze Unvor&#x017F;ich-<lb/>
tigkeit darinn, daß er &#x017F;ich auf der Jagd etwas ver&#x017F;pa&#x0364;tet hatte, und das<lb/>
war manchem andern von uns mehr als einmal begegnet, ohne daß etwas<lb/>
daru&#x0364;ber ge&#x017F;agt worden wa&#x0364;re. Den Nachmittag giengen wir ver&#x017F;chiedent-<lb/>
lich am Ufer &#x017F;patzieren. Mein Vater aber &#x017F;treifte in Begleitung eines einzigen<lb/>
Matro&#x017F;en u&#x0364;berall im Lande herum, ohne von den Indianern im gering&#x017F;ten bela&#x0364;-<lb/>
&#x017F;tigt zu werden, und kam am Abend mit einer Menge neuer Pflanzen zuru&#x0364;ck.<lb/>
Es ent&#x017F;tand auch &#x017F;on&#x017F;t keine Klage mehr gegen die Einwohner, ausgenommen, daß<lb/>
&#x017F;ie einige kleine Diebereyen veru&#x0364;bt hatten, worinn &#x017F;ie eben &#x017F;o ge&#x017F;chickt waren,<lb/>
als ihre Bru&#x0364;der auf <hi rendition="#fr"><placeName>Tongatabu</placeName></hi> und auf den <placeName>Societa&#x0364;ts-In&#x017F;eln</placeName>.</p><lb/>
        <p>Am folgenden Morgen fru&#x0364;h entdeckten wir in Nordwe&#x017F;t einige In&#x017F;eln,<lb/>
die wegen des nebligten Wetters bisher nicht zu &#x017F;ehen gewe&#x017F;en waren. Die<lb/>
beyden we&#x017F;tlich&#x017F;ten &#x017F;chienen bergigt und &#x017F;pitz; die dritte aber, dem Umfange<lb/>
nach, am gro&#x0364;ßten zu &#x017F;eyn. Von die&#x017F;er letztern &#x017F;tieg ein dicker Dampf em-<lb/>
por; und wa&#x0364;hrend der vergangnen Nacht hatten wir in eben der&#x017F;elben Ge-<lb/>
gend ein Feuer bemerkt. Die Indianer berichteten uns, dies Feuer &#x017F;ey be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndig zu &#x017F;ehen; wir vermutheten al&#x017F;o, daß es von einem Volcan herru&#x0364;hren<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Sie nannten dies Eyland <hi rendition="#fr"><placeName>Tofua</placeName></hi> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#fr"><persName>Tasman</persName></hi> nennt es <hi rendition="#fr"><placeName>Ama-Tofoa</placeName>. Ama</hi> oder <hi rendition="#fr">Kama</hi> bedeutet vermuthlich einen Berg.</note> und die dabey liegende In&#x017F;el mit<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[143/0155] in den Jahren 1772 bis 1775. fe ab, und ſo bald die Indianer dies gewahr wurden, ſtaͤubten ſie eilfertigſt auseinander. Nur ſeine großmuͤthige Beſchuͤtzerin und ein alter Mann, ihr Vater, blieben unbekuͤmmert und unbeſorgt, in voͤlligem Bewußtſeyn ihres guten rechtſchaffnen Betragens, bey ihm ſitzen. Sie fragte nach ſeinem Na- men, und als er ſich, dem tahitiſchen Dialekt gemaͤß, Patini genannt hatte; ſo verſprach ſie ihm, dieſen Namen kuͤnftig zu fuͤhren, veraͤnderte ihn aber in Patſini. Beym Abſchiede beſchenkte er ſie und ihren Vater mit allerhand Klei- nigkeiten, die er von den Matroſen zuſammen borgte, und damit kehrten die beyden guten Leute hoͤchſtvergnuͤgt nach ihrer Heimath zuruͤck. Herr Patton ſtattete bey ſeiner Ruͤckkunft dem Capitain Cook ſogleich Bericht ab, was ihm, in Ermangelung gehoͤrigen Beyſtandes, begegnet war; er bekam aber keinen andern Beſcheid, als dieſen, es ſey ihm ganz Recht geſchehen, daß er ſein Gewehr eingebuͤßt habe; er haͤtte den Eingebohrnen nicht trauen, ſondern vorſichtiger ſeyn ſollen. Gleichwohl beſtand ſeine ganze Unvorſich- tigkeit darinn, daß er ſich auf der Jagd etwas verſpaͤtet hatte, und das war manchem andern von uns mehr als einmal begegnet, ohne daß etwas daruͤber geſagt worden waͤre. Den Nachmittag giengen wir verſchiedent- lich am Ufer ſpatzieren. Mein Vater aber ſtreifte in Begleitung eines einzigen Matroſen uͤberall im Lande herum, ohne von den Indianern im geringſten belaͤ- ſtigt zu werden, und kam am Abend mit einer Menge neuer Pflanzen zuruͤck. Es entſtand auch ſonſt keine Klage mehr gegen die Einwohner, ausgenommen, daß ſie einige kleine Diebereyen veruͤbt hatten, worinn ſie eben ſo geſchickt waren, als ihre Bruͤder auf Tongatabu und auf den Societaͤts-Inſeln. 1774. Junius. Am folgenden Morgen fruͤh entdeckten wir in Nordweſt einige Inſeln, die wegen des nebligten Wetters bisher nicht zu ſehen geweſen waren. Die beyden weſtlichſten ſchienen bergigt und ſpitz; die dritte aber, dem Umfange nach, am groͤßten zu ſeyn. Von dieſer letztern ſtieg ein dicker Dampf em- por; und waͤhrend der vergangnen Nacht hatten wir in eben derſelben Ge- gend ein Feuer bemerkt. Die Indianer berichteten uns, dies Feuer ſey be- ſtaͤndig zu ſehen; wir vermutheten alſo, daß es von einem Volcan herruͤhren muͤſſe. Sie nannten dies Eyland Tofua *) und die dabey liegende Inſel mit *) Tasman nennt es Ama-Tofoa. Ama oder Kama bedeutet vermuthlich einen Berg.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/155
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/155>, abgerufen am 27.11.2024.