Daß übrigens die tahitische Göttin des Mondes nicht die keusche Diana der Alten, sondern vielmehr die phönicische Astarte seyn müsse, werden meine Leser wohl nicht in Abrede seyn. Die Sterne sind durch eine Göttin hervorge- bracht, welche Tetu-matarau genannt wird, und die Winde stehen unter der Bothmäßigkeit des Gottes Orri-Orri.
Außer diesen größern Gottheiten haben sie noch eine ansehnliche Menge von geringerem Range. Einige derselben sollen Unheil stiften und Leute im Schlafe tödten. Diese werden bey den vornehmsten Marais, oder steinernen Denkmä- lern, öffentlich durch den Tahowa-rahai, oder den Hohenpriester der Insel ver- ehret. An die wohlthätigen Götter richtet man Gebethe, die aber nicht laut ausgesprochen, sondern bloß durch die Bewegung der Lippen angedeutet werden. Der Priester sieht dabey gen Himmel, und man glaubt, der Eatua oder Gott komme zu ihm herab und rede mit ihm, bleibe aber dem Volk unsichtbar, und werde nur ganz allein von dem Priester gehört und verstanden. Dies ist ein deutlicher Beweis von Pfaffenlist, deren großer Endzweck überall darauf hinaus lief, die Religion in Geheimnisse zu hüllen. Daher liegt auch meines Erachtens, der deutlichste Beweis von dem wahrhaft göttlichen Ursprunge der christlichen Religion darinn, daß sie in diesem Punkt gerade das Widerspiel aller übrigen Religionen ist, in so fern sie alle betrügerische Menschensatzungen ver- wirft und dem Verstande freye Prüfung gestattet. Ihre ursprüngliche Reinigkeit verträgt sich nicht mit absichtvollen Zierrathen, und sie ist nicht in Geheimnisse ge- hüllt, die gemeiniglich nur zu Begünstigung gewisser Dunkelheiten dienen müssen, sondern sie läßt vielmehr aus eigner innerer Kraft ein reines, beständiges Licht um sich her leuchten. Die ächten, würdigen Diener derselben, haben uns auch zu allen Zeiten versichert und bewiesen, daß ihnen keine besondre eigenthümliche Wissenschaft mitgetheilt wäre, sondern daß allen denen, die vor dem Herrn die Knie beugen, ohne Unterschied, ein gleiches Maaß von Erkenntniß freystehe, weil alle ihn kennen sollen, vom Größten bis zum Geringsten. EbräerVIII. 11.
Die
Forſter’s Reiſe um die Welt
1774. Junius.
Te-Uwa no te malama Te-Uwa te hinàrro.
Das iſt:
Das Woͤlkchen in dem Monde Das Woͤlkchen liebe ich!
Daß uͤbrigens die tahitiſche Goͤttin des Mondes nicht die keuſche Diana der Alten, ſondern vielmehr die phoͤniciſche Aſtarte ſeyn muͤſſe, werden meine Leſer wohl nicht in Abrede ſeyn. Die Sterne ſind durch eine Goͤttin hervorge- bracht, welche Tetu-matarau genannt wird, und die Winde ſtehen unter der Bothmaͤßigkeit des Gottes Orri-Orri.
Außer dieſen groͤßern Gottheiten haben ſie noch eine anſehnliche Menge von geringerem Range. Einige derſelben ſollen Unheil ſtiften und Leute im Schlafe toͤdten. Dieſe werden bey den vornehmſten Marais, oder ſteinernen Denkmaͤ- lern, oͤffentlich durch den Tahowa-rahai, oder den Hohenprieſter der Inſel ver- ehret. An die wohlthaͤtigen Goͤtter richtet man Gebethe, die aber nicht laut ausgeſprochen, ſondern bloß durch die Bewegung der Lippen angedeutet werden. Der Prieſter ſieht dabey gen Himmel, und man glaubt, der Eatua oder Gott komme zu ihm herab und rede mit ihm, bleibe aber dem Volk unſichtbar, und werde nur ganz allein von dem Prieſter gehoͤrt und verſtanden. Dies iſt ein deutlicher Beweis von Pfaffenliſt, deren großer Endzweck uͤberall darauf hinaus lief, die Religion in Geheimniſſe zu huͤllen. Daher liegt auch meines Erachtens, der deutlichſte Beweis von dem wahrhaft goͤttlichen Urſprunge der chriſtlichen Religion darinn, daß ſie in dieſem Punkt gerade das Widerſpiel aller uͤbrigen Religionen iſt, in ſo fern ſie alle betruͤgeriſche Menſchenſatzungen ver- wirft und dem Verſtande freye Pruͤfung geſtattet. Ihre urſpruͤngliche Reinigkeit vertraͤgt ſich nicht mit abſichtvollen Zierrathen, und ſie iſt nicht in Geheimniſſe ge- huͤllt, die gemeiniglich nur zu Beguͤnſtigung gewiſſer Dunkelheiten dienen muͤſſen, ſondern ſie laͤßt vielmehr aus eigner innerer Kraft ein reines, beſtaͤndiges Licht um ſich her leuchten. Die aͤchten, wuͤrdigen Diener derſelben, haben uns auch zu allen Zeiten verſichert und bewieſen, daß ihnen keine beſondre eigenthuͤmliche Wiſſenſchaft mitgetheilt waͤre, ſondern daß allen denen, die vor dem Herrn die Knie beugen, ohne Unterſchied, ein gleiches Maaß von Erkenntniß freyſtehe, weil alle ihn kennen ſollen, vom Groͤßten bis zum Geringſten. EbraͤerVIII. 11.
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Forſter’s Reiſe um die Welt
Te-Uwa no te malama
Te-Uwa te hinàrro.
Das iſt:
Das Woͤlkchen in dem Monde
Das Woͤlkchen liebe ich!
Daß uͤbrigens die tahitiſche Goͤttin des Mondes nicht die keuſche Diana der
Alten, ſondern vielmehr die phoͤniciſche Aſtarte ſeyn muͤſſe, werden meine
Leſer wohl nicht in Abrede ſeyn. Die Sterne ſind durch eine Goͤttin hervorge-
bracht, welche Tetu-matarau genannt wird, und die Winde ſtehen unter der
Bothmaͤßigkeit des Gottes Orri-Orri.
Außer dieſen groͤßern Gottheiten haben ſie noch eine anſehnliche Menge von
geringerem Range. Einige derſelben ſollen Unheil ſtiften und Leute im Schlafe
toͤdten. Dieſe werden bey den vornehmſten Marais, oder ſteinernen Denkmaͤ-
lern, oͤffentlich durch den Tahowa-rahai, oder den Hohenprieſter der Inſel ver-
ehret. An die wohlthaͤtigen Goͤtter richtet man Gebethe, die aber nicht laut
ausgeſprochen, ſondern bloß durch die Bewegung der Lippen angedeutet werden.
Der Prieſter ſieht dabey gen Himmel, und man glaubt, der Eatua oder Gott
komme zu ihm herab und rede mit ihm, bleibe aber dem Volk unſichtbar, und
werde nur ganz allein von dem Prieſter gehoͤrt und verſtanden. Dies iſt
ein deutlicher Beweis von Pfaffenliſt, deren großer Endzweck uͤberall darauf
hinaus lief, die Religion in Geheimniſſe zu huͤllen. Daher liegt auch meines
Erachtens, der deutlichſte Beweis von dem wahrhaft goͤttlichen Urſprunge der
chriſtlichen Religion darinn, daß ſie in dieſem Punkt gerade das Widerſpiel aller
uͤbrigen Religionen iſt, in ſo fern ſie alle betruͤgeriſche Menſchenſatzungen ver-
wirft und dem Verſtande freye Pruͤfung geſtattet. Ihre urſpruͤngliche Reinigkeit
vertraͤgt ſich nicht mit abſichtvollen Zierrathen, und ſie iſt nicht in Geheimniſſe ge-
huͤllt, die gemeiniglich nur zu Beguͤnſtigung gewiſſer Dunkelheiten dienen muͤſſen,
ſondern ſie laͤßt vielmehr aus eigner innerer Kraft ein reines, beſtaͤndiges Licht um
ſich her leuchten. Die aͤchten, wuͤrdigen Diener derſelben, haben uns auch
zu allen Zeiten verſichert und bewieſen, daß ihnen keine beſondre eigenthuͤmliche
Wiſſenſchaft mitgetheilt waͤre, ſondern daß allen denen, die vor dem Herrn
die Knie beugen, ohne Unterſchied, ein gleiches Maaß von Erkenntniß
freyſtehe, weil alle ihn kennen ſollen, vom Groͤßten bis zum Geringſten.
Ebraͤer VIII. 11.
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 2. Berlin, 1780, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise02_1780/132>, abgerufen am 26.11.2024.
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