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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Pfaffen, und durch die Nachläßigkeit der portugiesischen Regierung, ist dies Volk1772.
August.

würklich in fast noch elendern Umständen, als selbst die schwarzen Völkerschaf-
ten in Africa sind, und eben jene Hindernisse werden es auch in der Folge stets
abhalten, sich auszubreiten und zu vermehren, worinn doch der wahre Reich-
thum eines Landes besteht. Es ist natürlich, daß die Bewohner des heißen Erd-
strichs eine Neigung zur Faulheit haben; aber darinn werden sie bestärkt und
müssen nothwendigerweise gegen jede, mit Mühe verknüpfte, Verbesserung ihres
Zustandes gleichgültig werden, wenn sie zum voraus wissen, daß alle dahin ge-
richtete Versuche sie nur noch geplagter und unglücklicher machen. Mit
düsterer Fühllosigkeit überlassen sie sich daher der Betteley, als dem ein-
zigen Zustande, der sie gegen die gierigen Klauen ihrer tyrannischen Herren schü-
tzen kann. Und warum sollten sie auch wohl auf Kosten ihrer Ruhe und ihres
Schlafs, dieser einzigen Erquickung in ihren Beschwerden, arbeiten? da sie wis-
sen, daß der Lohn dafür nicht ihnen zu gute kommen, sondern bloß den Reichthum
anderer vermehren werde.

Trübe Aussichten, die nicht einmal Hofnung zum Glück zeigen, sind
wahrlich keine Anlockungen zum heyrathen, und die Schwürigkeiten, auch
einen nur kärglichen Unterhalt zu finden, sind eben so viel hinreichen-
de Gründe den Haus- und Familien-Sorgen aus dem Wege zu gehn.
Hiezu kommt noch, daß die Fruchtbarkeit und der Ertrag des dürren Erdreichs,
lediglich davon abhängt, daß zu gewissen Zeiten des Jahres das erforderliche
Regenwetter richtig einfalle; bleibt nun dieses unglücklicherweise auch nur im ge-
ringsten aus, so muß auf Feld und Wiesen alles verdorren und verbrennen und
die Hungersnoth ist unvermeidlich. Es läßt sich daher begreifen und annehmen,
daß dergleichen Unglücksfälle die Einwohner ebenfalls abschrecken, dem Vergnügen
der ehelichen Verbindung nachzuhängen, weil sie besorgen müssen, daß Elend
und Sclaverey das Loos ihrer unglücklichen Kinder seyn werde *)


*) Als wir im Jahr 1775. auf unserer Rückkehr nach England wieder an das Vorgebürge
der guten Hofnung
kamen, erzählte man uns, daß diese Inseln in den beyden vor-
hergehenden Jahren von einer allgemeinen Hungersnoth betroffen worden wären. Hun-
derte der Einwohner waren damals Hungers gestorben, und der Capitain eines hollän-
D 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
Pfaffen, und durch die Nachlaͤßigkeit der portugieſiſchen Regierung, iſt dies Volk1772.
Auguſt.

wuͤrklich in faſt noch elendern Umſtaͤnden, als ſelbſt die ſchwarzen Voͤlkerſchaf-
ten in Africa ſind, und eben jene Hinderniſſe werden es auch in der Folge ſtets
abhalten, ſich auszubreiten und zu vermehren, worinn doch der wahre Reich-
thum eines Landes beſteht. Es iſt natuͤrlich, daß die Bewohner des heißen Erd-
ſtrichs eine Neigung zur Faulheit haben; aber darinn werden ſie beſtaͤrkt und
muͤſſen nothwendigerweiſe gegen jede, mit Muͤhe verknuͤpfte, Verbeſſerung ihres
Zuſtandes gleichguͤltig werden, wenn ſie zum voraus wiſſen, daß alle dahin ge-
richtete Verſuche ſie nur noch geplagter und ungluͤcklicher machen. Mit
duͤſterer Fuͤhlloſigkeit uͤberlaſſen ſie ſich daher der Betteley, als dem ein-
zigen Zuſtande, der ſie gegen die gierigen Klauen ihrer tyranniſchen Herren ſchuͤ-
tzen kann. Und warum ſollten ſie auch wohl auf Koſten ihrer Ruhe und ihres
Schlafs, dieſer einzigen Erquickung in ihren Beſchwerden, arbeiten? da ſie wiſ-
ſen, daß der Lohn dafuͤr nicht ihnen zu gute kommen, ſondern bloß den Reichthum
anderer vermehren werde.

Truͤbe Ausſichten, die nicht einmal Hofnung zum Gluͤck zeigen, ſind
wahrlich keine Anlockungen zum heyrathen, und die Schwuͤrigkeiten, auch
einen nur kaͤrglichen Unterhalt zu finden, ſind eben ſo viel hinreichen-
de Gruͤnde den Haus- und Familien-Sorgen aus dem Wege zu gehn.
Hiezu kommt noch, daß die Fruchtbarkeit und der Ertrag des duͤrren Erdreichs,
lediglich davon abhaͤngt, daß zu gewiſſen Zeiten des Jahres das erforderliche
Regenwetter richtig einfalle; bleibt nun dieſes ungluͤcklicherweiſe auch nur im ge-
ringſten aus, ſo muß auf Feld und Wieſen alles verdorren und verbrennen und
die Hungersnoth iſt unvermeidlich. Es laͤßt ſich daher begreifen und annehmen,
daß dergleichen Ungluͤcksfaͤlle die Einwohner ebenfalls abſchrecken, dem Vergnuͤgen
der ehelichen Verbindung nachzuhaͤngen, weil ſie beſorgen muͤſſen, daß Elend
und Sclaverey das Loos ihrer ungluͤcklichen Kinder ſeyn werde *)


*) Als wir im Jahr 1775. auf unſerer Ruͤckkehr nach England wieder an das Vorgebuͤrge
der guten Hofnung
kamen, erzaͤhlte man uns, daß dieſe Inſeln in den beyden vor-
hergehenden Jahren von einer allgemeinen Hungersnoth betroffen worden waͤren. Hun-
derte der Einwohner waren damals Hungers geſtorben, und der Capitain eines hollaͤn-
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[29/0074] in den Jahren 1772 bis 1775. Pfaffen, und durch die Nachlaͤßigkeit der portugieſiſchen Regierung, iſt dies Volk wuͤrklich in faſt noch elendern Umſtaͤnden, als ſelbſt die ſchwarzen Voͤlkerſchaf- ten in Africa ſind, und eben jene Hinderniſſe werden es auch in der Folge ſtets abhalten, ſich auszubreiten und zu vermehren, worinn doch der wahre Reich- thum eines Landes beſteht. Es iſt natuͤrlich, daß die Bewohner des heißen Erd- ſtrichs eine Neigung zur Faulheit haben; aber darinn werden ſie beſtaͤrkt und muͤſſen nothwendigerweiſe gegen jede, mit Muͤhe verknuͤpfte, Verbeſſerung ihres Zuſtandes gleichguͤltig werden, wenn ſie zum voraus wiſſen, daß alle dahin ge- richtete Verſuche ſie nur noch geplagter und ungluͤcklicher machen. Mit duͤſterer Fuͤhlloſigkeit uͤberlaſſen ſie ſich daher der Betteley, als dem ein- zigen Zuſtande, der ſie gegen die gierigen Klauen ihrer tyranniſchen Herren ſchuͤ- tzen kann. Und warum ſollten ſie auch wohl auf Koſten ihrer Ruhe und ihres Schlafs, dieſer einzigen Erquickung in ihren Beſchwerden, arbeiten? da ſie wiſ- ſen, daß der Lohn dafuͤr nicht ihnen zu gute kommen, ſondern bloß den Reichthum anderer vermehren werde. 1772. Auguſt. Truͤbe Ausſichten, die nicht einmal Hofnung zum Gluͤck zeigen, ſind wahrlich keine Anlockungen zum heyrathen, und die Schwuͤrigkeiten, auch einen nur kaͤrglichen Unterhalt zu finden, ſind eben ſo viel hinreichen- de Gruͤnde den Haus- und Familien-Sorgen aus dem Wege zu gehn. Hiezu kommt noch, daß die Fruchtbarkeit und der Ertrag des duͤrren Erdreichs, lediglich davon abhaͤngt, daß zu gewiſſen Zeiten des Jahres das erforderliche Regenwetter richtig einfalle; bleibt nun dieſes ungluͤcklicherweiſe auch nur im ge- ringſten aus, ſo muß auf Feld und Wieſen alles verdorren und verbrennen und die Hungersnoth iſt unvermeidlich. Es laͤßt ſich daher begreifen und annehmen, daß dergleichen Ungluͤcksfaͤlle die Einwohner ebenfalls abſchrecken, dem Vergnuͤgen der ehelichen Verbindung nachzuhaͤngen, weil ſie beſorgen muͤſſen, daß Elend und Sclaverey das Loos ihrer ungluͤcklichen Kinder ſeyn werde *) *) Als wir im Jahr 1775. auf unſerer Ruͤckkehr nach England wieder an das Vorgebuͤrge der guten Hofnung kamen, erzaͤhlte man uns, daß dieſe Inſeln in den beyden vor- hergehenden Jahren von einer allgemeinen Hungersnoth betroffen worden waͤren. Hun- derte der Einwohner waren damals Hungers geſtorben, und der Capitain eines hollaͤn- D 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/74>, abgerufen am 26.11.2024.