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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
gliche, und in welchem die Großen, in allem Pomp und Pracht ihrer Größe,1772.
August.

nicht immer die Unterdrückung der Kleinern und Wehrlosen suchen sollten? Zu-
weilen ward das Gemählde noch weiter ausgeführt, wenn die armen Flüchtlinge
auch in der Luft neue Feinde antrafen und ein Raub der Vögel *) wurden.

Am 8ten hatte das Seewasser eine weisliche Farbe, und da diese ver-
änderte Farbe des Meerwassers oft von einer Untiefe, einer Sandbank, oder ei-
nem Felsen herzurühren pflegt, so warfen wir, Sicherheits halber, das Senkbley aus,
fanden aber mit funfzig Faden keinen Grund. Abends paßirten wir den Wende-
Zirkel des Krebses. Um diese Zeit beschlugen unsre Bücher und Geräthschaften
mit Schimmel, und Eisen und Stahl fieng in freyer Luft an zu rosten. Wegen
dieser Beschaffenheit der Luft ließ der Capitain das Schif fleißig mit Pulver und
Wein-Eßig ausräuchern. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Luft Salz-Theilchen
enthalten mußte, denn bloße Näße oder feuchte Dünste verursachen keine solche
Würkung. **) Wie aber die schwerern Salz-Theilchen, in Dünste aufgelö-
set, in die Luft empor gehoben werden können? das mögen die Philosophen aus-
machen. Es dürfte indessen vornemlich zu untersuchen seyn, ob nicht die vielen ani-
malischen Substanzen, welche täglich in der See verfaulen, eine, zu Erklärung
der obigen Erscheinung, hinreichende Menge von flüchtigen Alcali hervorbringen?
Die große Hitze zwischen den Wende-Zirkeln scheint die See-Salz-Säure, welche
im Salzwasser so wie im Küchen-Salzenthalten ist, flüchtig zu machen; denn man
hat angemerkt, daß z. E. an Tücher, welche, in aufgelößtes Alcali getunkt, über
die gewöhnlichen Salz-Pfannen gehangen worden, sich in kurzer Zeit Cristallen
eines Mittel-Salzes ansetzten, das aus Salz-Säure und jenem Alcali bestand mit
welchem die Tücher zuvor waren getränkt worden. Hieraus scheint zu folgen,
daß die See-Salz-Säure durch die Hitze dieser Gegenden flüchtig gemacht wird
und alsdenn, in den Dünsten der Luft befindlich, die Oberfläche von Eisen und
Stahl angreift; dem menschlichen Körper hingegen, der durch die Hitze des
heißen Himmelsstrichs sehr geschwächt wird, muß solche ungemein zuträglich seyn, in

*) Dergleichen Raubvögel sind der Tölpel, (Pelecanus piscator. Boobies) die Fregatten,
(Pelecanus aquitus. Man of war bird.) und Tropic-Vögel (Phaeton aethereus.)
**) Diese Meynung ist von Herrn Ellis, in seiner Reise nach der Hudsons-Bay, mit vie-
lem Scharfsinn untersucht.
Forsters Reise um die Welt, erster Th. D

in den Jahren 1772 bis 1775.
gliche, und in welchem die Großen, in allem Pomp und Pracht ihrer Groͤße,1772.
Auguſt.

nicht immer die Unterdruͤckung der Kleinern und Wehrloſen ſuchen ſollten? Zu-
weilen ward das Gemaͤhlde noch weiter ausgefuͤhrt, wenn die armen Fluͤchtlinge
auch in der Luft neue Feinde antrafen und ein Raub der Voͤgel *) wurden.

Am 8ten hatte das Seewaſſer eine weisliche Farbe, und da dieſe ver-
aͤnderte Farbe des Meerwaſſers oft von einer Untiefe, einer Sandbank, oder ei-
nem Felſen herzuruͤhren pflegt, ſo warfen wir, Sicherheits halber, das Senkbley aus,
fanden aber mit funfzig Faden keinen Grund. Abends paßirten wir den Wende-
Zirkel des Krebſes. Um dieſe Zeit beſchlugen unſre Buͤcher und Geraͤthſchaften
mit Schimmel, und Eiſen und Stahl fieng in freyer Luft an zu roſten. Wegen
dieſer Beſchaffenheit der Luft ließ der Capitain das Schif fleißig mit Pulver und
Wein-Eßig ausraͤuchern. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Luft Salz-Theilchen
enthalten mußte, denn bloße Naͤße oder feuchte Duͤnſte verurſachen keine ſolche
Wuͤrkung. **) Wie aber die ſchwerern Salz-Theilchen, in Duͤnſte aufgeloͤ-
ſet, in die Luft empor gehoben werden koͤnnen? das moͤgen die Philoſophen aus-
machen. Es duͤrfte indeſſen vornemlich zu unterſuchen ſeyn, ob nicht die vielen ani-
maliſchen Subſtanzen, welche taͤglich in der See verfaulen, eine, zu Erklaͤrung
der obigen Erſcheinung, hinreichende Menge von fluͤchtigen Alcali hervorbringen?
Die große Hitze zwiſchen den Wende-Zirkeln ſcheint die See-Salz-Saͤure, welche
im Salzwaſſer ſo wie im Kuͤchen-Salzenthalten iſt, fluͤchtig zu machen; denn man
hat angemerkt, daß z. E. an Tuͤcher, welche, in aufgeloͤßtes Alcali getunkt, uͤber
die gewoͤhnlichen Salz-Pfannen gehangen worden, ſich in kurzer Zeit Criſtallen
eines Mittel-Salzes anſetzten, das aus Salz-Saͤure und jenem Alcali beſtand mit
welchem die Tuͤcher zuvor waren getraͤnkt worden. Hieraus ſcheint zu folgen,
daß die See-Salz-Saͤure durch die Hitze dieſer Gegenden fluͤchtig gemacht wird
und alsdenn, in den Duͤnſten der Luft befindlich, die Oberflaͤche von Eiſen und
Stahl angreift; dem menſchlichen Koͤrper hingegen, der durch die Hitze des
heißen Himmelsſtrichs ſehr geſchwaͤcht wird, muß ſolche ungemein zutraͤglich ſeyn, in

*) Dergleichen Raubvoͤgel ſind der Toͤlpel, (Pelecanus piſcator. Boobies) die Fregatten,
(Pelecanus aquitus. Man of war bird.) und Tropic-Voͤgel (Phaeton æthereus.)
**) Dieſe Meynung iſt von Herrn Ellis, in ſeiner Reiſe nach der Hudſons-Bay, mit vie-
lem Scharfſinn unterſucht.
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[25/0070] in den Jahren 1772 bis 1775. gliche, und in welchem die Großen, in allem Pomp und Pracht ihrer Groͤße, nicht immer die Unterdruͤckung der Kleinern und Wehrloſen ſuchen ſollten? Zu- weilen ward das Gemaͤhlde noch weiter ausgefuͤhrt, wenn die armen Fluͤchtlinge auch in der Luft neue Feinde antrafen und ein Raub der Voͤgel *) wurden. 1772. Auguſt. Am 8ten hatte das Seewaſſer eine weisliche Farbe, und da dieſe ver- aͤnderte Farbe des Meerwaſſers oft von einer Untiefe, einer Sandbank, oder ei- nem Felſen herzuruͤhren pflegt, ſo warfen wir, Sicherheits halber, das Senkbley aus, fanden aber mit funfzig Faden keinen Grund. Abends paßirten wir den Wende- Zirkel des Krebſes. Um dieſe Zeit beſchlugen unſre Buͤcher und Geraͤthſchaften mit Schimmel, und Eiſen und Stahl fieng in freyer Luft an zu roſten. Wegen dieſer Beſchaffenheit der Luft ließ der Capitain das Schif fleißig mit Pulver und Wein-Eßig ausraͤuchern. Es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß die Luft Salz-Theilchen enthalten mußte, denn bloße Naͤße oder feuchte Duͤnſte verurſachen keine ſolche Wuͤrkung. **) Wie aber die ſchwerern Salz-Theilchen, in Duͤnſte aufgeloͤ- ſet, in die Luft empor gehoben werden koͤnnen? das moͤgen die Philoſophen aus- machen. Es duͤrfte indeſſen vornemlich zu unterſuchen ſeyn, ob nicht die vielen ani- maliſchen Subſtanzen, welche taͤglich in der See verfaulen, eine, zu Erklaͤrung der obigen Erſcheinung, hinreichende Menge von fluͤchtigen Alcali hervorbringen? Die große Hitze zwiſchen den Wende-Zirkeln ſcheint die See-Salz-Saͤure, welche im Salzwaſſer ſo wie im Kuͤchen-Salzenthalten iſt, fluͤchtig zu machen; denn man hat angemerkt, daß z. E. an Tuͤcher, welche, in aufgeloͤßtes Alcali getunkt, uͤber die gewoͤhnlichen Salz-Pfannen gehangen worden, ſich in kurzer Zeit Criſtallen eines Mittel-Salzes anſetzten, das aus Salz-Saͤure und jenem Alcali beſtand mit welchem die Tuͤcher zuvor waren getraͤnkt worden. Hieraus ſcheint zu folgen, daß die See-Salz-Saͤure durch die Hitze dieſer Gegenden fluͤchtig gemacht wird und alsdenn, in den Duͤnſten der Luft befindlich, die Oberflaͤche von Eiſen und Stahl angreift; dem menſchlichen Koͤrper hingegen, der durch die Hitze des heißen Himmelsſtrichs ſehr geſchwaͤcht wird, muß ſolche ungemein zutraͤglich ſeyn, in *) Dergleichen Raubvoͤgel ſind der Toͤlpel, (Pelecanus piſcator. Boobies) die Fregatten, (Pelecanus aquitus. Man of war bird.) und Tropic-Voͤgel (Phaeton æthereus.) **) Dieſe Meynung iſt von Herrn Ellis, in ſeiner Reiſe nach der Hudſons-Bay, mit vie- lem Scharfſinn unterſucht. Forſters Reiſe um die Welt, erſter Th. D

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/70>, abgerufen am 26.11.2024.