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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Verfolg dieser Reise in so gefährlichen Umständen befunden, wo alle menschli-1772.
Julius.

che Hülfe vergeblich gewesen seyn würde, wenn unser besseres Schicksal nicht
unter einer höhern Aufsicht gestanden hätte, ohne welche kein Haar von unserm
Haupte fällt? Zwar sind wir geneigt, der Vortreflichkeit und dem wachsamen
Auge unsrer erfahrnen Welt-Umseegler die billigste und rühmlichste Gerechtig-
keit wiederfahren zu lassen; allein im Grunde werden wir uns nie enthalten, al-
les auf seinen wahren Ursprung, fürnemlich aber solche Vorfälle auf eine höhere
Macht zurückzuführen, wovon keine menschliche Kunst, wäre sie auch mit fre-
cher Religions-Verachtung gewaffnet, die Ehre sich anmaßen darf.

Montags früh, am 13ten, seegelten wir in Begleitung der Adventure
von Plymouth ab. Ich kehrte einen Abschieds-Blick gegen Englands frucht-
bare Hügel zurück, und lies dem natürlichen Gefühl der Verbindungen, woran
mich diese Aussicht erinnerte, freyen Lauf; bis endlich die Heiterkeit des schö-
nen Morgens, und die Neuheit unsrer Fahrt, durch die noch glatte See, die
Oberhand gewannen und jene trüben Gedanken zerstreuten. Bald blieb nun hin-
ter uns der berühmte hohe Leucht-Thurm, der mitten im Meer auf dem Felsen
Eddistone, zum Besten der Schiffahrt, gebauet ist, und den man unmöglich an-
sehen kann, ohne für die einsamen Wächter zu zittern, die oft drey Monathe
lang, von aller Gemeinschaft mit dem festen Lande abgeschnitten, daselbst zu-
bringen müssen. Denn das Schicksal eines gewissen Winstanley, der unter
dem Schutt eines ähnlichen Gebändes, das er selbst auf dieser Klippe angelegt
hatte, vergraben wurde, und die schwankende Bewegung des jetzigen Thurms,
wenn Wind und Wetter ihn bestürmen, müssen sie unaufhörlich mit einem schleu-
nigen und schreckenvollen Untergange bedrohen.

In eben dem Maaße als wir uns vom Lande entfernten, ward der
Wind heftiger; die Wellen wuchsen an, das Schif rollte von einer Seite zur
andern und die der See nicht gewohnt waren, ja selbst einige der ältesten See-
leute, litten nunmehr, doch in verschiedenem Grade, von der Seekrankheit.
Auch war diese Uebelkeit nicht bey allen von gleicher Dauer, und nachdem sie
drey Tage lang angehalten hatte, fanden wir uns gröstentheils durch gewärmten-
rothen Oporto-Wein mit Zucker und Gewürzen wieder hergestellt.


in den Jahren 1772 bis 1775.
Verfolg dieſer Reiſe in ſo gefaͤhrlichen Umſtaͤnden befunden, wo alle menſchli-1772.
Julius.

che Huͤlfe vergeblich geweſen ſeyn wuͤrde, wenn unſer beſſeres Schickſal nicht
unter einer hoͤhern Aufſicht geſtanden haͤtte, ohne welche kein Haar von unſerm
Haupte faͤllt? Zwar ſind wir geneigt, der Vortreflichkeit und dem wachſamen
Auge unſrer erfahrnen Welt-Umſeegler die billigſte und ruͤhmlichſte Gerechtig-
keit wiederfahren zu laſſen; allein im Grunde werden wir uns nie enthalten, al-
les auf ſeinen wahren Urſprung, fuͤrnemlich aber ſolche Vorfaͤlle auf eine hoͤhere
Macht zuruͤckzufuͤhren, wovon keine menſchliche Kunſt, waͤre ſie auch mit fre-
cher Religions-Verachtung gewaffnet, die Ehre ſich anmaßen darf.

Montags fruͤh, am 13ten, ſeegelten wir in Begleitung der Adventure
von Plymouth ab. Ich kehrte einen Abſchieds-Blick gegen Englands frucht-
bare Huͤgel zuruͤck, und lies dem natuͤrlichen Gefuͤhl der Verbindungen, woran
mich dieſe Ausſicht erinnerte, freyen Lauf; bis endlich die Heiterkeit des ſchoͤ-
nen Morgens, und die Neuheit unſrer Fahrt, durch die noch glatte See, die
Oberhand gewannen und jene truͤben Gedanken zerſtreuten. Bald blieb nun hin-
ter uns der beruͤhmte hohe Leucht-Thurm, der mitten im Meer auf dem Felſen
Eddiſtone, zum Beſten der Schiffahrt, gebauet iſt, und den man unmoͤglich an-
ſehen kann, ohne fuͤr die einſamen Waͤchter zu zittern, die oft drey Monathe
lang, von aller Gemeinſchaft mit dem feſten Lande abgeſchnitten, daſelbſt zu-
bringen muͤſſen. Denn das Schickſal eines gewiſſen Winſtanley, der unter
dem Schutt eines aͤhnlichen Gebaͤndes, das er ſelbſt auf dieſer Klippe angelegt
hatte, vergraben wurde, und die ſchwankende Bewegung des jetzigen Thurms,
wenn Wind und Wetter ihn beſtuͤrmen, muͤſſen ſie unaufhoͤrlich mit einem ſchleu-
nigen und ſchreckenvollen Untergange bedrohen.

In eben dem Maaße als wir uns vom Lande entfernten, ward der
Wind heftiger; die Wellen wuchſen an, das Schif rollte von einer Seite zur
andern und die der See nicht gewohnt waren, ja ſelbſt einige der aͤlteſten See-
leute, litten nunmehr, doch in verſchiedenem Grade, von der Seekrankheit.
Auch war dieſe Uebelkeit nicht bey allen von gleicher Dauer, und nachdem ſie
drey Tage lang angehalten hatte, fanden wir uns groͤſtentheils durch gewaͤrmten-
rothen Oporto-Wein mit Zucker und Gewuͤrzen wieder hergeſtellt.


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[7/0052] in den Jahren 1772 bis 1775. Verfolg dieſer Reiſe in ſo gefaͤhrlichen Umſtaͤnden befunden, wo alle menſchli- che Huͤlfe vergeblich geweſen ſeyn wuͤrde, wenn unſer beſſeres Schickſal nicht unter einer hoͤhern Aufſicht geſtanden haͤtte, ohne welche kein Haar von unſerm Haupte faͤllt? Zwar ſind wir geneigt, der Vortreflichkeit und dem wachſamen Auge unſrer erfahrnen Welt-Umſeegler die billigſte und ruͤhmlichſte Gerechtig- keit wiederfahren zu laſſen; allein im Grunde werden wir uns nie enthalten, al- les auf ſeinen wahren Urſprung, fuͤrnemlich aber ſolche Vorfaͤlle auf eine hoͤhere Macht zuruͤckzufuͤhren, wovon keine menſchliche Kunſt, waͤre ſie auch mit fre- cher Religions-Verachtung gewaffnet, die Ehre ſich anmaßen darf. 1772. Julius. Montags fruͤh, am 13ten, ſeegelten wir in Begleitung der Adventure von Plymouth ab. Ich kehrte einen Abſchieds-Blick gegen Englands frucht- bare Huͤgel zuruͤck, und lies dem natuͤrlichen Gefuͤhl der Verbindungen, woran mich dieſe Ausſicht erinnerte, freyen Lauf; bis endlich die Heiterkeit des ſchoͤ- nen Morgens, und die Neuheit unſrer Fahrt, durch die noch glatte See, die Oberhand gewannen und jene truͤben Gedanken zerſtreuten. Bald blieb nun hin- ter uns der beruͤhmte hohe Leucht-Thurm, der mitten im Meer auf dem Felſen Eddiſtone, zum Beſten der Schiffahrt, gebauet iſt, und den man unmoͤglich an- ſehen kann, ohne fuͤr die einſamen Waͤchter zu zittern, die oft drey Monathe lang, von aller Gemeinſchaft mit dem feſten Lande abgeſchnitten, daſelbſt zu- bringen muͤſſen. Denn das Schickſal eines gewiſſen Winſtanley, der unter dem Schutt eines aͤhnlichen Gebaͤndes, das er ſelbſt auf dieſer Klippe angelegt hatte, vergraben wurde, und die ſchwankende Bewegung des jetzigen Thurms, wenn Wind und Wetter ihn beſtuͤrmen, muͤſſen ſie unaufhoͤrlich mit einem ſchleu- nigen und ſchreckenvollen Untergange bedrohen. In eben dem Maaße als wir uns vom Lande entfernten, ward der Wind heftiger; die Wellen wuchſen an, das Schif rollte von einer Seite zur andern und die der See nicht gewohnt waren, ja ſelbſt einige der aͤlteſten See- leute, litten nunmehr, doch in verſchiedenem Grade, von der Seekrankheit. Auch war dieſe Uebelkeit nicht bey allen von gleicher Dauer, und nachdem ſie drey Tage lang angehalten hatte, fanden wir uns groͤſtentheils durch gewaͤrmten- rothen Oporto-Wein mit Zucker und Gewuͤrzen wieder hergeſtellt.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/52>, abgerufen am 25.11.2024.