Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. so muß man wohl billig annehmen, daß sie Ueberbleibsel vormaliger besserer Zeiten1774.März. sind. Denn die Zahl der Einwohner haben wir nach unsern genauesten Be- rechnungen niemals höher als auf 700. für die ganze Insel, ansetzen können,*) und diese alle haben fast keinen Augenblick ihres Lebens zu etwas andern übrig, als sich die nothdürftigsten Erfordernisse zum Fortkommen in ihrem jämmerlichen Zu- stande zu schaffen. Es fehlt ihnen an Handwerkszeug: Sie haben nicht ein- mal ihr nöthiges Obdach und die unentbehrlichste Kleidung. Hunger und Man- gel verfolgen sie zu sehr, als daß sie auf Verfertigung solcher Bildsäulen denken könnten, zu deren Vollendung ihr ganzes Leben und zu deren Aufrichtung die vereinten Kräfte des ganzen Volks erforderlich seyn würden. Wir sahen auch überall auf unserer Wallfahrt, kein einziges Instrument, das zur Bildhauerey oder Baukunst im mindesten hätte dienlich seyn können, eben so wenig, als wir etwa neue Steinbrüche oder unvollendete Statüen antrafen, die man als Arbeiten der jetzigen Bewohner der Insel hätte betrachten dürfen. Das wahr- scheinlichste ist also, daß die Einwohner ehemals weit zahlreicher, wohlhabender und glücklicher gewesen seyn müssen, als sie es heutiges Tages sind, und wenig- stens Zeit genug übrig gehabt haben, um der Eitelkeit ihrer Prinzen durch Errich- tung verewigender Denkmäler schmeicheln zu können. Die Spuren alter Pflan- zungen, so man noch hier und da auf den Spitzen der Berge antrift, bestätigen einigermaßen diese Vermuthung. Uebrigens läßt sichs schwer bestimmen, durch was für Zufälle dies Volk, sowohl in Absicht der Zahl, als des Wohlstandes, so weit herunter gekommen sey. Allerdings können mancherley Ursachen, die diesen Umsturz veranlaßt haben, angeführt werden. Nur eine Ursache zu nennen, so war Verwüstung, welche durch einen Volkan angerichtet werden kann, völlig hinreichend, hundertfaches Elend über ein Volk zu bringen, das in einem so kleinen Erdraum eingeschlossen war. Wer weis, ob diese Insel nicht ehemals grade durch einen Volcan hervorgebracht worden: Denn alle hiesige Steinarten *) Die Spanier im S. Lorenzo und der Fregatte Rosalia, geben die Einwohner auf Oster- Eyland auf 2. bis 3000 an. Sie scheinen aber das Innere des Landes, nicht so genau als wir, untersucht zu haben. S. Dalrymples Letter to D. Hawkesworth. K k k 3
in den Jahren 1772 bis 1775. ſo muß man wohl billig annehmen, daß ſie Ueberbleibſel vormaliger beſſerer Zeiten1774.Maͤrz. ſind. Denn die Zahl der Einwohner haben wir nach unſern genaueſten Be- rechnungen niemals hoͤher als auf 700. fuͤr die ganze Inſel, anſetzen koͤnnen,*) und dieſe alle haben faſt keinen Augenblick ihres Lebens zu etwas andern uͤbrig, als ſich die nothduͤrftigſten Erforderniſſe zum Fortkommen in ihrem jaͤmmerlichen Zu- ſtande zu ſchaffen. Es fehlt ihnen an Handwerkszeug: Sie haben nicht ein- mal ihr noͤthiges Obdach und die unentbehrlichſte Kleidung. Hunger und Man- gel verfolgen ſie zu ſehr, als daß ſie auf Verfertigung ſolcher Bildſaͤulen denken koͤnnten, zu deren Vollendung ihr ganzes Leben und zu deren Aufrichtung die vereinten Kraͤfte des ganzen Volks erforderlich ſeyn wuͤrden. Wir ſahen auch uͤberall auf unſerer Wallfahrt, kein einziges Inſtrument, das zur Bildhauerey oder Baukunſt im mindeſten haͤtte dienlich ſeyn koͤnnen, eben ſo wenig, als wir etwa neue Steinbruͤche oder unvollendete Statuͤen antrafen, die man als Arbeiten der jetzigen Bewohner der Inſel haͤtte betrachten duͤrfen. Das wahr- ſcheinlichſte iſt alſo, daß die Einwohner ehemals weit zahlreicher, wohlhabender und gluͤcklicher geweſen ſeyn muͤſſen, als ſie es heutiges Tages ſind, und wenig- ſtens Zeit genug uͤbrig gehabt haben, um der Eitelkeit ihrer Prinzen durch Errich- tung verewigender Denkmaͤler ſchmeicheln zu koͤnnen. Die Spuren alter Pflan- zungen, ſo man noch hier und da auf den Spitzen der Berge antrift, beſtaͤtigen einigermaßen dieſe Vermuthung. Uebrigens laͤßt ſichs ſchwer beſtimmen, durch was fuͤr Zufaͤlle dies Volk, ſowohl in Abſicht der Zahl, als des Wohlſtandes, ſo weit herunter gekommen ſey. Allerdings koͤnnen mancherley Urſachen, die dieſen Umſturz veranlaßt haben, angefuͤhrt werden. Nur eine Urſache zu nennen, ſo war Verwuͤſtung, welche durch einen Volkan angerichtet werden kann, voͤllig hinreichend, hundertfaches Elend uͤber ein Volk zu bringen, das in einem ſo kleinen Erdraum eingeſchloſſen war. Wer weis, ob dieſe Inſel nicht ehemals grade durch einen Volcan hervorgebracht worden: Denn alle hieſige Steinarten *) Die Spanier im S. Lorenzo und der Fregatte Roſalia, geben die Einwohner auf Oſter- Eyland auf 2. bis 3000 an. Sie ſcheinen aber das Innere des Landes, nicht ſo genau als wir, unterſucht zu haben. S. Dalrymples Letter to D. Hawkesworth. K k k 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
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ſind. Denn die Zahl der Einwohner haben wir nach unſern genaueſten Be-
rechnungen niemals hoͤher als auf 700. fuͤr die ganze Inſel, anſetzen koͤnnen, *)
und dieſe alle haben faſt keinen Augenblick ihres Lebens zu etwas andern uͤbrig,
als ſich die nothduͤrftigſten Erforderniſſe zum Fortkommen in ihrem jaͤmmerlichen Zu-
ſtande zu ſchaffen. Es fehlt ihnen an Handwerkszeug: Sie haben nicht ein-
mal ihr noͤthiges Obdach und die unentbehrlichſte Kleidung. Hunger und Man-
gel verfolgen ſie zu ſehr, als daß ſie auf Verfertigung ſolcher Bildſaͤulen denken
koͤnnten, zu deren Vollendung ihr ganzes Leben und zu deren Aufrichtung die
vereinten Kraͤfte des ganzen Volks erforderlich ſeyn wuͤrden. Wir ſahen auch
uͤberall auf unſerer Wallfahrt, kein einziges Inſtrument, das zur Bildhauerey
oder Baukunſt im mindeſten haͤtte dienlich ſeyn koͤnnen, eben ſo wenig, als
wir etwa neue Steinbruͤche oder unvollendete Statuͤen antrafen, die man als
Arbeiten der jetzigen Bewohner der Inſel haͤtte betrachten duͤrfen. Das wahr-
ſcheinlichſte iſt alſo, daß die Einwohner ehemals weit zahlreicher, wohlhabender
und gluͤcklicher geweſen ſeyn muͤſſen, als ſie es heutiges Tages ſind, und wenig-
ſtens Zeit genug uͤbrig gehabt haben, um der Eitelkeit ihrer Prinzen durch Errich-
tung verewigender Denkmaͤler ſchmeicheln zu koͤnnen. Die Spuren alter Pflan-
zungen, ſo man noch hier und da auf den Spitzen der Berge antrift, beſtaͤtigen
einigermaßen dieſe Vermuthung. Uebrigens laͤßt ſichs ſchwer beſtimmen, durch was
fuͤr Zufaͤlle dies Volk, ſowohl in Abſicht der Zahl, als des Wohlſtandes, ſo weit
herunter gekommen ſey. Allerdings koͤnnen mancherley Urſachen, die dieſen
Umſturz veranlaßt haben, angefuͤhrt werden. Nur eine Urſache zu nennen,
ſo war Verwuͤſtung, welche durch einen Volkan angerichtet werden kann, voͤllig
hinreichend, hundertfaches Elend uͤber ein Volk zu bringen, das in einem ſo
kleinen Erdraum eingeſchloſſen war. Wer weis, ob dieſe Inſel nicht ehemals
grade durch einen Volcan hervorgebracht worden: Denn alle hieſige Steinarten
1774.
Maͤrz.
*) Die Spanier im S. Lorenzo und der Fregatte Roſalia, geben die Einwohner auf Oſter-
Eyland auf 2. bis 3000 an. Sie ſcheinen aber das Innere des Landes, nicht ſo genau
als wir, unterſucht zu haben. S. Dalrymples Letter to D. Hawkesworth.
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