als die Neu-Seeländischen, übrigens aber diesen völlig ähnlich war. Auf je-1774. März. der Seite war ein Kopf geschnitzt, in welchen, statt der Augen, ein paar Stück- chen von ebengedachten schwarzen Glase eingesetzt waren. Sie hatten auch einige ungestalte Menschen-Figuren von Holz, deren Gebrauch oder Bedeutung wir aber nicht erfahren konnten; doch glaubten wir nicht, daß unsre Unwissen- heit uns berechtigte, sie für Götzenbilder zu halten, wie man, in der That allzu oft, das Bildwerk unbekannter Nationen dafür ausgegeben hat.
"Wir verliessen diese Hütte und giengen noch etwas weiter gegen Nor- den, ohne jedoch was neues anzutreffen. Aus ein paar nahe gelegnen Häusern kamen uns ein Mann und eine Frau entgegen, jeder mit einem großen Beutel, der aus zierlich gearbeiteten Matten verfertigt war, worinnen sie warme Kartof- feln hatten. Sie stellten sich damit an der Seite des Fussteigs, den wir gehen mußten. Als wir näher kamen, gab der Mann einem jeden von uns, einige von seinen Kartoffeln, und nachdem er dem ganzen Haufen schon viele da- von ausgetheilt, lief er mit der größten Geschwindigkeit, zu den vördersten in unserm Zuge, um auch die übrigen bis auf die allerletzte auszutheilen. Ich gab ihm, für mein erhaltenes Theil, ein großes Stück Zeug, zur Vergeltung, und das war auch das einzige Gegengeschenk, so er für seine Freygebigkeit, wo- von ich nicht einmal zu Tahiti ein ähnliches Beyspiel gesehen habe, einerndtete. Bald darauf sagten uns die Leute: ihr Eri oder Hariki, oder König, käme uns entgegen. Es giengen etliche Personen vor ihm her, und gaben jedem un- ter uns zum Freundschafts-Zeichen, einiges Zuckerrohr, wobey sie das Wort Hio aussprachen, das nach ihrer Mundart so viel als Freund bedeutet. *) Gleich darauf sahen wir den König auf einer Anhöhe stehen und begaben uns zu ihm hinauf. Herr Pickersgill und ich, machten ihm einige Geschenke. Wir frugen nach seinen Namen: Er sagte uns: er heiße Ko-Tohitai, setzte aber auch sogleich hinzu, daß er Eri sey. Wir erkundigten uns weiter, ob er nur Befehlshaber eines gewissen Districts, oder Oberherr der ganzen Insel wäre: Auf diese Anfrage streckte er beyde Arme aus, als wolle er die ganze Insel um- fassen, und sagte dabey: Waihu. Um ihm zu zeigen, daß wir ihn verstün- den, legten wir unsre Hände auf seine Brust, nannten ihn bey seinem Namen,
*)Hoa auf den Societäts-Inseln; Woa auf den freundschaftlichen Inseln.
Forsters Reise u. d. W. erster Th. K k k
in den Jahren 1772 bis 1775.
als die Neu-Seelaͤndiſchen, uͤbrigens aber dieſen voͤllig aͤhnlich war. Auf je-1774. Maͤrz. der Seite war ein Kopf geſchnitzt, in welchen, ſtatt der Augen, ein paar Stuͤck- chen von ebengedachten ſchwarzen Glaſe eingeſetzt waren. Sie hatten auch einige ungeſtalte Menſchen-Figuren von Holz, deren Gebrauch oder Bedeutung wir aber nicht erfahren konnten; doch glaubten wir nicht, daß unſre Unwiſſen- heit uns berechtigte, ſie fuͤr Goͤtzenbilder zu halten, wie man, in der That allzu oft, das Bildwerk unbekannter Nationen dafuͤr ausgegeben hat.
“Wir verlieſſen dieſe Huͤtte und giengen noch etwas weiter gegen Nor- den, ohne jedoch was neues anzutreffen. Aus ein paar nahe gelegnen Haͤuſern kamen uns ein Mann und eine Frau entgegen, jeder mit einem großen Beutel, der aus zierlich gearbeiteten Matten verfertigt war, worinnen ſie warme Kartof- feln hatten. Sie ſtellten ſich damit an der Seite des Fusſteigs, den wir gehen mußten. Als wir naͤher kamen, gab der Mann einem jeden von uns, einige von ſeinen Kartoffeln, und nachdem er dem ganzen Haufen ſchon viele da- von ausgetheilt, lief er mit der groͤßten Geſchwindigkeit, zu den voͤrderſten in unſerm Zuge, um auch die uͤbrigen bis auf die allerletzte auszutheilen. Ich gab ihm, fuͤr mein erhaltenes Theil, ein großes Stuͤck Zeug, zur Vergeltung, und das war auch das einzige Gegengeſchenk, ſo er fuͤr ſeine Freygebigkeit, wo- von ich nicht einmal zu Tahiti ein aͤhnliches Beyſpiel geſehen habe, einerndtete. Bald darauf ſagten uns die Leute: ihr Eri oder Hariki, oder Koͤnig, kaͤme uns entgegen. Es giengen etliche Perſonen vor ihm her, und gaben jedem un- ter uns zum Freundſchafts-Zeichen, einiges Zuckerrohr, wobey ſie das Wort Hio ausſprachen, das nach ihrer Mundart ſo viel als Freund bedeutet. *) Gleich darauf ſahen wir den Koͤnig auf einer Anhoͤhe ſtehen und begaben uns zu ihm hinauf. Herr Pickersgill und ich, machten ihm einige Geſchenke. Wir frugen nach ſeinen Namen: Er ſagte uns: er heiße Ko-Tohitai, ſetzte aber auch ſogleich hinzu, daß er Eri ſey. Wir erkundigten uns weiter, ob er nur Befehlshaber eines gewiſſen Diſtricts, oder Oberherr der ganzen Inſel waͤre: Auf dieſe Anfrage ſtreckte er beyde Arme aus, als wolle er die ganze Inſel um- faſſen, und ſagte dabey: Waihu. Um ihm zu zeigen, daß wir ihn verſtuͤn- den, legten wir unſre Haͤnde auf ſeine Bruſt, nannten ihn bey ſeinem Namen,
*)Hoa auf den Societaͤts-Inſeln; Woa auf den freundſchaftlichen Inſeln.
Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. K k k
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der Seite war ein Kopf geſchnitzt, in welchen, ſtatt der Augen, ein paar Stuͤck-
chen von ebengedachten ſchwarzen Glaſe eingeſetzt waren. Sie hatten auch einige
ungeſtalte Menſchen-Figuren von Holz, deren Gebrauch oder Bedeutung wir
aber nicht erfahren konnten; doch glaubten wir nicht, daß unſre Unwiſſen-
heit uns berechtigte, ſie fuͤr Goͤtzenbilder zu halten, wie man, in der That allzu
oft, das Bildwerk unbekannter Nationen dafuͤr ausgegeben hat.
1774.
Maͤrz.
“Wir verlieſſen dieſe Huͤtte und giengen noch etwas weiter gegen Nor-
den, ohne jedoch was neues anzutreffen. Aus ein paar nahe gelegnen Haͤuſern
kamen uns ein Mann und eine Frau entgegen, jeder mit einem großen Beutel,
der aus zierlich gearbeiteten Matten verfertigt war, worinnen ſie warme Kartof-
feln hatten. Sie ſtellten ſich damit an der Seite des Fusſteigs, den wir gehen
mußten. Als wir naͤher kamen, gab der Mann einem jeden von uns, einige
von ſeinen Kartoffeln, und nachdem er dem ganzen Haufen ſchon viele da-
von ausgetheilt, lief er mit der groͤßten Geſchwindigkeit, zu den voͤrderſten in
unſerm Zuge, um auch die uͤbrigen bis auf die allerletzte auszutheilen. Ich
gab ihm, fuͤr mein erhaltenes Theil, ein großes Stuͤck Zeug, zur Vergeltung,
und das war auch das einzige Gegengeſchenk, ſo er fuͤr ſeine Freygebigkeit, wo-
von ich nicht einmal zu Tahiti ein aͤhnliches Beyſpiel geſehen habe, einerndtete.
Bald darauf ſagten uns die Leute: ihr Eri oder Hariki, oder Koͤnig, kaͤme
uns entgegen. Es giengen etliche Perſonen vor ihm her, und gaben jedem un-
ter uns zum Freundſchafts-Zeichen, einiges Zuckerrohr, wobey ſie das Wort
Hio ausſprachen, das nach ihrer Mundart ſo viel als Freund bedeutet. *)
Gleich darauf ſahen wir den Koͤnig auf einer Anhoͤhe ſtehen und begaben uns zu
ihm hinauf. Herr Pickersgill und ich, machten ihm einige Geſchenke. Wir
frugen nach ſeinen Namen: Er ſagte uns: er heiße Ko-Tohitai, ſetzte aber
auch ſogleich hinzu, daß er Eri ſey. Wir erkundigten uns weiter, ob er nur
Befehlshaber eines gewiſſen Diſtricts, oder Oberherr der ganzen Inſel waͤre:
Auf dieſe Anfrage ſtreckte er beyde Arme aus, als wolle er die ganze Inſel um-
faſſen, und ſagte dabey: Waihu. Um ihm zu zeigen, daß wir ihn verſtuͤn-
den, legten wir unſre Haͤnde auf ſeine Bruſt, nannten ihn bey ſeinem Namen,
*) Hoa auf den Societaͤts-Inſeln; Woa auf den freundſchaftlichen Inſeln.
Forſters Reiſe u. d. W. erſter Th. K k k
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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/500>, abgerufen am 16.07.2024.
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