Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Forster's Reise um die Welt
1773.
Novem-
ber.
baren abgesondert, und letzteres von neuem in einem Ofen ausgetrocknet und
aufgebacken.

Das Wetter blieb diese Zeit über mehrentheils eben so stürmisch und
unbeständig als es bey unserer Annäherung auf dieser Küste gewesen war.
Selten vergieng ein Tag ohne heftige Windstöße und Regengüsse, die von
den Bergen mit verdoppelter Gewalt herabstürzten und unsre Leute oft an der
Arbeit hinderten; dabey war die Luft gemeiniglich kalt und rauh. Das Wachs-
thum der Pflanzen gieng daher langsam von statten und die Vögel hielten sich nur
in solchen Thälern auf, wo sie gegen den kalten Südwind Schutz fanden. Diese
Art von Witterung scheint auch den ganzen Winter hindurch, und weit in den
Sommer hinein, die herrschende zu seyn, ohne im Winter merklich kälter oder
im Sommer merklich wärmer zu werden. Ueberhaupt dünkt mich, daß alle
Inseln, die weit von großen Ländern oder wenigstens nicht nahe bey einem
kalten Lande liegen, stets eine ziemlich gleiche Temperatur der Luft haben
müssen, woran wohl die Natur der See vornemlich Schuld seyn mag. Aus
den in Port-Egmont auf den Falklands-Inseln angestellten Wetter-Beobach-
tungen, *) ergiebt sich, daß die größte daselbst bemerkte Hitze und Kälte in ei-
nem ganzen Jahre nicht über 30 Grad des Fahrenheitischen Thermometers aus-
einander ist. Dieser Haven liegt unterm 51sten Grade 25 Minuten südlicher
Breite; Ship-Cove aber, in Charlotten-Sund, liegt nur unter 41 Grad
5 Minuten südlicher Breite. Bey einem so beträchtlichen Unterschied der Him-
melsgegend muß zwar das Clima von Neu-Seeland, an und für sich, gelinder
seyn als das Clima auf den Falklands-Inseln; allein das thut nichts zur Sa-
che, denn wenn meine Hypothese von der Temperatur der Luft auf den Inseln
richtig ist, so muß sie für alle Polhöhen gelten. Ueberdem dürfte zwischen dem
Clima von Neu-Seeland und den Falklands-Inseln, der Unterschied auch
wohl so beträchtlich nicht seyn, als man, nach der Lage beyder Länder, vielleicht
urtheilen sollte; wenigstens sind in Neu-Seeland die Berge überaus hoch und
zum Theil das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt, welches die Luft be-

kann-
*) S. Dalrymples collection of Voyages in the Southern Atlantic Ocean, die Wet-
ter-Beobachtungen, fangen im Februar 1766 an und hören mit dem Jenner 1767. auf.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Novem-
ber.
baren abgeſondert, und letzteres von neuem in einem Ofen ausgetrocknet und
aufgebacken.

Das Wetter blieb dieſe Zeit uͤber mehrentheils eben ſo ſtuͤrmiſch und
unbeſtaͤndig als es bey unſerer Annaͤherung auf dieſer Kuͤſte geweſen war.
Selten vergieng ein Tag ohne heftige Windſtoͤße und Regenguͤſſe, die von
den Bergen mit verdoppelter Gewalt herabſtuͤrzten und unſre Leute oft an der
Arbeit hinderten; dabey war die Luft gemeiniglich kalt und rauh. Das Wachs-
thum der Pflanzen gieng daher langſam von ſtatten und die Voͤgel hielten ſich nur
in ſolchen Thaͤlern auf, wo ſie gegen den kalten Suͤdwind Schutz fanden. Dieſe
Art von Witterung ſcheint auch den ganzen Winter hindurch, und weit in den
Sommer hinein, die herrſchende zu ſeyn, ohne im Winter merklich kaͤlter oder
im Sommer merklich waͤrmer zu werden. Ueberhaupt duͤnkt mich, daß alle
Inſeln, die weit von großen Laͤndern oder wenigſtens nicht nahe bey einem
kalten Lande liegen, ſtets eine ziemlich gleiche Temperatur der Luft haben
muͤſſen, woran wohl die Natur der See vornemlich Schuld ſeyn mag. Aus
den in Port-Egmont auf den Falklands-Inſeln angeſtellten Wetter-Beobach-
tungen, *) ergiebt ſich, daß die groͤßte daſelbſt bemerkte Hitze und Kaͤlte in ei-
nem ganzen Jahre nicht uͤber 30 Grad des Fahrenheitiſchen Thermometers aus-
einander iſt. Dieſer Haven liegt unterm 51ſten Grade 25 Minuten ſuͤdlicher
Breite; Ship-Cove aber, in Charlotten-Sund, liegt nur unter 41 Grad
5 Minuten ſuͤdlicher Breite. Bey einem ſo betraͤchtlichen Unterſchied der Him-
melsgegend muß zwar das Clima von Neu-Seeland, an und fuͤr ſich, gelinder
ſeyn als das Clima auf den Falklands-Inſeln; allein das thut nichts zur Sa-
che, denn wenn meine Hypotheſe von der Temperatur der Luft auf den Inſeln
richtig iſt, ſo muß ſie fuͤr alle Polhoͤhen gelten. Ueberdem duͤrfte zwiſchen dem
Clima von Neu-Seeland und den Falklands-Inſeln, der Unterſchied auch
wohl ſo betraͤchtlich nicht ſeyn, als man, nach der Lage beyder Laͤnder, vielleicht
urtheilen ſollte; wenigſtens ſind in Neu-Seeland die Berge uͤberaus hoch und
zum Theil das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt, welches die Luft be-

kann-
*) S. Dalrymples collection of Voyages in the Southern Atlantic Ocean, die Wet-
ter-Beobachtungen, fangen im Februar 1766 an und hoͤren mit dem Jenner 1767. auf.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0435" n="376"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>For&#x017F;ter&#x2019;s</persName> Rei&#x017F;e um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/>
Novem-<lb/>
ber.</note>baren abge&#x017F;ondert, und letzteres von neuem in einem Ofen ausgetrocknet und<lb/>
aufgebacken.</p><lb/>
        <p>Das Wetter blieb die&#x017F;e Zeit u&#x0364;ber mehrentheils eben &#x017F;o &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;ch und<lb/>
unbe&#x017F;ta&#x0364;ndig als es bey un&#x017F;erer Anna&#x0364;herung auf die&#x017F;er Ku&#x0364;&#x017F;te gewe&#x017F;en war.<lb/>
Selten vergieng ein Tag ohne heftige Wind&#x017F;to&#x0364;ße und Regengu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, die von<lb/>
den Bergen mit verdoppelter Gewalt herab&#x017F;tu&#x0364;rzten und un&#x017F;re Leute oft an der<lb/>
Arbeit hinderten; dabey war die Luft gemeiniglich kalt und rauh. Das Wachs-<lb/>
thum der Pflanzen gieng daher lang&#x017F;am von &#x017F;tatten und die Vo&#x0364;gel hielten &#x017F;ich nur<lb/>
in &#x017F;olchen Tha&#x0364;lern auf, wo &#x017F;ie gegen den kalten Su&#x0364;dwind Schutz fanden. Die&#x017F;e<lb/>
Art von Witterung &#x017F;cheint auch den ganzen Winter hindurch, und weit in den<lb/>
Sommer hinein, die herr&#x017F;chende zu &#x017F;eyn, ohne im Winter merklich ka&#x0364;lter oder<lb/>
im Sommer merklich wa&#x0364;rmer zu werden. Ueberhaupt du&#x0364;nkt mich, daß alle<lb/>
In&#x017F;eln, die weit von großen La&#x0364;ndern oder wenig&#x017F;tens nicht nahe bey einem<lb/>
kalten Lande liegen, &#x017F;tets eine ziemlich gleiche Temperatur der Luft haben<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, woran wohl die Natur der See vornemlich Schuld &#x017F;eyn mag. Aus<lb/>
den in <hi rendition="#fr"><placeName>Port-Egmont</placeName></hi> auf den <placeName>Falklands-In&#x017F;eln</placeName> ange&#x017F;tellten Wetter-Beobach-<lb/>
tungen, <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq"><persName>Dalrymples</persName> collection of Voyages in the <placeName>Southern Atlantic Ocean</placeName>,</hi> die Wet-<lb/>
ter-Beobachtungen, fangen im Februar 1766 an und ho&#x0364;ren mit dem Jenner 1767. auf.</note> ergiebt &#x017F;ich, daß die gro&#x0364;ßte da&#x017F;elb&#x017F;t bemerkte Hitze und Ka&#x0364;lte in ei-<lb/>
nem ganzen Jahre nicht u&#x0364;ber 30 Grad des Fahrenheiti&#x017F;chen Thermometers aus-<lb/>
einander i&#x017F;t. Die&#x017F;er Haven liegt unterm 51&#x017F;ten Grade 25 Minuten &#x017F;u&#x0364;dlicher<lb/>
Breite; <hi rendition="#fr"><placeName>Ship-Cove</placeName></hi> aber, in <hi rendition="#fr"><placeName>Charlotten-Sund</placeName>,</hi> liegt nur unter 41 Grad<lb/>
5 Minuten &#x017F;u&#x0364;dlicher Breite. Bey einem &#x017F;o betra&#x0364;chtlichen Unter&#x017F;chied der Him-<lb/>
melsgegend muß zwar das Clima von <placeName>Neu-Seeland</placeName>, an und fu&#x0364;r &#x017F;ich, gelinder<lb/>
&#x017F;eyn als das Clima auf den <placeName>Falklands-In&#x017F;eln</placeName>; allein das thut nichts zur Sa-<lb/>
che, denn wenn meine Hypothe&#x017F;e von der Temperatur der Luft auf den In&#x017F;eln<lb/>
richtig i&#x017F;t, &#x017F;o muß &#x017F;ie <hi rendition="#fr">fu&#x0364;r alle</hi> Polho&#x0364;hen gelten. Ueberdem du&#x0364;rfte zwi&#x017F;chen dem<lb/>
Clima von <placeName>Neu-Seeland</placeName> und den <placeName>Falklands-In&#x017F;eln</placeName>, der Unter&#x017F;chied auch<lb/>
wohl &#x017F;o betra&#x0364;chtlich nicht &#x017F;eyn, als man, nach der Lage beyder La&#x0364;nder, vielleicht<lb/>
urtheilen &#x017F;ollte; wenig&#x017F;tens &#x017F;ind in <placeName>Neu-Seeland</placeName> die Berge u&#x0364;beraus hoch und<lb/>
zum Theil das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt, welches die Luft be-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">kann-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[376/0435] Forſter’s Reiſe um die Welt baren abgeſondert, und letzteres von neuem in einem Ofen ausgetrocknet und aufgebacken. 1773. Novem- ber. Das Wetter blieb dieſe Zeit uͤber mehrentheils eben ſo ſtuͤrmiſch und unbeſtaͤndig als es bey unſerer Annaͤherung auf dieſer Kuͤſte geweſen war. Selten vergieng ein Tag ohne heftige Windſtoͤße und Regenguͤſſe, die von den Bergen mit verdoppelter Gewalt herabſtuͤrzten und unſre Leute oft an der Arbeit hinderten; dabey war die Luft gemeiniglich kalt und rauh. Das Wachs- thum der Pflanzen gieng daher langſam von ſtatten und die Voͤgel hielten ſich nur in ſolchen Thaͤlern auf, wo ſie gegen den kalten Suͤdwind Schutz fanden. Dieſe Art von Witterung ſcheint auch den ganzen Winter hindurch, und weit in den Sommer hinein, die herrſchende zu ſeyn, ohne im Winter merklich kaͤlter oder im Sommer merklich waͤrmer zu werden. Ueberhaupt duͤnkt mich, daß alle Inſeln, die weit von großen Laͤndern oder wenigſtens nicht nahe bey einem kalten Lande liegen, ſtets eine ziemlich gleiche Temperatur der Luft haben muͤſſen, woran wohl die Natur der See vornemlich Schuld ſeyn mag. Aus den in Port-Egmont auf den Falklands-Inſeln angeſtellten Wetter-Beobach- tungen, *) ergiebt ſich, daß die groͤßte daſelbſt bemerkte Hitze und Kaͤlte in ei- nem ganzen Jahre nicht uͤber 30 Grad des Fahrenheitiſchen Thermometers aus- einander iſt. Dieſer Haven liegt unterm 51ſten Grade 25 Minuten ſuͤdlicher Breite; Ship-Cove aber, in Charlotten-Sund, liegt nur unter 41 Grad 5 Minuten ſuͤdlicher Breite. Bey einem ſo betraͤchtlichen Unterſchied der Him- melsgegend muß zwar das Clima von Neu-Seeland, an und fuͤr ſich, gelinder ſeyn als das Clima auf den Falklands-Inſeln; allein das thut nichts zur Sa- che, denn wenn meine Hypotheſe von der Temperatur der Luft auf den Inſeln richtig iſt, ſo muß ſie fuͤr alle Polhoͤhen gelten. Ueberdem duͤrfte zwiſchen dem Clima von Neu-Seeland und den Falklands-Inſeln, der Unterſchied auch wohl ſo betraͤchtlich nicht ſeyn, als man, nach der Lage beyder Laͤnder, vielleicht urtheilen ſollte; wenigſtens ſind in Neu-Seeland die Berge uͤberaus hoch und zum Theil das ganze Jahr hindurch mit Schnee bedeckt, welches die Luft be- kann- *) S. Dalrymples collection of Voyages in the Southern Atlantic Ocean, die Wet- ter-Beobachtungen, fangen im Februar 1766 an und hoͤren mit dem Jenner 1767. auf.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/435
Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/435>, abgerufen am 26.06.2024.