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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
fey, dessen Abgang schwer zu ersetzen ist. Daß sie von Person schlanker, und1773.
October.

muskulöser sind als die Tahitier, rührt natürlicher Weise davon her, daß sie
mehr arbeiten und ihren Cörper mehr anstrengen als jene. Durch die Beschaf-
fenheit des Erdreichs zu vieler Arbeit genöthigt, ist ihnen die Arbeitsamkeit
endlich dermaaßen zur Gewohnheit geworden, daß sie nicht nur die vom Acker-
bau übrige Zeit zur Verfertigung von mancherley Handwerkszeng und Gerä-
then anwenden, die viel Mühe, Geduld und Geschicklichkeit erfordern; sondern
auch sogar bey ihren Ergötzlichkeiten Thätigkeit und Erholung mit einander
zu verbinden wissen. Diese Arbeitsamkeit ist auch Schuld daran, daß sie
nach und nach auf neue Erfindungen gefallen sind und es in den Künsten un-
gleich weiter gebracht haben als die Tahitier. -- "Dabey sind sie von sehr
aufgeräumten Wesen und sehen stets vergnügt aus, denn ihre Bedürfnisse, de-
ren vermuthlich nur sehr wenige sind, werden alle befriedigt. Das Frauenzim-
mer ist vorzüglich aufgeweckt, und konnte des Plauderns nicht satt werden, so
lange wir den geringsten Antheil an ihrer Unterhaltung zu nehmen schienen. --
Wenn man annimmt, daß ohne einen gewissen Grad von Freyheit ein Volk ohn-
möglich glücklich und ohne glücklich zu seyn, auch nicht froh seyn könne; so ist es
allerdings zu verwundern, daß diese Insulaner so vergnügt sind, da doch bey ih-
rer politischen Verfassung nur wenig allgemeine Freyheit statt zu finden scheint:
Allein, ohne dieses Phänomens wegen bis nach der Südsee zu gehen, sehen wir ja täg-
lich mit Augen, daß eine benachbarte Nation, die bekanntermaßen unter dem Druck
der größten Sclaverey lebt, gleichwohl eine der lustigsten und witzigsten auf Erden ist.
Ueberdem glaube ich, daß der großen Unterwürfigkeit, die in Tongatabu herrscht,
ohnerachtet, die Leute immer noch Ursach haben mögen froh zu seyn, denn, außer je-
nen sonderbaren Zeichen von sclavischer Verehrung, fordert der König vermuthlich
nichts von ihnen, das sie ihrer eignen Bedürfnisse berauben und arm oder elend
machen könnte. Dem sey indessen wie ihm wolle, so viel ist wohl ausge-
macht, daß ihr Regierungs- und Religions-System dem Tahitischen ähnlich,
und, so weit wir es beurtheilen können, aus einer und eben derselben Quelle,
vielleicht unmittelbar aus dem gemeinschaftlichen Vaterlande beyder Colonien
hergeflossen ist. Die geringe Verschiedenheit, welche man heut zu Tage, in
einzelnen Gebräuchen und Meynungen dieser beyden Völker wahrnimmt, scheint
blos aus einer allmähligen Abweichung von ihren ehemals gemeinschaftlichen

in den Jahren 1772 bis 1775.
fey, deſſen Abgang ſchwer zu erſetzen iſt. Daß ſie von Perſon ſchlanker, und1773.
October.

muskuloͤſer ſind als die Tahitier, ruͤhrt natuͤrlicher Weiſe davon her, daß ſie
mehr arbeiten und ihren Coͤrper mehr anſtrengen als jene. Durch die Beſchaf-
fenheit des Erdreichs zu vieler Arbeit genoͤthigt, iſt ihnen die Arbeitſamkeit
endlich dermaaßen zur Gewohnheit geworden, daß ſie nicht nur die vom Acker-
bau uͤbrige Zeit zur Verfertigung von mancherley Handwerkszeng und Geraͤ-
then anwenden, die viel Muͤhe, Geduld und Geſchicklichkeit erfordern; ſondern
auch ſogar bey ihren Ergoͤtzlichkeiten Thaͤtigkeit und Erholung mit einander
zu verbinden wiſſen. Dieſe Arbeitſamkeit iſt auch Schuld daran, daß ſie
nach und nach auf neue Erfindungen gefallen ſind und es in den Kuͤnſten un-
gleich weiter gebracht haben als die Tahitier. — “Dabey ſind ſie von ſehr
aufgeraͤumten Weſen und ſehen ſtets vergnuͤgt aus, denn ihre Beduͤrfniſſe, de-
ren vermuthlich nur ſehr wenige ſind, werden alle befriedigt. Das Frauenzim-
mer iſt vorzuͤglich aufgeweckt, und konnte des Plauderns nicht ſatt werden, ſo
lange wir den geringſten Antheil an ihrer Unterhaltung zu nehmen ſchienen. —
Wenn man annimmt, daß ohne einen gewiſſen Grad von Freyheit ein Volk ohn-
moͤglich gluͤcklich und ohne gluͤcklich zu ſeyn, auch nicht froh ſeyn koͤnne; ſo iſt es
allerdings zu verwundern, daß dieſe Inſulaner ſo vergnuͤgt ſind, da doch bey ih-
rer politiſchen Verfaſſung nur wenig allgemeine Freyheit ſtatt zu finden ſcheint:
Allein, ohne dieſes Phaͤnomens wegen bis nach der Suͤdſee zu gehen, ſehen wir ja taͤg-
lich mit Augen, daß eine benachbarte Nation, die bekanntermaßen unter dem Druck
der groͤßten Sclaverey lebt, gleichwohl eine der luſtigſten und witzigſten auf Erden iſt.
Ueberdem glaube ich, daß der großen Unterwuͤrfigkeit, die in Tongatabu herrſcht,
ohnerachtet, die Leute immer noch Urſach haben moͤgen froh zu ſeyn, denn, außer je-
nen ſonderbaren Zeichen von ſclaviſcher Verehrung, fordert der Koͤnig vermuthlich
nichts von ihnen, das ſie ihrer eignen Beduͤrfniſſe berauben und arm oder elend
machen koͤnnte. Dem ſey indeſſen wie ihm wolle, ſo viel iſt wohl ausge-
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und, ſo weit wir es beurtheilen koͤnnen, aus einer und eben derſelben Quelle,
vielleicht unmittelbar aus dem gemeinſchaftlichen Vaterlande beyder Colonien
hergefloſſen iſt. Die geringe Verſchiedenheit, welche man heut zu Tage, in
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[359/0418] in den Jahren 1772 bis 1775. fey, deſſen Abgang ſchwer zu erſetzen iſt. Daß ſie von Perſon ſchlanker, und muskuloͤſer ſind als die Tahitier, ruͤhrt natuͤrlicher Weiſe davon her, daß ſie mehr arbeiten und ihren Coͤrper mehr anſtrengen als jene. Durch die Beſchaf- fenheit des Erdreichs zu vieler Arbeit genoͤthigt, iſt ihnen die Arbeitſamkeit endlich dermaaßen zur Gewohnheit geworden, daß ſie nicht nur die vom Acker- bau uͤbrige Zeit zur Verfertigung von mancherley Handwerkszeng und Geraͤ- then anwenden, die viel Muͤhe, Geduld und Geſchicklichkeit erfordern; ſondern auch ſogar bey ihren Ergoͤtzlichkeiten Thaͤtigkeit und Erholung mit einander zu verbinden wiſſen. Dieſe Arbeitſamkeit iſt auch Schuld daran, daß ſie nach und nach auf neue Erfindungen gefallen ſind und es in den Kuͤnſten un- gleich weiter gebracht haben als die Tahitier. — “Dabey ſind ſie von ſehr aufgeraͤumten Weſen und ſehen ſtets vergnuͤgt aus, denn ihre Beduͤrfniſſe, de- ren vermuthlich nur ſehr wenige ſind, werden alle befriedigt. Das Frauenzim- mer iſt vorzuͤglich aufgeweckt, und konnte des Plauderns nicht ſatt werden, ſo lange wir den geringſten Antheil an ihrer Unterhaltung zu nehmen ſchienen. — Wenn man annimmt, daß ohne einen gewiſſen Grad von Freyheit ein Volk ohn- moͤglich gluͤcklich und ohne gluͤcklich zu ſeyn, auch nicht froh ſeyn koͤnne; ſo iſt es allerdings zu verwundern, daß dieſe Inſulaner ſo vergnuͤgt ſind, da doch bey ih- rer politiſchen Verfaſſung nur wenig allgemeine Freyheit ſtatt zu finden ſcheint: Allein, ohne dieſes Phaͤnomens wegen bis nach der Suͤdſee zu gehen, ſehen wir ja taͤg- lich mit Augen, daß eine benachbarte Nation, die bekanntermaßen unter dem Druck der groͤßten Sclaverey lebt, gleichwohl eine der luſtigſten und witzigſten auf Erden iſt. Ueberdem glaube ich, daß der großen Unterwuͤrfigkeit, die in Tongatabu herrſcht, ohnerachtet, die Leute immer noch Urſach haben moͤgen froh zu ſeyn, denn, außer je- nen ſonderbaren Zeichen von ſclaviſcher Verehrung, fordert der Koͤnig vermuthlich nichts von ihnen, das ſie ihrer eignen Beduͤrfniſſe berauben und arm oder elend machen koͤnnte. Dem ſey indeſſen wie ihm wolle, ſo viel iſt wohl ausge- macht, daß ihr Regierungs- und Religions-Syſtem dem Tahitiſchen aͤhnlich, und, ſo weit wir es beurtheilen koͤnnen, aus einer und eben derſelben Quelle, vielleicht unmittelbar aus dem gemeinſchaftlichen Vaterlande beyder Colonien hergefloſſen iſt. Die geringe Verſchiedenheit, welche man heut zu Tage, in einzelnen Gebraͤuchen und Meynungen dieſer beyden Voͤlker wahrnimmt, ſcheint blos aus einer allmaͤhligen Abweichung von ihren ehemals gemeinſchaftlichen 1773. October.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/418>, abgerufen am 22.11.2024.