Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. daß sie einen Wurf verfehlte. Die Lieder, welche die andern Frauensleute san-1773.October. gen, waren von eben der Melodie, als in Ea-Uwhe. Auch hier secundirten sie einander ganz harmonisch, und stimmten zuweilen ein allgemeines Chor an. Ich habe zwar keinen von den Einwohner tanzen sehen; daß aber auch diese Art von Ergötzlichkeit allhier eingeführt seyn müsse, ließ sich zur Genüge aus den Zei- chen abnehmen, durch welche sie uns den Gebrauch jener sternförmig ausgezierten Schürzen begreiflich zu machen suchten, die wir von ihnen einkauften, und die, wie ich schon weiter oben gesagt habe, mit Federn und Muschel-Schalen auf- geputzt, gemeiniglich von Coco-Nußfasern, oft aber auch von Mattenwerk ge- flochten waren. Nach jenen Zeichen und Posituren zu urtheilen, müssen ihre Tänze, wie in den Societäts-Inseln die Hiwahs, dramatisch und öffentlich seyn. Diese Vermuthung erhält dadurch noch mehr Gewicht, daß Schouten und Le Maire dergleichen Tänze auch auf Horn-Eyland angetroffen haben. Die Gebräuche und Sprache dieser Insulaner scheinen überhaupt eine große Aehnlichkeit mit den Tahitischen zu haben; warum sollte sie nicht auch bey ihren Tänzen statt finden? Beyde Nationen müssen doch um Grunde von einem gemeinschaftlichen Stamm-Volke herkommen; auch siehet man, selbst in denen Stücken, wo sie am merklichsten von einander abweichen, daß der Unter- schied bloß von der Verschiedenheit des Bodens und des Clima beyder Inseln herrühre. Auf den Societäts-Inseln giebts z. E. viel Holz, denn die Spitzen der Berge sind dort mit unerschöpflichen Waldungen bedeckt. Auf den freund- schaftlichen Inseln hingegen ist dieser Artickel schon seltner, weil das Land fast durchaus mit Fruchtbäumen besetzt, oder mit nährendem Wurzelwerk be- pflanzt ist. Eine natürliche Folge dieser Verschiedenheit, zeigt sich darinn, daß in jenen die Häuser ungemein räumlich und groß sind; kleiner aber und unbe- quemer in diesen. Dort giebts eine fast unzählbare Menge und zum Theil sehr große Canots; hier, sind sie sowohl an Zahl als Größe ungleich gerin- ger. Auf den Societäts-Inseln sind die Berge hoch und ziehen folglich die Dünste der Atmosphäre beständig an sich; daher findet man dort so viel Bäche, die sich von den Bergen herab in die See ergießen, und den Einwohnern auf viel- fältige Art Vortheil schaffen. Vermittelst derselben haben sie nicht nur reichliches und gesundes Trinkwasser, sondern auch Gelegenheit sich oft zu baden, und sind Y y 3
in den Jahren 1772 bis 1775. daß ſie einen Wurf verfehlte. Die Lieder, welche die andern Frauensleute ſan-1773.October. gen, waren von eben der Melodie, als in Ea-Uwhe. Auch hier ſecundirten ſie einander ganz harmoniſch, und ſtimmten zuweilen ein allgemeines Chor an. Ich habe zwar keinen von den Einwohner tanzen ſehen; daß aber auch dieſe Art von Ergoͤtzlichkeit allhier eingefuͤhrt ſeyn muͤſſe, ließ ſich zur Genuͤge aus den Zei- chen abnehmen, durch welche ſie uns den Gebrauch jener ſternfoͤrmig ausgezierten Schuͤrzen begreiflich zu machen ſuchten, die wir von ihnen einkauften, und die, wie ich ſchon weiter oben geſagt habe, mit Federn und Muſchel-Schalen auf- geputzt, gemeiniglich von Coco-Nußfaſern, oft aber auch von Mattenwerk ge- flochten waren. Nach jenen Zeichen und Poſituren zu urtheilen, muͤſſen ihre Taͤnze, wie in den Societaͤts-Inſeln die Hiwahs, dramatiſch und oͤffentlich ſeyn. Dieſe Vermuthung erhaͤlt dadurch noch mehr Gewicht, daß Schouten und Le Maire dergleichen Taͤnze auch auf Horn-Eyland angetroffen haben. Die Gebraͤuche und Sprache dieſer Inſulaner ſcheinen uͤberhaupt eine große Aehnlichkeit mit den Tahitiſchen zu haben; warum ſollte ſie nicht auch bey ihren Taͤnzen ſtatt finden? Beyde Nationen muͤſſen doch um Grunde von einem gemeinſchaftlichen Stamm-Volke herkommen; auch ſiehet man, ſelbſt in denen Stuͤcken, wo ſie am merklichſten von einander abweichen, daß der Unter- ſchied bloß von der Verſchiedenheit des Bodens und des Clima beyder Inſeln herruͤhre. Auf den Societaͤts-Inſeln giebts z. E. viel Holz, denn die Spitzen der Berge ſind dort mit unerſchoͤpflichen Waldungen bedeckt. Auf den freund- ſchaftlichen Inſeln hingegen iſt dieſer Artickel ſchon ſeltner, weil das Land faſt durchaus mit Fruchtbaͤumen beſetzt, oder mit naͤhrendem Wurzelwerk be- pflanzt iſt. Eine natuͤrliche Folge dieſer Verſchiedenheit, zeigt ſich darinn, daß in jenen die Haͤuſer ungemein raͤumlich und groß ſind; kleiner aber und unbe- quemer in dieſen. Dort giebts eine faſt unzaͤhlbare Menge und zum Theil ſehr große Canots; hier, ſind ſie ſowohl an Zahl als Groͤße ungleich gerin- ger. Auf den Societaͤts-Inſeln ſind die Berge hoch und ziehen folglich die Duͤnſte der Atmosphaͤre beſtaͤndig an ſich; daher findet man dort ſo viel Baͤche, die ſich von den Bergen herab in die See ergießen, und den Einwohnern auf viel- faͤltige Art Vortheil ſchaffen. Vermittelſt derſelben haben ſie nicht nur reichliches und geſundes Trinkwaſſer, ſondern auch Gelegenheit ſich oft zu baden, und ſind Y y 3
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in den Jahren 1772 bis 1775.
daß ſie einen Wurf verfehlte. Die Lieder, welche die andern Frauensleute ſan-
gen, waren von eben der Melodie, als in Ea-Uwhe. Auch hier ſecundirten ſie
einander ganz harmoniſch, und ſtimmten zuweilen ein allgemeines Chor an. Ich
habe zwar keinen von den Einwohner tanzen ſehen; daß aber auch dieſe Art von
Ergoͤtzlichkeit allhier eingefuͤhrt ſeyn muͤſſe, ließ ſich zur Genuͤge aus den Zei-
chen abnehmen, durch welche ſie uns den Gebrauch jener ſternfoͤrmig ausgezierten
Schuͤrzen begreiflich zu machen ſuchten, die wir von ihnen einkauften, und die,
wie ich ſchon weiter oben geſagt habe, mit Federn und Muſchel-Schalen auf-
geputzt, gemeiniglich von Coco-Nußfaſern, oft aber auch von Mattenwerk ge-
flochten waren. Nach jenen Zeichen und Poſituren zu urtheilen, muͤſſen ihre
Taͤnze, wie in den Societaͤts-Inſeln die Hiwahs, dramatiſch und oͤffentlich
ſeyn. Dieſe Vermuthung erhaͤlt dadurch noch mehr Gewicht, daß Schouten
und Le Maire dergleichen Taͤnze auch auf Horn-Eyland angetroffen haben.
Die Gebraͤuche und Sprache dieſer Inſulaner ſcheinen uͤberhaupt eine große
Aehnlichkeit mit den Tahitiſchen zu haben; warum ſollte ſie nicht auch bey
ihren Taͤnzen ſtatt finden? Beyde Nationen muͤſſen doch um Grunde von einem
gemeinſchaftlichen Stamm-Volke herkommen; auch ſiehet man, ſelbſt in denen
Stuͤcken, wo ſie am merklichſten von einander abweichen, daß der Unter-
ſchied bloß von der Verſchiedenheit des Bodens und des Clima beyder Inſeln
herruͤhre. Auf den Societaͤts-Inſeln giebts z. E. viel Holz, denn die Spitzen
der Berge ſind dort mit unerſchoͤpflichen Waldungen bedeckt. Auf den freund-
ſchaftlichen Inſeln hingegen iſt dieſer Artickel ſchon ſeltner, weil das Land
faſt durchaus mit Fruchtbaͤumen beſetzt, oder mit naͤhrendem Wurzelwerk be-
pflanzt iſt. Eine natuͤrliche Folge dieſer Verſchiedenheit, zeigt ſich darinn, daß in
jenen die Haͤuſer ungemein raͤumlich und groß ſind; kleiner aber und unbe-
quemer in dieſen. Dort giebts eine faſt unzaͤhlbare Menge und zum Theil
ſehr große Canots; hier, ſind ſie ſowohl an Zahl als Groͤße ungleich gerin-
ger. Auf den Societaͤts-Inſeln ſind die Berge hoch und ziehen folglich die
Duͤnſte der Atmosphaͤre beſtaͤndig an ſich; daher findet man dort ſo viel Baͤche,
die ſich von den Bergen herab in die See ergießen, und den Einwohnern auf viel-
faͤltige Art Vortheil ſchaffen. Vermittelſt derſelben haben ſie nicht nur reichliches
und geſundes Trinkwaſſer, ſondern auch Gelegenheit ſich oft zu baden, und ſind
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