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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
October.
nungs- und Horn-Eylanden von den Eingebohrnen feindselig angegriffen wur-
den, allein das thut jenem Namen keinen Eintrag; denn, so hart der Holländer
diesen Vorfall auch ahndete, so hatte es doch im Grunde nicht viel damit zu sagen,
auch blieb er, nachdem der erste Lermen auf Horn-Eyland vorbey war, die
übrige Zeit seiner Anwesenheit in beständig gutem Vernehmen mit den Insu-
lanern. Tasmann, der sieben und zwanzig Jahr darauf, einige andere In-
seln, nemlich Tonga-Tabu und Anamocka (oder Amsterdam und Rotterdam)
entdeckte, die 6 Grade weiter gen Süden liegen als jene, ward von den dortigen
Einwohnern überaus friedlich und freundschaftlich aufgenommen, ohnerach-
tet er der erste Europäer war, der zu ihnen kam. Zwar kann es seyn, daß
sie sich nur deshalb so freundschaftlich gegen ihn betrugen, weil sie von ihren
Nachbarn, den Bewohnern von Cocos-Hofnungs- und Horn-Eyland, gehört
haben mochten, wie theuer es ihnen zu stehen gekommen, daß sie sich gegen die
Fremden aufgelehnt; vielleicht aber brachte es auch ihr von Natur friedfertiger
Character also mit sich, ob es freylich wohl wahrscheinlicher ist, daß sie von
der Uebermacht der Europäer schon zuvor etwas gehört hatten und sich also vor
dem mörderischen Schießgewehr fürchteten. -- Nach Tasmann sahe auch Ca-
pitain Wallis, auf seiner Reise um die Welt im Jahr 1767, zwey von
diesen Inseln; denn was er Boseawen und Keppels-Eyland genannt hat, ist
mit Schouten's Cocos- und Verräther-Insel einerley. Seine Leute hatten
mit den Einwohnern fast gar keinen Umgang, dennoch fanden sie für nöthig,
ihnen durch Abfeurung einer Musquete einen Schreck einzujagen. Herr von
Bougainville
sahe ebenfalls einige von den nordöstlichsten Inseln dieses Ar-
chipelagus, deren Einwohner, seiner Schilderung nach, im Ganzen von eben
der Gemüthsart zu seyn scheinen als ihre Nachbarn. Er nannte diesen Hau-
fen von Inseln, ganz schicklich, l'Archipel des navigateurs, denn es sind in
der That mehrere Seefahrer darauf zugetroffen. Hier auf der Insel Amsterdam
war aber seit Tasmanns Zeiten kein Europäer hingekommen; und ohnerachtet das
einhundert und dreyßig Jahr her ist, so fanden wir doch die Beschreibungen die-
ses Seefahrers noch in den mehresten Stücken passend. Es haben also die Einwoh-
ner, diesen ganzen Zeitraum hindurch, ihre Sitten, Kleidungen, Lebensart und
Gesinnungen fast unverändert beybehalten. Wir waren in ihrer Sprache nicht

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
October.
nungs- und Horn-Eylanden von den Eingebohrnen feindſelig angegriffen wur-
den, allein das thut jenem Namen keinen Eintrag; denn, ſo hart der Hollaͤnder
dieſen Vorfall auch ahndete, ſo hatte es doch im Grunde nicht viel damit zu ſagen,
auch blieb er, nachdem der erſte Lermen auf Horn-Eyland vorbey war, die
uͤbrige Zeit ſeiner Anweſenheit in beſtaͤndig gutem Vernehmen mit den Inſu-
lanern. Tasmann, der ſieben und zwanzig Jahr darauf, einige andere In-
ſeln, nemlich Tonga-Tabu und Anamocka (oder Amſterdam und Rotterdam)
entdeckte, die 6 Grade weiter gen Suͤden liegen als jene, ward von den dortigen
Einwohnern uͤberaus friedlich und freundſchaftlich aufgenommen, ohnerach-
tet er der erſte Europaͤer war, der zu ihnen kam. Zwar kann es ſeyn, daß
ſie ſich nur deshalb ſo freundſchaftlich gegen ihn betrugen, weil ſie von ihren
Nachbarn, den Bewohnern von Cocos-Hofnungs- und Horn-Eyland, gehoͤrt
haben mochten, wie theuer es ihnen zu ſtehen gekommen, daß ſie ſich gegen die
Fremden aufgelehnt; vielleicht aber brachte es auch ihr von Natur friedfertiger
Character alſo mit ſich, ob es freylich wohl wahrſcheinlicher iſt, daß ſie von
der Uebermacht der Europaͤer ſchon zuvor etwas gehoͤrt hatten und ſich alſo vor
dem moͤrderiſchen Schießgewehr fuͤrchteten. — Nach Tasmann ſahe auch Ca-
pitain Wallis, auf ſeiner Reiſe um die Welt im Jahr 1767, zwey von
dieſen Inſeln; denn was er Boseawen und Keppels-Eyland genannt hat, iſt
mit Schouten’s Cocos- und Verraͤther-Inſel einerley. Seine Leute hatten
mit den Einwohnern faſt gar keinen Umgang, dennoch fanden ſie fuͤr noͤthig,
ihnen durch Abfeurung einer Musquete einen Schreck einzujagen. Herr von
Bougainville
ſahe ebenfalls einige von den nordoͤſtlichſten Inſeln dieſes Ar-
chipelagus, deren Einwohner, ſeiner Schilderung nach, im Ganzen von eben
der Gemuͤthsart zu ſeyn ſcheinen als ihre Nachbarn. Er nannte dieſen Hau-
fen von Inſeln, ganz ſchicklich, l’Archipel des navigateurs, denn es ſind in
der That mehrere Seefahrer darauf zugetroffen. Hier auf der Inſel Amſterdam
war aber ſeit Tasmanns Zeiten kein Europaͤer hingekommen; und ohnerachtet das
einhundert und dreyßig Jahr her iſt, ſo fanden wir doch die Beſchreibungen die-
ſes Seefahrers noch in den mehreſten Stuͤcken paſſend. Es haben alſo die Einwoh-
ner, dieſen ganzen Zeitraum hindurch, ihre Sitten, Kleidungen, Lebensart und
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[354/0413] Forſter’s Reiſe um die Welt nungs- und Horn-Eylanden von den Eingebohrnen feindſelig angegriffen wur- den, allein das thut jenem Namen keinen Eintrag; denn, ſo hart der Hollaͤnder dieſen Vorfall auch ahndete, ſo hatte es doch im Grunde nicht viel damit zu ſagen, auch blieb er, nachdem der erſte Lermen auf Horn-Eyland vorbey war, die uͤbrige Zeit ſeiner Anweſenheit in beſtaͤndig gutem Vernehmen mit den Inſu- lanern. Tasmann, der ſieben und zwanzig Jahr darauf, einige andere In- ſeln, nemlich Tonga-Tabu und Anamocka (oder Amſterdam und Rotterdam) entdeckte, die 6 Grade weiter gen Suͤden liegen als jene, ward von den dortigen Einwohnern uͤberaus friedlich und freundſchaftlich aufgenommen, ohnerach- tet er der erſte Europaͤer war, der zu ihnen kam. Zwar kann es ſeyn, daß ſie ſich nur deshalb ſo freundſchaftlich gegen ihn betrugen, weil ſie von ihren Nachbarn, den Bewohnern von Cocos-Hofnungs- und Horn-Eyland, gehoͤrt haben mochten, wie theuer es ihnen zu ſtehen gekommen, daß ſie ſich gegen die Fremden aufgelehnt; vielleicht aber brachte es auch ihr von Natur friedfertiger Character alſo mit ſich, ob es freylich wohl wahrſcheinlicher iſt, daß ſie von der Uebermacht der Europaͤer ſchon zuvor etwas gehoͤrt hatten und ſich alſo vor dem moͤrderiſchen Schießgewehr fuͤrchteten. — Nach Tasmann ſahe auch Ca- pitain Wallis, auf ſeiner Reiſe um die Welt im Jahr 1767, zwey von dieſen Inſeln; denn was er Boseawen und Keppels-Eyland genannt hat, iſt mit Schouten’s Cocos- und Verraͤther-Inſel einerley. Seine Leute hatten mit den Einwohnern faſt gar keinen Umgang, dennoch fanden ſie fuͤr noͤthig, ihnen durch Abfeurung einer Musquete einen Schreck einzujagen. Herr von Bougainville ſahe ebenfalls einige von den nordoͤſtlichſten Inſeln dieſes Ar- chipelagus, deren Einwohner, ſeiner Schilderung nach, im Ganzen von eben der Gemuͤthsart zu ſeyn ſcheinen als ihre Nachbarn. Er nannte dieſen Hau- fen von Inſeln, ganz ſchicklich, l’Archipel des navigateurs, denn es ſind in der That mehrere Seefahrer darauf zugetroffen. Hier auf der Inſel Amſterdam war aber ſeit Tasmanns Zeiten kein Europaͤer hingekommen; und ohnerachtet das einhundert und dreyßig Jahr her iſt, ſo fanden wir doch die Beſchreibungen die- ſes Seefahrers noch in den mehreſten Stuͤcken paſſend. Es haben alſo die Einwoh- ner, dieſen ganzen Zeitraum hindurch, ihre Sitten, Kleidungen, Lebensart und Geſinnungen faſt unveraͤndert beybehalten. Wir waren in ihrer Sprache nicht 1773. October.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/413>, abgerufen am 16.07.2024.