Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.October.Eyland, welches unter dem 19ten Grad 18 Minuten südlicher Breite, und Unterm 158 Grade 54 Minuten westlicher Länge von Greenwich gelegen ist, steuerten wir immer westwärts bis zum 1sten October, an welchem Tage, um 2 Uhr Nachmittags, Land! gerufen wurde. Es lag gerade vor uns und schien ziemlich hoch zu seyn. In Zeit von vier Stunden waren wir kaum noch 2 oder 3 See-Meilen von der Küste. Die Berge waren mit Holz überwachsen und fielen zwar nicht prächtig, doch ganz angenehm ins Auge. Am südwestlichen Ende bemerkten wir eine kleine felsichte Insel; und nördlich ein flaches Land, das sich weiter hin erstreckte. Die Gegend und alle Umstände überzeugten uns, daß die vor uns liegende Insel eben dieselbe sey, welche Abel Janßen Tasmann im Jahr 1643. Middelburgh genannt, und daß die nördliche, ein von eben diesem Seefahrer entdecktes und Amsterdam genanntes Eyland sey. Weil es Nacht wurde, legten wir bey, giengen aber mit Tages Anbruch, um die südwestliche Spitze von Middelburgh herum und liefen sodann längst der westlichen Küste hin. Am Fuß der Berge schien etwas flaches Land zu seyn, auf welchem junge Bananen standen, deren lebhaftes frisches Grün mit dem verschie- dentlich colorirten Buschwerk und der braunen Cocos-Palme ungemein schön contrastirte. Das Tages-Licht war noch so schwach, daß wir an verschiednen Or- ten die Hütten Feuer der Einwohner durch die Büsche schimmern sahen; und bald darauf kamen auch einige Leute am Strande zum Vorschein. Die Bergewaren niedrig und ragten über die Meeresfläche kaum so hoch empor als die Insel Wight. Auf denselben gab es hin und wieder einzelne, sehr anmuthig zer- streute Haufen von Bäumen, und zwischen diesen war der Boden, so schön als hie und da in England, mit Gras überwachsen Nunmehro stießen verschiedene von den Eingebohrnen ihre Canots ins Wasser und ruderten nach uns her. Einem derselben, das ziemlich dicht ans Schiff kam, warfen wir ein Tau zu, welches auch einer von denen darinn befindlichen Leuten so- gleich auffing, seinen Kahn vollends heran zog und augenblicklich zu uns an Bord kam. Beym Eintritt überreichte er uns die Pfeffer-Wurzel, deren bey den Societäts-Inseln gedacht worden ist, darauf berührte er unsre Nasen mit der seinigen, wie die Neu-Seeländer zum Zeichen der Freundschaft zu thun pflegen, und setzte sich alsdann, ohne ein Wort zu sprechen, auf dem Ver- Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.October.Eyland, welches unter dem 19ten Grad 18 Minuten ſuͤdlicher Breite, und Unterm 158 Grade 54 Minuten weſtlicher Laͤnge von Greenwich gelegen iſt, ſteuerten wir immer weſtwaͤrts bis zum 1ſten October, an welchem Tage, um 2 Uhr Nachmittags, Land! gerufen wurde. Es lag gerade vor uns und ſchien ziemlich hoch zu ſeyn. In Zeit von vier Stunden waren wir kaum noch 2 oder 3 See-Meilen von der Kuͤſte. Die Berge waren mit Holz uͤberwachſen und fielen zwar nicht praͤchtig, doch ganz angenehm ins Auge. Am ſuͤdweſtlichen Ende bemerkten wir eine kleine felſichte Inſel; und noͤrdlich ein flaches Land, das ſich weiter hin erſtreckte. Die Gegend und alle Umſtaͤnde uͤberzeugten uns, daß die vor uns liegende Inſel eben dieſelbe ſey, welche Abel Janßen Tasmann im Jahr 1643. Middelburgh genannt, und daß die noͤrdliche, ein von eben dieſem Seefahrer entdecktes und Amſterdam genanntes Eyland ſey. Weil es Nacht wurde, legten wir bey, giengen aber mit Tages Anbruch, um die ſuͤdweſtliche Spitze von Middelburgh herum und liefen ſodann laͤngſt der weſtlichen Kuͤſte hin. Am Fuß der Berge ſchien etwas flaches Land zu ſeyn, auf welchem junge Bananen ſtanden, deren lebhaftes friſches Gruͤn mit dem verſchie- dentlich colorirten Buſchwerk und der braunen Cocos-Palme ungemein ſchoͤn contraſtirte. Das Tages-Licht war noch ſo ſchwach, daß wir an verſchiednen Or- ten die Huͤtten Feuer der Einwohner durch die Buͤſche ſchimmern ſahen; und bald darauf kamen auch einige Leute am Strande zum Vorſchein. Die Bergewaren niedrig und ragten uͤber die Meeresflaͤche kaum ſo hoch empor als die Inſel Wight. Auf denſelben gab es hin und wieder einzelne, ſehr anmuthig zer- ſtreute Haufen von Baͤumen, und zwiſchen dieſen war der Boden, ſo ſchoͤn als hie und da in England, mit Gras uͤberwachſen Nunmehro ſtießen verſchiedene von den Eingebohrnen ihre Canots ins Waſſer und ruderten nach uns her. Einem derſelben, das ziemlich dicht ans Schiff kam, warfen wir ein Tau zu, welches auch einer von denen darinn befindlichen Leuten ſo- gleich auffing, ſeinen Kahn vollends heran zog und augenblicklich zu uns an Bord kam. Beym Eintritt uͤberreichte er uns die Pfeffer-Wurzel, deren bey den Societaͤts-Inſeln gedacht worden iſt, darauf beruͤhrte er unſre Naſen mit der ſeinigen, wie die Neu-Seelaͤnder zum Zeichen der Freundſchaft zu thun pflegen, und ſetzte ſich alsdann, ohne ein Wort zu ſprechen, auf dem Ver- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0373" n="318"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> October.</note><hi rendition="#fr"><placeName xml:id="PN9_1" prev="#PN9">Eyland</placeName></hi>, welches unter dem 19ten Grad 18 Minuten ſuͤdlicher Breite, und<lb/> Unterm 158 Grade 54 Minuten weſtlicher Laͤnge von <placeName>Greenwich</placeName> gelegen iſt,<lb/> ſteuerten wir immer weſtwaͤrts bis zum 1ſten October, an welchem Tage, um<lb/> 2 Uhr Nachmittags, Land! gerufen wurde. Es lag gerade vor uns und ſchien<lb/> ziemlich hoch zu ſeyn. 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Eyland, welches unter dem 19ten Grad 18 Minuten ſuͤdlicher Breite, und
Unterm 158 Grade 54 Minuten weſtlicher Laͤnge von Greenwich gelegen iſt,
ſteuerten wir immer weſtwaͤrts bis zum 1ſten October, an welchem Tage, um
2 Uhr Nachmittags, Land! gerufen wurde. Es lag gerade vor uns und ſchien
ziemlich hoch zu ſeyn. In Zeit von vier Stunden waren wir kaum noch 2 oder
3 See-Meilen von der Kuͤſte. Die Berge waren mit Holz uͤberwachſen und
fielen zwar nicht praͤchtig, doch ganz angenehm ins Auge. Am ſuͤdweſtlichen
Ende bemerkten wir eine kleine felſichte Inſel; und noͤrdlich ein flaches Land, das
ſich weiter hin erſtreckte. Die Gegend und alle Umſtaͤnde uͤberzeugten uns, daß
die vor uns liegende Inſel eben dieſelbe ſey, welche Abel Janßen Tasmann
im Jahr 1643. Middelburgh genannt, und daß die noͤrdliche, ein von eben
dieſem Seefahrer entdecktes und Amſterdam genanntes Eyland ſey. Weil
es Nacht wurde, legten wir bey, giengen aber mit Tages Anbruch, um die
ſuͤdweſtliche Spitze von Middelburgh herum und liefen ſodann laͤngſt
der weſtlichen Kuͤſte hin. Am Fuß der Berge ſchien etwas flaches Land zu ſeyn, auf
welchem junge Bananen ſtanden, deren lebhaftes friſches Gruͤn mit dem verſchie-
dentlich colorirten Buſchwerk und der braunen Cocos-Palme ungemein ſchoͤn
contraſtirte. Das Tages-Licht war noch ſo ſchwach, daß wir an verſchiednen Or-
ten die Huͤtten Feuer der Einwohner durch die Buͤſche ſchimmern ſahen; und bald
darauf kamen auch einige Leute am Strande zum Vorſchein. Die Bergewaren
niedrig und ragten uͤber die Meeresflaͤche kaum ſo hoch empor als die Inſel
Wight. Auf denſelben gab es hin und wieder einzelne, ſehr anmuthig zer-
ſtreute Haufen von Baͤumen, und zwiſchen dieſen war der Boden, ſo ſchoͤn
als hie und da in England, mit Gras uͤberwachſen Nunmehro ſtießen
verſchiedene von den Eingebohrnen ihre Canots ins Waſſer und ruderten
nach uns her. Einem derſelben, das ziemlich dicht ans Schiff kam, warfen
wir ein Tau zu, welches auch einer von denen darinn befindlichen Leuten ſo-
gleich auffing, ſeinen Kahn vollends heran zog und augenblicklich zu uns an
Bord kam. Beym Eintritt uͤberreichte er uns die Pfeffer-Wurzel, deren bey
den Societaͤts-Inſeln gedacht worden iſt, darauf beruͤhrte er unſre Naſen
mit der ſeinigen, wie die Neu-Seelaͤnder zum Zeichen der Freundſchaft zu
thun pflegen, und ſetzte ſich alsdann, ohne ein Wort zu ſprechen, auf dem Ver-
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