Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.in den Jahren 1772 bis 1775. uns kaum Früchte dafür geben, ohngeachtet diese das wohlfeilste und gering-1773.Septem- ber. ste aller Producte zu seyn pflegten. In Tahiti schätzte man dergleichen Spielwerke ungleich mehr. Sollte die dortige vorzügliche Neigung zu solchen Kleinigkei- ten und Flitterstaat, nicht einen höhern Grad von allgemeinen Wohlstand an- zeigen und durch denselben veranlaßt werden? Reichthum pflegt wenigstens sonst insgemein zur Verschwendung zu leiten. -- Die Hitze hielt den ganzen Ueberrest des Tages dermaßen an, daß P p 2
in den Jahren 1772 bis 1775. uns kaum Fruͤchte dafuͤr geben, ohngeachtet dieſe das wohlfeilſte und gering-1773.Septem- ber. ſte aller Producte zu ſeyn pflegten. In Tahiti ſchaͤtzte man dergleichen Spielwerke ungleich mehr. Sollte die dortige vorzuͤgliche Neigung zu ſolchen Kleinigkei- ten und Flitterſtaat, nicht einen hoͤhern Grad von allgemeinen Wohlſtand an- zeigen und durch denſelben veranlaßt werden? Reichthum pflegt wenigſtens ſonſt insgemein zur Verſchwendung zu leiten. — Die Hitze hielt den ganzen Ueberreſt des Tages dermaßen an, daß P p 2
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in den Jahren 1772 bis 1775.
uns kaum Fruͤchte dafuͤr geben, ohngeachtet dieſe das wohlfeilſte und gering-
ſte aller Producte zu ſeyn pflegten. In Tahiti ſchaͤtzte man dergleichen Spielwerke
ungleich mehr. Sollte die dortige vorzuͤgliche Neigung zu ſolchen Kleinigkei-
ten und Flitterſtaat, nicht einen hoͤhern Grad von allgemeinen Wohlſtand an-
zeigen und durch denſelben veranlaßt werden? Reichthum pflegt wenigſtens
ſonſt insgemein zur Verſchwendung zu leiten. —
1773.
Septem-
ber.
Die Hitze hielt den ganzen Ueberreſt des Tages dermaßen an, daß
wir erſt bey Untergang der Sonne wieder ans Land gehen konnten. Wir ſtiegen
an dem Waſſer-Platze aus, allwo ein kleines Tupapau, oder Obdach befindlich
war, unter welchem auf einem Geruͤſte ein todter Coͤrper ruhete. Dieſer Begraͤb-
niß-Ort lag mitten in einem dichten Haine ſchattenreicher Baͤume. Ich hatte bis-
her, weder hier noch auf den vorigen Inſeln, dergleichen Begraͤbnißplaͤtze geſehen
und wunderte mich daher nicht wenig, daß der todte Coͤrper auf eine ſo ſorgloſe
Weiſe der Verweſung und andern Zufaͤllen uͤberlaſſen war, auch der ganze Bo-
den umher uͤberall voller Todten-Koͤpfe und Todten-Knochen lag. Gern
haͤtte ich mich mit einem Indianer daruͤber beſprechen moͤgen, konnte aber in
dieſer Gegend keinen anſichtig werden. Ich ſtrich eine ganze Zeitlang
umher, ohne jemand anzutreffen, denn wie ich nachher erfuhr, ſo hatten ſich
die Einwohner dieſes Diſtricts ſaͤmmtlich bey der Wohnung ihres Befehlsha-
bers verſammlet, allwo durch die Trommeln das Zeichen zu einem abermaligen
Hiva oder oͤffentlichen Tanze war gegeben worden. Sie halten viel auf dieſen
Zeitvertreib und laufen demſelben zu Gefallen aus weit entfernten Gegenden
zuſammen. Der ſtille Abend und die Schoͤnheit des Landes machten mir dieſen
Spatziergang uͤberaus angenehm; und die Entfernung der Einwohner brachte
eine ſo einſame Stille zuwege, daß ich beynahe in einer bezauberten Inſel zu
ſeyn glaubte. Endlich begegneten uns, noch diſſeits des Strandes, etliche India-
ner, davon der eine ein ſehr verſtaͤndiger Mann zu ſeyn ſchien. Dieſen fragten
wir unter andern, ob, und was fuͤr Inſeln hier in der Nachbarſchaft umher laͤ-
gen, worauf er uns ihrer neune mit Namen angab: Mopiha; Whennua-
Aurah; Adiha; Tautihpa; Wauwan; Uborruh; Tabuaï; Auhaͤiau
und Rorotoa. Von den beyden erſten hatten wir, heute Morgen ſchon, durch
unſern indianiſchen Begleiter etwas erfahren, und von den ſieben andern ver-
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