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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
Septem-
ber.
nur wenig so mittelmäßige Gesichter vorgekommen sind, als das seinige. Da-
bey war er von so schwarzer Farbe als wir sie kaum unter dem gemeinsten
Volke angetroffen hatten, und am allerwenigsten stimmte solche mit dem Range
überein, den er hernachmals annahm. Schade war es in der That, daß man
gerade diesen Menschen zur Probe eines Volks auswählte, welches alle See-
fahrer als schön von Bildung und hell von Farbe beschrieben hatten. Sein
Herz und Verstand waren so wie beydes unter seinen Landsleuten gewöhnlich
zu seyn pflegt. Er war kein außerordentliches Genie als Tupaia; aber er hatte
ein gefühlvolles Herz, und einen offnen Kopf, der bald etwas begriff, daneben
war er dankbar, mitleidig und lebhaft, aber auch flüchtig. Mehrere Nach-
richten von diesem O-Mai werden meine Leser in der Vorrede gefunden haben,
wo von seinem Aufenthalt in England, von dem Unterricht den er daselbst ge-
nossen, und von seiner Zurückreise verschiedenes angeführt ist.

Nachdem wir Huaheine verlassen, richteten wir unsern Lauf gen We-
sten, und segelten um das Süd-Ende einer Insel, die Capitain Cook im
Jahr 1769 entdeckt, und in seinen Charten unter dem Namen Ulietea *) an-
gezeigt hat, da sie doch bey den Tahitiern und übrigen Einwohnern der Socie-
täts-
Inseln
eigentlich O-Raietea heißt. Am folgenden Morgen ankerten
wir an derselben in einer Oeffnung des Riefs und brauchten den ganzen Tag
dazu, uns in den Haven Hamaneno einbugsieren zu lassen. Diese Insel
hatte dem äußern Ansehn nach viel Aehnlichkeit mit Tahiti; denn da sie ohnge-
fähr dreymal größer ist als Huaheine, so waren die Ebenen und die Berge hier
beynahe so groß als auf der erstgenannten. Die Einwohner umringten uns bald in
einer Menge von Canots und brachten Schweine zum Verkauf; weil wir aber in
Huaheine sehr reichlich damit waren versorgt worden, so machten sich unsre Leute
nicht viel daraus und boten nur wenig dafür. In einem der Canots fand sich
ein Befehlshaber mit Namen Oruwherra, der von der benachbarten Insel
Borabora (Bolabola) gebürtig war. Dieser Mann war von einer würklich
athletischen Bildung, hatte aber nur sehr kleine Hände und war auf den Armen
mit sonderbaren viereckigen Flecken; über die Brust, den Bauch und den Rücken,
mit langen, schwarzen Streifen; an den Hüften und Lenden aber, durchaus schwarz

*) S. Hawkesworths Gesch. der engl. See-Reisen in 4. zweyter Band, pag. 252.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Septem-
ber.
nur wenig ſo mittelmaͤßige Geſichter vorgekommen ſind, als das ſeinige. Da-
bey war er von ſo ſchwarzer Farbe als wir ſie kaum unter dem gemeinſten
Volke angetroffen hatten, und am allerwenigſten ſtimmte ſolche mit dem Range
uͤberein, den er hernachmals annahm. Schade war es in der That, daß man
gerade dieſen Menſchen zur Probe eines Volks auswaͤhlte, welches alle See-
fahrer als ſchoͤn von Bildung und hell von Farbe beſchrieben hatten. Sein
Herz und Verſtand waren ſo wie beydes unter ſeinen Landsleuten gewoͤhnlich
zu ſeyn pflegt. Er war kein außerordentliches Genie als Tupaia; aber er hatte
ein gefuͤhlvolles Herz, und einen offnen Kopf, der bald etwas begriff, daneben
war er dankbar, mitleidig und lebhaft, aber auch fluͤchtig. Mehrere Nach-
richten von dieſem O-Maï werden meine Leſer in der Vorrede gefunden haben,
wo von ſeinem Aufenthalt in England, von dem Unterricht den er daſelbſt ge-
noſſen, und von ſeiner Zuruͤckreiſe verſchiedenes angefuͤhrt iſt.

Nachdem wir Huaheine verlaſſen, richteten wir unſern Lauf gen We-
ſten, und ſegelten um das Suͤd-Ende einer Inſel, die Capitain Cook im
Jahr 1769 entdeckt, und in ſeinen Charten unter dem Namen Ulietea *) an-
gezeigt hat, da ſie doch bey den Tahitiern und uͤbrigen Einwohnern der Socie-
taͤts-
Inſeln
eigentlich O-Raietea heißt. Am folgenden Morgen ankerten
wir an derſelben in einer Oeffnung des Riefs und brauchten den ganzen Tag
dazu, uns in den Haven Hamaneno einbugſieren zu laſſen. Dieſe Inſel
hatte dem aͤußern Anſehn nach viel Aehnlichkeit mit Tahiti; denn da ſie ohnge-
faͤhr dreymal groͤßer iſt als Huaheine, ſo waren die Ebenen und die Berge hier
beynahe ſo groß als auf der erſtgenannten. Die Einwohner umringten uns bald in
einer Menge von Canots und brachten Schweine zum Verkauf; weil wir aber in
Huaheine ſehr reichlich damit waren verſorgt worden, ſo machten ſich unſre Leute
nicht viel daraus und boten nur wenig dafuͤr. In einem der Canots fand ſich
ein Befehlshaber mit Namen Oruwherra, der von der benachbarten Inſel
Borabora (Bolabola) gebuͤrtig war. Dieſer Mann war von einer wuͤrklich
athletiſchen Bildung, hatte aber nur ſehr kleine Haͤnde und war auf den Armen
mit ſonderbaren viereckigen Flecken; uͤber die Bruſt, den Bauch und den Ruͤcken,
mit langen, ſchwarzen Streifen; an den Huͤften und Lenden aber, durchaus ſchwarz

*) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 252.
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[294/0349] Forſter’s Reiſe um die Welt nur wenig ſo mittelmaͤßige Geſichter vorgekommen ſind, als das ſeinige. Da- bey war er von ſo ſchwarzer Farbe als wir ſie kaum unter dem gemeinſten Volke angetroffen hatten, und am allerwenigſten ſtimmte ſolche mit dem Range uͤberein, den er hernachmals annahm. Schade war es in der That, daß man gerade dieſen Menſchen zur Probe eines Volks auswaͤhlte, welches alle See- fahrer als ſchoͤn von Bildung und hell von Farbe beſchrieben hatten. Sein Herz und Verſtand waren ſo wie beydes unter ſeinen Landsleuten gewoͤhnlich zu ſeyn pflegt. Er war kein außerordentliches Genie als Tupaia; aber er hatte ein gefuͤhlvolles Herz, und einen offnen Kopf, der bald etwas begriff, daneben war er dankbar, mitleidig und lebhaft, aber auch fluͤchtig. Mehrere Nach- richten von dieſem O-Maï werden meine Leſer in der Vorrede gefunden haben, wo von ſeinem Aufenthalt in England, von dem Unterricht den er daſelbſt ge- noſſen, und von ſeiner Zuruͤckreiſe verſchiedenes angefuͤhrt iſt. 1773. Septem- ber. Nachdem wir Huaheine verlaſſen, richteten wir unſern Lauf gen We- ſten, und ſegelten um das Suͤd-Ende einer Inſel, die Capitain Cook im Jahr 1769 entdeckt, und in ſeinen Charten unter dem Namen Ulietea *) an- gezeigt hat, da ſie doch bey den Tahitiern und uͤbrigen Einwohnern der Socie- taͤts-Inſeln eigentlich O-Raietea heißt. Am folgenden Morgen ankerten wir an derſelben in einer Oeffnung des Riefs und brauchten den ganzen Tag dazu, uns in den Haven Hamaneno einbugſieren zu laſſen. Dieſe Inſel hatte dem aͤußern Anſehn nach viel Aehnlichkeit mit Tahiti; denn da ſie ohnge- faͤhr dreymal groͤßer iſt als Huaheine, ſo waren die Ebenen und die Berge hier beynahe ſo groß als auf der erſtgenannten. Die Einwohner umringten uns bald in einer Menge von Canots und brachten Schweine zum Verkauf; weil wir aber in Huaheine ſehr reichlich damit waren verſorgt worden, ſo machten ſich unſre Leute nicht viel daraus und boten nur wenig dafuͤr. In einem der Canots fand ſich ein Befehlshaber mit Namen Oruwherra, der von der benachbarten Inſel Borabora (Bolabola) gebuͤrtig war. Dieſer Mann war von einer wuͤrklich athletiſchen Bildung, hatte aber nur ſehr kleine Haͤnde und war auf den Armen mit ſonderbaren viereckigen Flecken; uͤber die Bruſt, den Bauch und den Ruͤcken, mit langen, ſchwarzen Streifen; an den Huͤften und Lenden aber, durchaus ſchwarz *) S. Hawkesworths Geſch. der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 252.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/349>, abgerufen am 25.11.2024.