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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
Septem-
ber.
zu halten und dabey zu versprechen, "daß Tute (Capitain Cook) Potatau's
"Freund seyn wolle." So bald dies geschehen war, wickelte er die Federn
sorgfältig in ein Stückgen Tahitisches Zeug und steckte sie in seinen Turban.
Daß die Einwohner dieser Insel dergleichen rothe und gelbe Federn bey ihren
Gebeten zu gebrauchen pflegen, war uns schon aus den Nachrichten unsrer
Vorgänger bekannt; daß sie solche aber auch, nach Maasgabe vorbeschriebner
Ceremonie, zu feyerlichen Betheurungen anwenden, und folglich gewisse Be-
griffe vom Eyde unter sich haben, -- das dünkte uns eine ganz neue Bemer-
kung zu seyn. Potatau mußte das größte Vertrauen in diese Ceremonie setzen und
vermöge derselben von der Redlichkeit seiner Freunde vollkommen überzeugt seyn,
denn unmittelbar darauf machte er sich, in Begleitung seiner Gemahlinnen und
verschiedner Bedienten, die ein Paar Schweine und eine Menge Zeug mit-
nehmen mußten, nach Herrn Pickersgills Boote hin, auf den Weg. Allein
kaum war er unter einem großen Gedränge von Volk bis ans Ufer gekommen,
als ihn die Leute insgesammt bathen, sich nicht unter uns zu wagen. Einige
fielen ihm so gar zu Füßen und umfaßten seine Knie um ihn zurück zu halten. Ver-
schiedne Frauenspersonen schrien mit thränenden Augen, mehr als einmal, Tute
würde ihn umbringen, so bald er an Bord käme! und ein bejahrter Mann, der
in Potataus Hause wohnte und ein alter treuer Diener der Familie zu seyn
schien, zog ihn bey den Kleidern zurück. Potatau war gerührt; ließ auf
etliche Augenblicke lang einige Besorgniß blicken, ermannte sich jedoch bald wie-
der, sties den warnenden Alten auf die Seite und rief mit entschloßner
Stimme: Tute aipa matte te tayo, d. i. Cook wird seinen Freund nicht
umbringen! Bey diesen Worten sprang er ins Boot, mit einer stolzen, ih-
res eignen Werths sich bewußten Dreistigkeit, die unsere Engländer mit einer
Art von Ehrfurcht bewunderten. So bald er bey uns auf dem Schiffe an-
kam, eilte er nebst seiner Gemahlin Whainie-au, imgleichen mit seiner vo-
rigen Gemahlin und derselben Liebhaber alsbald nach der Cajütte herab, um dem
Capitain Cook seine Geschenke zu überreichen. Potatau war einer der größe-
sten Männer, die wir auf der Insel gesehen hatten; dabey waren seine Gesichts-
züge so voller Sanftmuth, Schönheit und Majestät, daß Herr Hodges sich
gleich daran machte, nach ihm, als einem der edelsten Modelle in der Natur

zu

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Septem-
ber.
zu halten und dabey zu verſprechen, “daß Tute (Capitain Cook) Potatau’s
“Freund ſeyn wolle.“ So bald dies geſchehen war, wickelte er die Federn
ſorgfaͤltig in ein Stuͤckgen Tahitiſches Zeug und ſteckte ſie in ſeinen Turban.
Daß die Einwohner dieſer Inſel dergleichen rothe und gelbe Federn bey ihren
Gebeten zu gebrauchen pflegen, war uns ſchon aus den Nachrichten unſrer
Vorgaͤnger bekannt; daß ſie ſolche aber auch, nach Maasgabe vorbeſchriebner
Ceremonie, zu feyerlichen Betheurungen anwenden, und folglich gewiſſe Be-
griffe vom Eyde unter ſich haben, — das duͤnkte uns eine ganz neue Bemer-
kung zu ſeyn. Potatau mußte das groͤßte Vertrauen in dieſe Ceremonie ſetzen und
vermoͤge derſelben von der Redlichkeit ſeiner Freunde vollkommen uͤberzeugt ſeyn,
denn unmittelbar darauf machte er ſich, in Begleitung ſeiner Gemahlinnen und
verſchiedner Bedienten, die ein Paar Schweine und eine Menge Zeug mit-
nehmen mußten, nach Herrn Pickersgills Boote hin, auf den Weg. Allein
kaum war er unter einem großen Gedraͤnge von Volk bis ans Ufer gekommen,
als ihn die Leute insgeſammt bathen, ſich nicht unter uns zu wagen. Einige
fielen ihm ſo gar zu Fuͤßen und umfaßten ſeine Knie um ihn zuruͤck zu halten. Ver-
ſchiedne Frauensperſonen ſchrien mit thraͤnenden Augen, mehr als einmal, Tute
wuͤrde ihn umbringen, ſo bald er an Bord kaͤme! und ein bejahrter Mann, der
in Potataus Hauſe wohnte und ein alter treuer Diener der Familie zu ſeyn
ſchien, zog ihn bey den Kleidern zuruͤck. Potatau war geruͤhrt; ließ auf
etliche Augenblicke lang einige Beſorgniß blicken, ermannte ſich jedoch bald wie-
der, ſties den warnenden Alten auf die Seite und rief mit entſchloßner
Stimme: Tute aipa matte te tayo, d. i. Cook wird ſeinen Freund nicht
umbringen! Bey dieſen Worten ſprang er ins Boot, mit einer ſtolzen, ih-
res eignen Werths ſich bewußten Dreiſtigkeit, die unſere Englaͤnder mit einer
Art von Ehrfurcht bewunderten. So bald er bey uns auf dem Schiffe an-
kam, eilte er nebſt ſeiner Gemahlin Whainie-au, imgleichen mit ſeiner vo-
rigen Gemahlin und derſelben Liebhaber alsbald nach der Cajuͤtte herab, um dem
Capitain Cook ſeine Geſchenke zu uͤberreichen. Potatau war einer der groͤße-
ſten Maͤnner, die wir auf der Inſel geſehen hatten; dabey waren ſeine Geſichts-
zuͤge ſo voller Sanftmuth, Schoͤnheit und Majeſtaͤt, daß Herr Hodges ſich
gleich daran machte, nach ihm, als einem der edelſten Modelle in der Natur

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[272/0327] Forſter’s Reiſe um die Welt zu halten und dabey zu verſprechen, “daß Tute (Capitain Cook) Potatau’s “Freund ſeyn wolle.“ So bald dies geſchehen war, wickelte er die Federn ſorgfaͤltig in ein Stuͤckgen Tahitiſches Zeug und ſteckte ſie in ſeinen Turban. Daß die Einwohner dieſer Inſel dergleichen rothe und gelbe Federn bey ihren Gebeten zu gebrauchen pflegen, war uns ſchon aus den Nachrichten unſrer Vorgaͤnger bekannt; daß ſie ſolche aber auch, nach Maasgabe vorbeſchriebner Ceremonie, zu feyerlichen Betheurungen anwenden, und folglich gewiſſe Be- griffe vom Eyde unter ſich haben, — das duͤnkte uns eine ganz neue Bemer- kung zu ſeyn. Potatau mußte das groͤßte Vertrauen in dieſe Ceremonie ſetzen und vermoͤge derſelben von der Redlichkeit ſeiner Freunde vollkommen uͤberzeugt ſeyn, denn unmittelbar darauf machte er ſich, in Begleitung ſeiner Gemahlinnen und verſchiedner Bedienten, die ein Paar Schweine und eine Menge Zeug mit- nehmen mußten, nach Herrn Pickersgills Boote hin, auf den Weg. Allein kaum war er unter einem großen Gedraͤnge von Volk bis ans Ufer gekommen, als ihn die Leute insgeſammt bathen, ſich nicht unter uns zu wagen. Einige fielen ihm ſo gar zu Fuͤßen und umfaßten ſeine Knie um ihn zuruͤck zu halten. Ver- ſchiedne Frauensperſonen ſchrien mit thraͤnenden Augen, mehr als einmal, Tute wuͤrde ihn umbringen, ſo bald er an Bord kaͤme! und ein bejahrter Mann, der in Potataus Hauſe wohnte und ein alter treuer Diener der Familie zu ſeyn ſchien, zog ihn bey den Kleidern zuruͤck. Potatau war geruͤhrt; ließ auf etliche Augenblicke lang einige Beſorgniß blicken, ermannte ſich jedoch bald wie- der, ſties den warnenden Alten auf die Seite und rief mit entſchloßner Stimme: Tute aipa matte te tayo, d. i. Cook wird ſeinen Freund nicht umbringen! Bey dieſen Worten ſprang er ins Boot, mit einer ſtolzen, ih- res eignen Werths ſich bewußten Dreiſtigkeit, die unſere Englaͤnder mit einer Art von Ehrfurcht bewunderten. So bald er bey uns auf dem Schiffe an- kam, eilte er nebſt ſeiner Gemahlin Whainie-au, imgleichen mit ſeiner vo- rigen Gemahlin und derſelben Liebhaber alsbald nach der Cajuͤtte herab, um dem Capitain Cook ſeine Geſchenke zu uͤberreichen. Potatau war einer der groͤße- ſten Maͤnner, die wir auf der Inſel geſehen hatten; dabey waren ſeine Geſichts- zuͤge ſo voller Sanftmuth, Schoͤnheit und Majeſtaͤt, daß Herr Hodges ſich gleich daran machte, nach ihm, als einem der edelſten Modelle in der Natur zu 1773. Septem- ber.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/327>, abgerufen am 22.11.2024.