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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
Wo aber der Boden nur einigermaßen eben war, da standen überall Coco-Nuß-1773.
August.

bäume, Pisang, Maulbeer-Bäume und mancherley Wurzelwerk; auch sahe
man eine Menge wohl- und nahe bey einander gelegener Häuser. An ver-
schiednen Stellen fanden wir große Betten loser Kiesel, welche von den Bergen
herabgeschwemmt zu seyn schienen und durch die beständige Bewegung des Was-
sers allerhand runde Formen bekommen hatten. An den Bergen samleten wir ver-
schiedne neue Pflanzen, wobey wir aber mehr als einmal Gefahr liefen die Hälse
zu brechen, denn die Felsenstücken rollten uns zuweilen unter den Füßen weg.
Eine große Menge Indianer versammlete sich um uns her und brachte Coco-
nüsse, Brodfrucht und Aepfel in großem Ueberfluß zum Verkauf. Wir versorgten
uns daher mit einem hinlänglichen Vorrath und mietheten einige Leute, um uns
das Eingekaufte nachtragen zu lassen. Nachdem wir ohngefähr fünf englische
Meilen weit gegangen waren, setzten wir uns auf einen schönen Rasen unter
den Bäumen nieder, um Mittag zu halten. Außer den unterwegens ange-
schaften Früchten bestand unsre Mahlzeit aus etwas Schweinefleisch und Fi-
schen, welche wir vom Bord mitgenommen hatten. Die Tahitier machten einen
Creis um uns her, unsern Wegweisern und Helfern aber gaben wir Erlaub-
niß, sich neben uns zu setzen. Sie ließen sich's herzlich gut schmecken, wun-
derten sich aber, daß wir jeden Bissen in ein weißes Pulver tunkten, das ihnen
gänzlich unbekannt war. Wir hatten nemlich vom Schiffe aus etwas Salz
mitgenommen und aßen es zu allen Speisen, so gar zur Brodfrucht. Verschie-
dene von ihnen wünschten es zu kosten, und fanden zum Theil Geschmack dar-
an, der ihnen auch nicht fremd seyn konnte, weil sie bey ihren Fisch- und
Fleischspeisen Seewasser als eine Brühe zu gebrauchen pflegen *)

Um 4 Uhr Nachmittags dünkte es uns Zeit an den Rückweg zu denken.
Wir sahen jetzt eine Menge Indianer, mit wilden Plantanen beladen, über
die Berge herkommen, woselbst diese Frucht ohne Wartung wächst, aber
auch von ungleich schlechterer Art ist als jene, die in den Ebenen ordentlich ge-
hegt wird. Sie wollten diesen Vorrath, nach den Gezelten, zu Markte brin-

*) S. Hawkesworths Geschichte der engl. See-Reisen in 4. zweyter Band, pag. 197.
und f.
K k 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
Wo aber der Boden nur einigermaßen eben war, da ſtanden uͤberall Coco-Nuß-1773.
Auguſt.

baͤume, Piſang, Maulbeer-Baͤume und mancherley Wurzelwerk; auch ſahe
man eine Menge wohl- und nahe bey einander gelegener Haͤuſer. An ver-
ſchiednen Stellen fanden wir große Betten loſer Kieſel, welche von den Bergen
herabgeſchwemmt zu ſeyn ſchienen und durch die beſtaͤndige Bewegung des Waſ-
ſers allerhand runde Formen bekommen hatten. An den Bergen ſamleten wir ver-
ſchiedne neue Pflanzen, wobey wir aber mehr als einmal Gefahr liefen die Haͤlſe
zu brechen, denn die Felſenſtuͤcken rollten uns zuweilen unter den Fuͤßen weg.
Eine große Menge Indianer verſammlete ſich um uns her und brachte Coco-
nuͤſſe, Brodfrucht und Aepfel in großem Ueberfluß zum Verkauf. Wir verſorgten
uns daher mit einem hinlaͤnglichen Vorrath und mietheten einige Leute, um uns
das Eingekaufte nachtragen zu laſſen. Nachdem wir ohngefaͤhr fuͤnf engliſche
Meilen weit gegangen waren, ſetzten wir uns auf einen ſchoͤnen Raſen unter
den Baͤumen nieder, um Mittag zu halten. Außer den unterwegens ange-
ſchaften Fruͤchten beſtand unſre Mahlzeit aus etwas Schweinefleiſch und Fi-
ſchen, welche wir vom Bord mitgenommen hatten. Die Tahitier machten einen
Creis um uns her, unſern Wegweiſern und Helfern aber gaben wir Erlaub-
niß, ſich neben uns zu ſetzen. Sie ließen ſich’s herzlich gut ſchmecken, wun-
derten ſich aber, daß wir jeden Biſſen in ein weißes Pulver tunkten, das ihnen
gaͤnzlich unbekannt war. Wir hatten nemlich vom Schiffe aus etwas Salz
mitgenommen und aßen es zu allen Speiſen, ſo gar zur Brodfrucht. Verſchie-
dene von ihnen wuͤnſchten es zu koſten, und fanden zum Theil Geſchmack dar-
an, der ihnen auch nicht fremd ſeyn konnte, weil ſie bey ihren Fiſch- und
Fleiſchſpeiſen Seewaſſer als eine Bruͤhe zu gebrauchen pflegen *)

Um 4 Uhr Nachmittags duͤnkte es uns Zeit an den Ruͤckweg zu denken.
Wir ſahen jetzt eine Menge Indianer, mit wilden Plantanen beladen, uͤber
die Berge herkommen, woſelbſt dieſe Frucht ohne Wartung waͤchſt, aber
auch von ungleich ſchlechterer Art iſt als jene, die in den Ebenen ordentlich ge-
hegt wird. Sie wollten dieſen Vorrath, nach den Gezelten, zu Markte brin-

*) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 197.
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K k 2
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[259/0312] in den Jahren 1772 bis 1775. Wo aber der Boden nur einigermaßen eben war, da ſtanden uͤberall Coco-Nuß- baͤume, Piſang, Maulbeer-Baͤume und mancherley Wurzelwerk; auch ſahe man eine Menge wohl- und nahe bey einander gelegener Haͤuſer. An ver- ſchiednen Stellen fanden wir große Betten loſer Kieſel, welche von den Bergen herabgeſchwemmt zu ſeyn ſchienen und durch die beſtaͤndige Bewegung des Waſ- ſers allerhand runde Formen bekommen hatten. An den Bergen ſamleten wir ver- ſchiedne neue Pflanzen, wobey wir aber mehr als einmal Gefahr liefen die Haͤlſe zu brechen, denn die Felſenſtuͤcken rollten uns zuweilen unter den Fuͤßen weg. Eine große Menge Indianer verſammlete ſich um uns her und brachte Coco- nuͤſſe, Brodfrucht und Aepfel in großem Ueberfluß zum Verkauf. Wir verſorgten uns daher mit einem hinlaͤnglichen Vorrath und mietheten einige Leute, um uns das Eingekaufte nachtragen zu laſſen. Nachdem wir ohngefaͤhr fuͤnf engliſche Meilen weit gegangen waren, ſetzten wir uns auf einen ſchoͤnen Raſen unter den Baͤumen nieder, um Mittag zu halten. Außer den unterwegens ange- ſchaften Fruͤchten beſtand unſre Mahlzeit aus etwas Schweinefleiſch und Fi- ſchen, welche wir vom Bord mitgenommen hatten. Die Tahitier machten einen Creis um uns her, unſern Wegweiſern und Helfern aber gaben wir Erlaub- niß, ſich neben uns zu ſetzen. Sie ließen ſich’s herzlich gut ſchmecken, wun- derten ſich aber, daß wir jeden Biſſen in ein weißes Pulver tunkten, das ihnen gaͤnzlich unbekannt war. Wir hatten nemlich vom Schiffe aus etwas Salz mitgenommen und aßen es zu allen Speiſen, ſo gar zur Brodfrucht. Verſchie- dene von ihnen wuͤnſchten es zu koſten, und fanden zum Theil Geſchmack dar- an, der ihnen auch nicht fremd ſeyn konnte, weil ſie bey ihren Fiſch- und Fleiſchſpeiſen Seewaſſer als eine Bruͤhe zu gebrauchen pflegen *) 1773. Auguſt. Um 4 Uhr Nachmittags duͤnkte es uns Zeit an den Ruͤckweg zu denken. Wir ſahen jetzt eine Menge Indianer, mit wilden Plantanen beladen, uͤber die Berge herkommen, woſelbſt dieſe Frucht ohne Wartung waͤchſt, aber auch von ungleich ſchlechterer Art iſt als jene, die in den Ebenen ordentlich ge- hegt wird. Sie wollten dieſen Vorrath, nach den Gezelten, zu Markte brin- *) S. Hawkesworths Geſchichte der engl. See-Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 197. und f. K k 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/312>, abgerufen am 02.06.2024.