Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.August.so genau und ängstlich nach diesem Mann erkundigten, versicherten sie uns, er sey todt. Wir haben nachher erfahren, daß um dieselbige Zeit, welche die Indianer angaben, Don Juan de Langara y Huarte, von Callao in Peru, ausgeschickt worden, und Tahiti besucht habe; von den besonderen Umständen seiner Reise aber ist bis itzt noch nichts kund geworden. Während daß wir uns in diesem Hause allerseits ausruhten, fragte E-Tie (Eti) der dicke Mann, den wir für den vornehmsten Rath des Königs ansahen, ob wir in unserm Lande einen Gott (Eatua) hätten, und ob wir ihn anbeteten? (Epuhre?) Als wir ihm antworteten, daß wir einen Gott erkennten, der alles erschaf- fen habe, aber unsichtbar sey, und daß wir auch gewohnt wären, unsre Bitten und Gebete an ihn zu richten, schien er höchlich darüber erfreuet und wie- derholte es mit einigen, vermuthlich erläuternden, Zusätzen gegen verschiedene von seinen Landesleuten, die zunächst um ihn saßen. Hierauf wandte er sich wieder gegen uns und sagte, so viel wir verstehen konnten, daß seiner Landsleute Begriffe mit den unsrigen in diesem Stück übereinstimmten. Und in der That läßt sich aus mehreren Umständen abnehmen, daß dieser einfache und einzige richtige Begriff von der Gottheit, in allen Zeiten und Ländern bekannt gewesen ist, und daß jene verwickelten Lehrgebäude von ungereimter Vielgötterey, die man fast bey allen Völkern der Erden angetroffen hat, nur der Kunstgriff eini- ger verschlagenen Köpfe gewesen, die ihr Interesse dabey fanden dergleichen Irrthümer allgemein zu machen. Herrschsucht, Wollust und Faulheit scheinen dem zahlreichen Haufen der heidnischen Pfaffen den teuflischen Gedanken ein- gegeben zu haben, den Geist der Völker durch Aberglauben zu fesseln und zu blenden. Es ist ihnen auch nicht schwer geworden, diesen Entwurf durchzu- setzen, weil der Mensch von Natur so sehr zum Wunderbaren geneigt ist, und eben diese Neigung ist Schuld daran, wenn jene damit übereinstimmende Vorurtheile sich so fest und so tief in die Systeme menschlicher Kenntniß hineingeschlungen haben, daß sie bis auf diesen Augenblick noch in Ehren gehalten werden, und daß der größte Theil des menschlichen Geschlechts sich in dem Punkt noch immer auf die gröbste Weise blindlings hintergehen läßt. Immittelst E-Tie von Religions-Sachen sprach, spielte König Ahea- Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Auguſt.ſo genau und aͤngſtlich nach dieſem Mann erkundigten, verſicherten ſie uns, er ſey todt. Wir haben nachher erfahren, daß um dieſelbige Zeit, welche die Indianer angaben, Don Juan de Langara y Huarte, von Callao in Peru, ausgeſchickt worden, und Tahiti beſucht habe; von den beſonderen Umſtaͤnden ſeiner Reiſe aber iſt bis itzt noch nichts kund geworden. Waͤhrend daß wir uns in dieſem Hauſe allerſeits ausruhten, fragte E-Tie (Eti) der dicke Mann, den wir fuͤr den vornehmſten Rath des Koͤnigs anſahen, ob wir in unſerm Lande einen Gott (Eatua) haͤtten, und ob wir ihn anbeteten? (Epuhre?) Als wir ihm antworteten, daß wir einen Gott erkennten, der alles erſchaf- fen habe, aber unſichtbar ſey, und daß wir auch gewohnt waͤren, unſre Bitten und Gebete an ihn zu richten, ſchien er hoͤchlich daruͤber erfreuet und wie- derholte es mit einigen, vermuthlich erlaͤuternden, Zuſaͤtzen gegen verſchiedene von ſeinen Landesleuten, die zunaͤchſt um ihn ſaßen. Hierauf wandte er ſich wieder gegen uns und ſagte, ſo viel wir verſtehen konnten, daß ſeiner Landsleute Begriffe mit den unſrigen in dieſem Stuͤck uͤbereinſtimmten. Und in der That laͤßt ſich aus mehreren Umſtaͤnden abnehmen, daß dieſer einfache und einzige richtige Begriff von der Gottheit, in allen Zeiten und Laͤndern bekannt geweſen iſt, und daß jene verwickelten Lehrgebaͤude von ungereimter Vielgoͤtterey, die man faſt bey allen Voͤlkern der Erden angetroffen hat, nur der Kunſtgriff eini- ger verſchlagenen Koͤpfe geweſen, die ihr Intereſſe dabey fanden dergleichen Irrthuͤmer allgemein zu machen. Herrſchſucht, Wolluſt und Faulheit ſcheinen dem zahlreichen Haufen der heidniſchen Pfaffen den teufliſchen Gedanken ein- gegeben zu haben, den Geiſt der Voͤlker durch Aberglauben zu feſſeln und zu blenden. Es iſt ihnen auch nicht ſchwer geworden, dieſen Entwurf durchzu- ſetzen, weil der Menſch von Natur ſo ſehr zum Wunderbaren geneigt iſt, und eben dieſe Neigung iſt Schuld daran, wenn jene damit uͤbereinſtimmende Vorurtheile ſich ſo feſt und ſo tief in die Syſteme menſchlicher Kenntniß hineingeſchlungen haben, daß ſie bis auf dieſen Augenblick noch in Ehren gehalten werden, und daß der groͤßte Theil des menſchlichen Geſchlechts ſich in dem Punkt noch immer auf die groͤbſte Weiſe blindlings hintergehen laͤßt. Immittelſt E-Tie von Religions-Sachen ſprach, ſpielte Koͤnig Ahea- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0287" n="234"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> Auguſt.</note>ſo genau und aͤngſtlich nach dieſem Mann erkundigten, verſicherten ſie uns, er<lb/> ſey todt. 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Forſter’s Reiſe um die Welt
ſo genau und aͤngſtlich nach dieſem Mann erkundigten, verſicherten ſie uns, er
ſey todt. Wir haben nachher erfahren, daß um dieſelbige Zeit, welche die
Indianer angaben, Don Juan de Langara y Huarte, von Callao in Peru,
ausgeſchickt worden, und Tahiti beſucht habe; von den beſonderen Umſtaͤnden
ſeiner Reiſe aber iſt bis itzt noch nichts kund geworden. Waͤhrend daß wir
uns in dieſem Hauſe allerſeits ausruhten, fragte E-Tie (Eti) der dicke Mann,
den wir fuͤr den vornehmſten Rath des Koͤnigs anſahen, ob wir in unſerm
Lande einen Gott (Eatua) haͤtten, und ob wir ihn anbeteten? (Epuhre?)
Als wir ihm antworteten, daß wir einen Gott erkennten, der alles erſchaf-
fen habe, aber unſichtbar ſey, und daß wir auch gewohnt waͤren, unſre Bitten
und Gebete an ihn zu richten, ſchien er hoͤchlich daruͤber erfreuet und wie-
derholte es mit einigen, vermuthlich erlaͤuternden, Zuſaͤtzen gegen verſchiedene
von ſeinen Landesleuten, die zunaͤchſt um ihn ſaßen. Hierauf wandte er ſich
wieder gegen uns und ſagte, ſo viel wir verſtehen konnten, daß ſeiner Landsleute
Begriffe mit den unſrigen in dieſem Stuͤck uͤbereinſtimmten. Und in der That
laͤßt ſich aus mehreren Umſtaͤnden abnehmen, daß dieſer einfache und einzige
richtige Begriff von der Gottheit, in allen Zeiten und Laͤndern bekannt geweſen
iſt, und daß jene verwickelten Lehrgebaͤude von ungereimter Vielgoͤtterey, die
man faſt bey allen Voͤlkern der Erden angetroffen hat, nur der Kunſtgriff eini-
ger verſchlagenen Koͤpfe geweſen, die ihr Intereſſe dabey fanden dergleichen
Irrthuͤmer allgemein zu machen. Herrſchſucht, Wolluſt und Faulheit ſcheinen
dem zahlreichen Haufen der heidniſchen Pfaffen den teufliſchen Gedanken ein-
gegeben zu haben, den Geiſt der Voͤlker durch Aberglauben zu feſſeln und zu
blenden. Es iſt ihnen auch nicht ſchwer geworden, dieſen Entwurf durchzu-
ſetzen, weil der Menſch von Natur ſo ſehr zum Wunderbaren geneigt iſt, und eben
dieſe Neigung iſt Schuld daran, wenn jene damit uͤbereinſtimmende Vorurtheile
ſich ſo feſt und ſo tief in die Syſteme menſchlicher Kenntniß hineingeſchlungen
haben, daß ſie bis auf dieſen Augenblick noch in Ehren gehalten werden, und daß
der groͤßte Theil des menſchlichen Geſchlechts ſich in dem Punkt noch immer
auf die groͤbſte Weiſe blindlings hintergehen laͤßt.
1773.
Auguſt.
Immittelſt E-Tie von Religions-Sachen ſprach, ſpielte Koͤnig Ahea-
tua mit Capitain Cooks Taſchen-Uhr. Er betrachtete die Bewegung der
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