Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.Forster's Reise um die Welt 1773.August.Farben und Entfernungen zeigten. Ueber diese und das Thal hinaus, ragten aus dem Innern des Landes, mancherley romantisch-geformte, steile Berg-Gipfel hervor, davon besonders der eine auf eine mahlerisch-schöne, aber fürchterliche Weise überhieng und gleichsam den Einsturz drohte. Der Himmel war hei- ter und die Luft erquickend warm; kurz, alles flößte uns neues Leben und neuen Muth ein. Mittlerweile wurden die Boote beyder Schiffe nach o-Whai-urua geschickt um die Anker zu holen, welche wir daselbst im Grunde hatten sitzen las- sen als wir auf den Felsen stießen. Zu gleicher Zeit ward eine Parthey See- Soldaten und Matrosen beordert ans Land zu gehen, um Lebensmittel einzuhan- deln, und unsre ledigen Fässer mit frischem Wasser zu füllen. Zu Ausführung dieses Vorhabens faßten sie ohnweit dem Strande in einer verlassenen Wohnung Posto, die ihnen nicht nur Schatten gegen die Sonne, sondern auch, vermittelst der Umzäunung, Sicherheit gegen die Diebereyen des Volks verschaffte. Als wir eben im Begriff waren, mit dem Capitain ans Land zu gehen, bekam die- ser einen Besuch von einem angesehenen Manne, der o-Pue hies und seine bey- den Söhne bey sich hatte. Sie brachten dem Capitain etwas Zeug und einige andre Kleinigkeiten zum Geschenk, und erhielten dagegen Messer, Nägel, Co- rallen, und ein Hemde, welches letztere einer von ihnen anlegte, und in diesent Aufzuge begleiteten sie uns ans Land. So bald wir ausgestiegen waren, eilten wir von dem sandichten Stran- Forſter’s Reiſe um die Welt 1773.Auguſt.Farben und Entfernungen zeigten. Ueber dieſe und das Thal hinaus, ragten aus dem Innern des Landes, mancherley romantiſch-geformte, ſteile Berg-Gipfel hervor, davon beſonders der eine auf eine mahleriſch-ſchoͤne, aber fuͤrchterliche Weiſe uͤberhieng und gleichſam den Einſturz drohte. Der Himmel war hei- ter und die Luft erquickend warm; kurz, alles floͤßte uns neues Leben und neuen Muth ein. Mittlerweile wurden die Boote beyder Schiffe nach o-Whai-urua geſchickt um die Anker zu holen, welche wir daſelbſt im Grunde hatten ſitzen laſ- ſen als wir auf den Felſen ſtießen. Zu gleicher Zeit ward eine Parthey See- Soldaten und Matroſen beordert ans Land zu gehen, um Lebensmittel einzuhan- deln, und unſre ledigen Faͤſſer mit friſchem Waſſer zu fuͤllen. Zu Ausfuͤhrung dieſes Vorhabens faßten ſie ohnweit dem Strande in einer verlaſſenen Wohnung Poſto, die ihnen nicht nur Schatten gegen die Sonne, ſondern auch, vermittelſt der Umzaͤunung, Sicherheit gegen die Diebereyen des Volks verſchaffte. Als wir eben im Begriff waren, mit dem Capitain ans Land zu gehen, bekam die- ſer einen Beſuch von einem angeſehenen Manne, der o-Pue hies und ſeine bey- den Soͤhne bey ſich hatte. Sie brachten dem Capitain etwas Zeug und einige andre Kleinigkeiten zum Geſchenk, und erhielten dagegen Meſſer, Naͤgel, Co- rallen, und ein Hemde, welches letztere einer von ihnen anlegte, und in dieſent Aufzuge begleiteten ſie uns ans Land. So bald wir ausgeſtiegen waren, eilten wir von dem ſandichten Stran- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0257" n="204"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><persName>Forſter’s</persName> Reiſe um die Welt</hi></fw><lb/><note place="left">1773.<lb/> Auguſt.</note>Farben und Entfernungen zeigten. Ueber dieſe und das Thal hinaus, ragten aus<lb/> dem Innern des Landes, mancherley romantiſch-geformte, ſteile Berg-Gipfel<lb/> hervor, davon beſonders der eine auf eine mahleriſch-ſchoͤne, aber fuͤrchterliche<lb/> Weiſe uͤberhieng und gleichſam den Einſturz drohte. Der Himmel war hei-<lb/> ter und die Luft erquickend warm; kurz, alles floͤßte uns neues Leben und neuen<lb/> Muth ein. Mittlerweile wurden die Boote beyder Schiffe nach <hi rendition="#fr"><placeName>o-Whai-urua</placeName></hi><lb/> geſchickt um die Anker zu holen, welche wir daſelbſt im Grunde hatten ſitzen laſ-<lb/> ſen als wir auf den Felſen ſtießen. Zu gleicher Zeit ward eine Parthey See-<lb/> Soldaten und Matroſen beordert ans Land zu gehen, um Lebensmittel einzuhan-<lb/> deln, und unſre ledigen Faͤſſer mit friſchem Waſſer zu fuͤllen. Zu Ausfuͤhrung<lb/> dieſes Vorhabens faßten ſie ohnweit dem Strande in einer verlaſſenen Wohnung<lb/> Poſto, die ihnen nicht nur Schatten gegen die Sonne, ſondern auch, vermittelſt<lb/> der Umzaͤunung, Sicherheit gegen die Diebereyen des Volks verſchaffte. Als<lb/> wir eben im Begriff waren, mit dem Capitain ans Land zu gehen, bekam die-<lb/> ſer einen Beſuch von einem angeſehenen Manne, der <hi rendition="#fr"><persName>o-Pue</persName></hi> hies und ſeine bey-<lb/> den Soͤhne bey ſich hatte. Sie brachten dem Capitain etwas Zeug und einige<lb/> andre Kleinigkeiten zum Geſchenk, und erhielten dagegen Meſſer, Naͤgel, Co-<lb/> rallen, und ein Hemde, welches letztere einer von ihnen anlegte, und in dieſent<lb/> Aufzuge begleiteten ſie uns ans Land.</p><lb/> <p>So bald wir ausgeſtiegen waren, eilten wir von dem ſandichten Stran-<lb/> de, wo fuͤr unſre Wiſſenſchaft keine Entdeckungen zu erwarten waren, weg,<lb/> und nach den Plantagen hin, die uns vom Schiffe her ſo reizend ausgeſehen<lb/> hatten. Ohnerachtet der ſpaͤten Jahreszeit wegen Laub und Gras ſchon durchgehends<lb/> mit herbſtlichem Braun gefaͤrbt war, ſo bemerkten wir doch bald, daß dieſe Gegen-<lb/> den in der Naͤhe nichts von ihren Reizen verloͤren, und daß Herr von <hi rendition="#fr">Bougain-<lb/> ville</hi> nicht zu weit gegangen ſey, wenn er dies Land als ein Paradies beſchrie-<lb/> ben. Wir befanden uns in einem Wald von Brodfrucht-Baͤumen, auf denen<lb/> aber bey dieſer Jahrszeit keine Fruͤchte mehr waren, und beym Ausgang des Ge-<lb/> hoͤlzes ſahen wir einen ſchmalen, von Gras entbloͤßten Fuspfad vor uns, ver-<lb/> mittelſt deſſen wir bald zu verſchiednen Wohnungen gelangten, die unter man-<lb/> cherley Buſchwerk halb verſteckt lagen. Hohe Cocos-Palmen ragten weit uͤber<lb/> die andren Baͤume empor und neigten ihre haͤngenden Wipfel auf allen Seiten ge-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0257]
Forſter’s Reiſe um die Welt
Farben und Entfernungen zeigten. Ueber dieſe und das Thal hinaus, ragten aus
dem Innern des Landes, mancherley romantiſch-geformte, ſteile Berg-Gipfel
hervor, davon beſonders der eine auf eine mahleriſch-ſchoͤne, aber fuͤrchterliche
Weiſe uͤberhieng und gleichſam den Einſturz drohte. Der Himmel war hei-
ter und die Luft erquickend warm; kurz, alles floͤßte uns neues Leben und neuen
Muth ein. Mittlerweile wurden die Boote beyder Schiffe nach o-Whai-urua
geſchickt um die Anker zu holen, welche wir daſelbſt im Grunde hatten ſitzen laſ-
ſen als wir auf den Felſen ſtießen. Zu gleicher Zeit ward eine Parthey See-
Soldaten und Matroſen beordert ans Land zu gehen, um Lebensmittel einzuhan-
deln, und unſre ledigen Faͤſſer mit friſchem Waſſer zu fuͤllen. Zu Ausfuͤhrung
dieſes Vorhabens faßten ſie ohnweit dem Strande in einer verlaſſenen Wohnung
Poſto, die ihnen nicht nur Schatten gegen die Sonne, ſondern auch, vermittelſt
der Umzaͤunung, Sicherheit gegen die Diebereyen des Volks verſchaffte. Als
wir eben im Begriff waren, mit dem Capitain ans Land zu gehen, bekam die-
ſer einen Beſuch von einem angeſehenen Manne, der o-Pue hies und ſeine bey-
den Soͤhne bey ſich hatte. Sie brachten dem Capitain etwas Zeug und einige
andre Kleinigkeiten zum Geſchenk, und erhielten dagegen Meſſer, Naͤgel, Co-
rallen, und ein Hemde, welches letztere einer von ihnen anlegte, und in dieſent
Aufzuge begleiteten ſie uns ans Land.
1773.
Auguſt.
So bald wir ausgeſtiegen waren, eilten wir von dem ſandichten Stran-
de, wo fuͤr unſre Wiſſenſchaft keine Entdeckungen zu erwarten waren, weg,
und nach den Plantagen hin, die uns vom Schiffe her ſo reizend ausgeſehen
hatten. Ohnerachtet der ſpaͤten Jahreszeit wegen Laub und Gras ſchon durchgehends
mit herbſtlichem Braun gefaͤrbt war, ſo bemerkten wir doch bald, daß dieſe Gegen-
den in der Naͤhe nichts von ihren Reizen verloͤren, und daß Herr von Bougain-
ville nicht zu weit gegangen ſey, wenn er dies Land als ein Paradies beſchrie-
ben. Wir befanden uns in einem Wald von Brodfrucht-Baͤumen, auf denen
aber bey dieſer Jahrszeit keine Fruͤchte mehr waren, und beym Ausgang des Ge-
hoͤlzes ſahen wir einen ſchmalen, von Gras entbloͤßten Fuspfad vor uns, ver-
mittelſt deſſen wir bald zu verſchiednen Wohnungen gelangten, die unter man-
cherley Buſchwerk halb verſteckt lagen. Hohe Cocos-Palmen ragten weit uͤber
die andren Baͤume empor und neigten ihre haͤngenden Wipfel auf allen Seiten ge-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |