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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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Forster's Reise um die Welt
1773.
August.
so nahe, daß wir schon das Quiken junger Ferkel hören konnten, und dieser
Ton klang uns damals lieblicher als die herrlichste Music des größten Virtuosen.
Indessen waren unsre Leute nicht so glücklich, einige davon zu erhandeln, viel-
mehr weigerte man sich, sie ihnen zu verkaufen, unter dem Vorwande, daß sie
insgesammt dem Erih oder Könige zugehörten.

Mittlerweile, daß dies am Lande vorgieng, langte beym Schiff ein größe-
res Canot an, in welchem sich ein schöner wohlgebildeter Mann befand, der
ohngefähr 6 Fus groß seyn mochte und drey Frauenspersonen bey sich hatte.
Diese kamen allerseits an Bord, und der Mann meldete uns gleich beym Ein-
tritt daß er O-Tai hieße. Er schien in dieser Gegend der Insel von einiger
Bedeutung zu seyn und mochte wohl zu der Classe von Vasallen oder Freyen ge-
hören, welche in Capitain Cooks erster Reise Manahunä's genannt werden.
Er gesellete sich alsbald zu den Officieren, die auf dem Verdeck beysammen waren,
vermuthlich, weil er glaubte, daß sich diese Gesellschaft und dieser Platz
am besten für ihn schickten. Er war um ein merkliches weißer als irgend einer von
seinen Landsleuten, so viel wir deren noch gesehen, und gab in diesem Betracht
den westindischen Mestizen wenig nach: Dabey hatte er würklich schöne und
regelmäßige Züge; die Stirn war hoch, die Augenbrauen gewölbt, die großen
schwarzen Augen voll Ausdrucks und die Nase wohl proportionirt. In der
Bildung des Mundes lag etwas besonders angenehmes und gefälliges; die Lip-
pen waren zwar etwas dick, aber nicht unangenehm oder aufgeworfen. Der
Bart war schwarz und fein gekräuselt und sein pechschwarzes, von Natur lockig-
tes Haar hieng ihm, der Landesart nach, um den Hals. Da er aber sahe, daß
wir unsre Haare im Nacken zusammen gebunden trugen, so war er gleich dar-
über her diese Mode nachzuahmen und bediente sich hiezu eines schwarzen seidnen
Halstuches, welches ihm Herr Clerke geschenkt hatte. Im Ganzen war der Cör-
per wohlgebildet, jedoch etwas zu dick; und auch die Füße verhältnißweise
zu groß. Mit Hülfe unsrer Wörter-Bücher legten wir ihm verschiedne
Fragen vor. Eine der ersten war, ob Tutahah *) noch wohl sey? Wir

*) In Hawkesworths Gesch der engl. See Reisen in 4. zweyter Band, pag. 85. ist die-
ser Name, der engl. Schreibart nach, Tootahah ortographirt, weiches Tutahah aus-
gesprochen wird Dieser Mann war damals Regent, oder doch Administrator der Landes-
gierung, S. ebendas. Seite 105. 120.

Forſter’s Reiſe um die Welt
1773.
Auguſt.
ſo nahe, daß wir ſchon das Quiken junger Ferkel hoͤren konnten, und dieſer
Ton klang uns damals lieblicher als die herrlichſte Muſic des groͤßten Virtuoſen.
Indeſſen waren unſre Leute nicht ſo gluͤcklich, einige davon zu erhandeln, viel-
mehr weigerte man ſich, ſie ihnen zu verkaufen, unter dem Vorwande, daß ſie
insgeſammt dem Erih oder Koͤnige zugehoͤrten.

Mittlerweile, daß dies am Lande vorgieng, langte beym Schiff ein groͤße-
res Canot an, in welchem ſich ein ſchoͤner wohlgebildeter Mann befand, der
ohngefaͤhr 6 Fus groß ſeyn mochte und drey Frauensperſonen bey ſich hatte.
Dieſe kamen allerſeits an Bord, und der Mann meldete uns gleich beym Ein-
tritt daß er O-Taï hieße. Er ſchien in dieſer Gegend der Inſel von einiger
Bedeutung zu ſeyn und mochte wohl zu der Claſſe von Vaſallen oder Freyen ge-
hoͤren, welche in Capitain Cooks erſter Reiſe Manahunaͤ’s genannt werden.
Er geſellete ſich alsbald zu den Officieren, die auf dem Verdeck beyſammen waren,
vermuthlich, weil er glaubte, daß ſich dieſe Geſellſchaft und dieſer Platz
am beſten fuͤr ihn ſchickten. Er war um ein merkliches weißer als irgend einer von
ſeinen Landsleuten, ſo viel wir deren noch geſehen, und gab in dieſem Betracht
den weſtindiſchen Meſtizen wenig nach: Dabey hatte er wuͤrklich ſchoͤne und
regelmaͤßige Zuͤge; die Stirn war hoch, die Augenbrauen gewoͤlbt, die großen
ſchwarzen Augen voll Ausdrucks und die Naſe wohl proportionirt. In der
Bildung des Mundes lag etwas beſonders angenehmes und gefaͤlliges; die Lip-
pen waren zwar etwas dick, aber nicht unangenehm oder aufgeworfen. Der
Bart war ſchwarz und fein gekraͤuſelt und ſein pechſchwarzes, von Natur lockig-
tes Haar hieng ihm, der Landesart nach, um den Hals. Da er aber ſahe, daß
wir unſre Haare im Nacken zuſammen gebunden trugen, ſo war er gleich dar-
uͤber her dieſe Mode nachzuahmen und bediente ſich hiezu eines ſchwarzen ſeidnen
Halstuches, welches ihm Herr Clerke geſchenkt hatte. Im Ganzen war der Coͤr-
per wohlgebildet, jedoch etwas zu dick; und auch die Fuͤße verhaͤltnißweiſe
zu groß. Mit Huͤlfe unſrer Woͤrter-Buͤcher legten wir ihm verſchiedne
Fragen vor. Eine der erſten war, ob Tutahah *) noch wohl ſey? Wir

*) In Hawkesworths Geſch der engl. See Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 85. iſt die-
ſer Name, der engl. Schreibart nach, Tootahah ortographirt, weiches Tutahah aus-
geſprochen wird Dieſer Mann war damals Regent, oder doch Adminiſtrator der Landes-
gierung, S. ebendaſ. Seite 105. 120.
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[196/0249] Forſter’s Reiſe um die Welt ſo nahe, daß wir ſchon das Quiken junger Ferkel hoͤren konnten, und dieſer Ton klang uns damals lieblicher als die herrlichſte Muſic des groͤßten Virtuoſen. Indeſſen waren unſre Leute nicht ſo gluͤcklich, einige davon zu erhandeln, viel- mehr weigerte man ſich, ſie ihnen zu verkaufen, unter dem Vorwande, daß ſie insgeſammt dem Erih oder Koͤnige zugehoͤrten. 1773. Auguſt. Mittlerweile, daß dies am Lande vorgieng, langte beym Schiff ein groͤße- res Canot an, in welchem ſich ein ſchoͤner wohlgebildeter Mann befand, der ohngefaͤhr 6 Fus groß ſeyn mochte und drey Frauensperſonen bey ſich hatte. Dieſe kamen allerſeits an Bord, und der Mann meldete uns gleich beym Ein- tritt daß er O-Taï hieße. Er ſchien in dieſer Gegend der Inſel von einiger Bedeutung zu ſeyn und mochte wohl zu der Claſſe von Vaſallen oder Freyen ge- hoͤren, welche in Capitain Cooks erſter Reiſe Manahunaͤ’s genannt werden. Er geſellete ſich alsbald zu den Officieren, die auf dem Verdeck beyſammen waren, vermuthlich, weil er glaubte, daß ſich dieſe Geſellſchaft und dieſer Platz am beſten fuͤr ihn ſchickten. Er war um ein merkliches weißer als irgend einer von ſeinen Landsleuten, ſo viel wir deren noch geſehen, und gab in dieſem Betracht den weſtindiſchen Meſtizen wenig nach: Dabey hatte er wuͤrklich ſchoͤne und regelmaͤßige Zuͤge; die Stirn war hoch, die Augenbrauen gewoͤlbt, die großen ſchwarzen Augen voll Ausdrucks und die Naſe wohl proportionirt. In der Bildung des Mundes lag etwas beſonders angenehmes und gefaͤlliges; die Lip- pen waren zwar etwas dick, aber nicht unangenehm oder aufgeworfen. Der Bart war ſchwarz und fein gekraͤuſelt und ſein pechſchwarzes, von Natur lockig- tes Haar hieng ihm, der Landesart nach, um den Hals. Da er aber ſahe, daß wir unſre Haare im Nacken zuſammen gebunden trugen, ſo war er gleich dar- uͤber her dieſe Mode nachzuahmen und bediente ſich hiezu eines ſchwarzen ſeidnen Halstuches, welches ihm Herr Clerke geſchenkt hatte. Im Ganzen war der Coͤr- per wohlgebildet, jedoch etwas zu dick; und auch die Fuͤße verhaͤltnißweiſe zu groß. Mit Huͤlfe unſrer Woͤrter-Buͤcher legten wir ihm verſchiedne Fragen vor. Eine der erſten war, ob Tutahah *) noch wohl ſey? Wir *) In Hawkesworths Geſch der engl. See Reiſen in 4. zweyter Band, pag. 85. iſt die- ſer Name, der engl. Schreibart nach, Tootahah ortographirt, weiches Tutahah aus- geſprochen wird Dieſer Mann war damals Regent, oder doch Adminiſtrator der Landes- gierung, S. ebendaſ. Seite 105. 120.

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/249>, abgerufen am 22.11.2024.