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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
nerhalb wenig Minuten, eine halbe Meile weit vor sich her trieb. Bey so gefähr-1773.
May.

lichen Umständen mußten wir alle Augenblick gewärtig seyn, daß das Boot um-
schlagen oder versinken würde, und also war es unser sehnlichster Wunsch, wieder
in den See-Arm zu gelangen, welchen wir kurz zuvor so dreist verlassen hatten. Mit
unsäglicher Mühe gelang uns dies endlich und ohngefähr um 2 Uhr Nachmit-
tags, liefen wir, an der Nordseite desselben, in eine kleine hübsche Bucht ein.
Hier ward das Boot, so gut sichs thun ließ, in Sicherheit gebracht und Anstalt
zum Mittagbrod getroffen. In dieser Absicht kletterten wir einen öden Felsen
hinauf, und zündeten ein Feuer an, um einige Fische zu braten; allein, ob
wir gleich bis auf die Knochen naß waren und wegen des schneidenden Windes
jämmerlich froren, so war es uns doch unmöglich, nahe beym Feuer zu blei-
ben, denn der Sturm wirbelte die Flamme beständig umher und nöthigte uns
alle Augenblicke eine andre Stelle zu nehmen, um nicht verbrannt zu werden.
Endlich ward er vollends so heftig, daß man auf diesem gänzlich freyen Platze
kaum aufrecht stehen bleiben konnte; wir beschlossen also, zu unsrer und des
Boots größerer Sicherheit, an der andern Seite der Bucht Schutz zu suchen
und das Nachtquartier im Gehölze aufzuschlagen. Zu dem Ende ergrif ein je-
der einen Feuer-Brand, und in diesem fürchterlichen Aufzuge eilten wir ins Boot,
wo man uns, dem Ansehn nach, für eine Parthey verzweifelter Leute hätte nehmen
sollen, die auf irgend eine heillose Unternehmung ausgiengen. Zu unsrer größten
Verlegenheit fanden wir es aber im Gehölz fast noch ärger als auf dem Felsen,
von welchem uns der Sturm vertrieben hatte, denn hier war es so naß, daß
wir kaum das Feuer brennend erhalten konnten. Wir hatten kein Obdach gegen
den heftigen Regen, der von den Bäumen doppelt auf uns herab goß, und da
der Rauch, des Windes wegen, nicht in die Höhe steigen konnte, so hätten
wir dabey ersticken mögen. Auf solche Weise war weder an Abendbrod noch
an Erwärmen zu gedenken, sondern wir mußten uns hungrig und halb erfro-
ren, in unsre nassen Mäntel gehüllt, auf den feuchten Boden niederlegen. So er-
bärmlich indessen auch diese Lage, besonders für diejenigen unter uns war, die sich
durch die Erkältung Reißen in den Gliedern zugezogen hatten, so war gleichwohl
jedermann dermaßen abgemattet, daß wir auf einige Augenblicke in Schlaf fielen.
Doch ohngefähr um zwey Uhr des Nachts wurden wir durch einen harten Don-

S 2

in den Jahren 1772 bis 1775.
nerhalb wenig Minuten, eine halbe Meile weit vor ſich her trieb. Bey ſo gefaͤhr-1773.
May.

lichen Umſtaͤnden mußten wir alle Augenblick gewaͤrtig ſeyn, daß das Boot um-
ſchlagen oder verſinken wuͤrde, und alſo war es unſer ſehnlichſter Wunſch, wieder
in den See-Arm zu gelangen, welchen wir kurz zuvor ſo dreiſt verlaſſen hatten. Mit
unſaͤglicher Muͤhe gelang uns dies endlich und ohngefaͤhr um 2 Uhr Nachmit-
tags, liefen wir, an der Nordſeite deſſelben, in eine kleine huͤbſche Bucht ein.
Hier ward das Boot, ſo gut ſichs thun ließ, in Sicherheit gebracht und Anſtalt
zum Mittagbrod getroffen. In dieſer Abſicht kletterten wir einen oͤden Felſen
hinauf, und zuͤndeten ein Feuer an, um einige Fiſche zu braten; allein, ob
wir gleich bis auf die Knochen naß waren und wegen des ſchneidenden Windes
jaͤmmerlich froren, ſo war es uns doch unmoͤglich, nahe beym Feuer zu blei-
ben, denn der Sturm wirbelte die Flamme beſtaͤndig umher und noͤthigte uns
alle Augenblicke eine andre Stelle zu nehmen, um nicht verbrannt zu werden.
Endlich ward er vollends ſo heftig, daß man auf dieſem gaͤnzlich freyen Platze
kaum aufrecht ſtehen bleiben konnte; wir beſchloſſen alſo, zu unſrer und des
Boots groͤßerer Sicherheit, an der andern Seite der Bucht Schutz zu ſuchen
und das Nachtquartier im Gehoͤlze aufzuſchlagen. Zu dem Ende ergrif ein je-
der einen Feuer-Brand, und in dieſem fuͤrchterlichen Aufzuge eilten wir ins Boot,
wo man uns, dem Anſehn nach, fuͤr eine Parthey verzweifelter Leute haͤtte nehmen
ſollen, die auf irgend eine heilloſe Unternehmung ausgiengen. Zu unſrer groͤßten
Verlegenheit fanden wir es aber im Gehoͤlz faſt noch aͤrger als auf dem Felſen,
von welchem uns der Sturm vertrieben hatte, denn hier war es ſo naß, daß
wir kaum das Feuer brennend erhalten konnten. Wir hatten kein Obdach gegen
den heftigen Regen, der von den Baͤumen doppelt auf uns herab goß, und da
der Rauch, des Windes wegen, nicht in die Hoͤhe ſteigen konnte, ſo haͤtten
wir dabey erſticken moͤgen. Auf ſolche Weiſe war weder an Abendbrod noch
an Erwaͤrmen zu gedenken, ſondern wir mußten uns hungrig und halb erfro-
ren, in unſre naſſen Maͤntel gehuͤllt, auf den feuchten Boden niederlegen. So er-
baͤrmlich indeſſen auch dieſe Lage, beſonders fuͤr diejenigen unter uns war, die ſich
durch die Erkaͤltung Reißen in den Gliedern zugezogen hatten, ſo war gleichwohl
jedermann dermaßen abgemattet, daß wir auf einige Augenblicke in Schlaf fielen.
Doch ohngefaͤhr um zwey Uhr des Nachts wurden wir durch einen harten Don-

S 2
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[139/0190] in den Jahren 1772 bis 1775. nerhalb wenig Minuten, eine halbe Meile weit vor ſich her trieb. Bey ſo gefaͤhr- lichen Umſtaͤnden mußten wir alle Augenblick gewaͤrtig ſeyn, daß das Boot um- ſchlagen oder verſinken wuͤrde, und alſo war es unſer ſehnlichſter Wunſch, wieder in den See-Arm zu gelangen, welchen wir kurz zuvor ſo dreiſt verlaſſen hatten. Mit unſaͤglicher Muͤhe gelang uns dies endlich und ohngefaͤhr um 2 Uhr Nachmit- tags, liefen wir, an der Nordſeite deſſelben, in eine kleine huͤbſche Bucht ein. Hier ward das Boot, ſo gut ſichs thun ließ, in Sicherheit gebracht und Anſtalt zum Mittagbrod getroffen. In dieſer Abſicht kletterten wir einen oͤden Felſen hinauf, und zuͤndeten ein Feuer an, um einige Fiſche zu braten; allein, ob wir gleich bis auf die Knochen naß waren und wegen des ſchneidenden Windes jaͤmmerlich froren, ſo war es uns doch unmoͤglich, nahe beym Feuer zu blei- ben, denn der Sturm wirbelte die Flamme beſtaͤndig umher und noͤthigte uns alle Augenblicke eine andre Stelle zu nehmen, um nicht verbrannt zu werden. Endlich ward er vollends ſo heftig, daß man auf dieſem gaͤnzlich freyen Platze kaum aufrecht ſtehen bleiben konnte; wir beſchloſſen alſo, zu unſrer und des Boots groͤßerer Sicherheit, an der andern Seite der Bucht Schutz zu ſuchen und das Nachtquartier im Gehoͤlze aufzuſchlagen. Zu dem Ende ergrif ein je- der einen Feuer-Brand, und in dieſem fuͤrchterlichen Aufzuge eilten wir ins Boot, wo man uns, dem Anſehn nach, fuͤr eine Parthey verzweifelter Leute haͤtte nehmen ſollen, die auf irgend eine heilloſe Unternehmung ausgiengen. Zu unſrer groͤßten Verlegenheit fanden wir es aber im Gehoͤlz faſt noch aͤrger als auf dem Felſen, von welchem uns der Sturm vertrieben hatte, denn hier war es ſo naß, daß wir kaum das Feuer brennend erhalten konnten. Wir hatten kein Obdach gegen den heftigen Regen, der von den Baͤumen doppelt auf uns herab goß, und da der Rauch, des Windes wegen, nicht in die Hoͤhe ſteigen konnte, ſo haͤtten wir dabey erſticken moͤgen. Auf ſolche Weiſe war weder an Abendbrod noch an Erwaͤrmen zu gedenken, ſondern wir mußten uns hungrig und halb erfro- ren, in unſre naſſen Maͤntel gehuͤllt, auf den feuchten Boden niederlegen. So er- baͤrmlich indeſſen auch dieſe Lage, beſonders fuͤr diejenigen unter uns war, die ſich durch die Erkaͤltung Reißen in den Gliedern zugezogen hatten, ſo war gleichwohl jedermann dermaßen abgemattet, daß wir auf einige Augenblicke in Schlaf fielen. Doch ohngefaͤhr um zwey Uhr des Nachts wurden wir durch einen harten Don- 1773. May. S 2

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/190>, abgerufen am 25.11.2024.