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Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778.

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in den Jahren 1772 bis 1775.
selbst bey hellem Wetter, vornemlich aber bey Nebel und Regen, beständig dun-1773.
April.

kel war, und daß wir sogar zu Mittage oft Licht anstecken mußten. Doch lies-
sen wir uns diese Unannehmlichkeiten noch gern genug gefallen, weil in dieser
Gegend immer frische Fische zu haben waren, und wir vermittelst einer so ge-
sunden Kost, desgleichen bey Sprossen-Bier (spruce-beer) und Myrten-
Thee, wenigstens immer frisch und munter blieben. Seit unserm Hier-
serm Hierseyn waren wir würkliche Fischfresser (Ichthyophagi) geworden; denn
viele von uns aßen schlechterdings nichts als Fisch. Aus Besorgniß, daß wir
dieser treflichen Speise in der Folge überdrüßig werden könnten, suchten wir oft
neue Zubereitungs-Arten hervor. Wir machten Fisch-Suppen und Fisch-Pa-
steten, wir kochten, wir brateten, wir rösteten, wir stobten sie: Aber es war
besonders, daß alle Künsteleyen der Kochkunst, den Ekel, den wir damit ver-
hüten wollten, nur desto geschwinder hervor brachten, denn diejenigen, die sich
weißlich begnügten, ihre Fische schlechtweg aus See-Wasser gekocht zu essen,
blieben nur allein bey recht exemplarischem Appetit:
As if increase of appetite had grown
By what it fed on --

Shakespear.

Noch sonderbarer war es, daß um keinen Ekel gegen das Fischessen zu bekommen,
wir uns bey der so großen Mannigfaltigkeit, gleichwohl nur auf eine einzige Art
von Fischen einschränkten, die unsre Matrosen, der schwarzen Farbe wegen,
Kohlfische nannten, und in Geschmack und Art dem englischen Cabeljau ähn-
lich waren. Sie haben ein festes saftiges und nahrhaftes, aber nicht so delicates
Fleisch als wohl einige andre hiesige Fischarten, die wir jedoch nicht zu unserm
beständigen Essen machen mogten, weil sie, ihres Fettes wegen, gemeiniglich eine
sehr weichliche Speise waren. Eine schöne aber größere Art von Hummern (cancer
homarus Linnaei
) als der gewöhnliche Seekrebs, einige Schaalfische und zu-
weilen ein Seerabe (Corvorant), eine Endte, Taube oder Papagay, machten
dann und wann eine angenehme Abwechselung in unsrer täglichen Kost, welche in
Vergleich dessen was sie zur See gewesen, nun üppig und verschwenderisch zu
nennen war.


O 3

in den Jahren 1772 bis 1775.
ſelbſt bey hellem Wetter, vornemlich aber bey Nebel und Regen, beſtaͤndig dun-1773.
April.

kel war, und daß wir ſogar zu Mittage oft Licht anſtecken mußten. Doch lieſ-
ſen wir uns dieſe Unannehmlichkeiten noch gern genug gefallen, weil in dieſer
Gegend immer friſche Fiſche zu haben waren, und wir vermittelſt einer ſo ge-
ſunden Koſt, desgleichen bey Sproſſen-Bier (ſpruce-beer) und Myrten-
Thee, wenigſtens immer friſch und munter blieben. Seit unſerm Hier-
ſerm Hierſeyn waren wir wuͤrkliche Fiſchfreſſer (Ichthyophagi) geworden; denn
viele von uns aßen ſchlechterdings nichts als Fiſch. Aus Beſorgniß, daß wir
dieſer treflichen Speiſe in der Folge uͤberdruͤßig werden koͤnnten, ſuchten wir oft
neue Zubereitungs-Arten hervor. Wir machten Fiſch-Suppen und Fiſch-Pa-
ſteten, wir kochten, wir brateten, wir roͤſteten, wir ſtobten ſie: Aber es war
beſonders, daß alle Kuͤnſteleyen der Kochkunſt, den Ekel, den wir damit ver-
huͤten wollten, nur deſto geſchwinder hervor brachten, denn diejenigen, die ſich
weißlich begnuͤgten, ihre Fiſche ſchlechtweg aus See-Waſſer gekocht zu eſſen,
blieben nur allein bey recht exemplariſchem Appetit:
As if increaſe of appetite had grown
By what it fed on —

Shakespear.

Noch ſonderbarer war es, daß um keinen Ekel gegen das Fiſcheſſen zu bekommen,
wir uns bey der ſo großen Mannigfaltigkeit, gleichwohl nur auf eine einzige Art
von Fiſchen einſchraͤnkten, die unſre Matroſen, der ſchwarzen Farbe wegen,
Kohlfiſche nannten, und in Geſchmack und Art dem engliſchen Cabeljau aͤhn-
lich waren. Sie haben ein feſtes ſaftiges und nahrhaftes, aber nicht ſo delicates
Fleiſch als wohl einige andre hieſige Fiſcharten, die wir jedoch nicht zu unſerm
beſtaͤndigen Eſſen machen mogten, weil ſie, ihres Fettes wegen, gemeiniglich eine
ſehr weichliche Speiſe waren. Eine ſchoͤne aber groͤßere Art von Hummern (cancer
homarus Linnæi
) als der gewoͤhnliche Seekrebs, einige Schaalfiſche und zu-
weilen ein Seerabe (Corvorant), eine Endte, Taube oder Papagay, machten
dann und wann eine angenehme Abwechſelung in unſrer taͤglichen Koſt, welche in
Vergleich deſſen was ſie zur See geweſen, nun uͤppig und verſchwenderiſch zu
nennen war.


O 3
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[109/0160] in den Jahren 1772 bis 1775. ſelbſt bey hellem Wetter, vornemlich aber bey Nebel und Regen, beſtaͤndig dun- kel war, und daß wir ſogar zu Mittage oft Licht anſtecken mußten. Doch lieſ- ſen wir uns dieſe Unannehmlichkeiten noch gern genug gefallen, weil in dieſer Gegend immer friſche Fiſche zu haben waren, und wir vermittelſt einer ſo ge- ſunden Koſt, desgleichen bey Sproſſen-Bier (ſpruce-beer) und Myrten- Thee, wenigſtens immer friſch und munter blieben. Seit unſerm Hier- ſerm Hierſeyn waren wir wuͤrkliche Fiſchfreſſer (Ichthyophagi) geworden; denn viele von uns aßen ſchlechterdings nichts als Fiſch. Aus Beſorgniß, daß wir dieſer treflichen Speiſe in der Folge uͤberdruͤßig werden koͤnnten, ſuchten wir oft neue Zubereitungs-Arten hervor. Wir machten Fiſch-Suppen und Fiſch-Pa- ſteten, wir kochten, wir brateten, wir roͤſteten, wir ſtobten ſie: Aber es war beſonders, daß alle Kuͤnſteleyen der Kochkunſt, den Ekel, den wir damit ver- huͤten wollten, nur deſto geſchwinder hervor brachten, denn diejenigen, die ſich weißlich begnuͤgten, ihre Fiſche ſchlechtweg aus See-Waſſer gekocht zu eſſen, blieben nur allein bey recht exemplariſchem Appetit: As if increaſe of appetite had grown By what it fed on — Shakespear. Noch ſonderbarer war es, daß um keinen Ekel gegen das Fiſcheſſen zu bekommen, wir uns bey der ſo großen Mannigfaltigkeit, gleichwohl nur auf eine einzige Art von Fiſchen einſchraͤnkten, die unſre Matroſen, der ſchwarzen Farbe wegen, Kohlfiſche nannten, und in Geſchmack und Art dem engliſchen Cabeljau aͤhn- lich waren. Sie haben ein feſtes ſaftiges und nahrhaftes, aber nicht ſo delicates Fleiſch als wohl einige andre hieſige Fiſcharten, die wir jedoch nicht zu unſerm beſtaͤndigen Eſſen machen mogten, weil ſie, ihres Fettes wegen, gemeiniglich eine ſehr weichliche Speiſe waren. Eine ſchoͤne aber groͤßere Art von Hummern (cancer homarus Linnæi) als der gewoͤhnliche Seekrebs, einige Schaalfiſche und zu- weilen ein Seerabe (Corvorant), eine Endte, Taube oder Papagay, machten dann und wann eine angenehme Abwechſelung in unſrer taͤglichen Koſt, welche in Vergleich deſſen was ſie zur See geweſen, nun uͤppig und verſchwenderiſch zu nennen war. 1773. April. O 3

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Johann Reinhold Forster's [...] Reise um die Welt. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_reise01_1778/160>, abgerufen am 25.11.2024.