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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

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öffentlichen Plätzen und auf den Giebeln
öffentlicher Gebäude, erwarb. Die Belgier
zogen ruhig auf der breiten Heerstrasse der
Gewohnheit fort, und verrichteten willig
und mechanisch ihr Tagewerk, ohne sich
um die Verwaltung der öffentlichen Ange¬
legenheiten zu kümmern. Ihr Vertrauen in
die weise Führung der höhern Stände ging
so weit, dass verschiedene Brabantische Städ¬
te von ihrem Recht, Abgeordnete zur Ver¬
sammlung zu schicken, keinen Gebrauch
machten und der dritte Stand folglich zu¬
letzt wenig mehr als dem Namen nach exi¬
stirte. Die Geistlichkeit hatte beinahe in
allen Provinzen, als erster und zahlreichster
Landstand, ein entschiedenes Übergewicht.
Ihre treue Ergebenheit gegen den Hof beru¬
hete auf einem gemeinschaftlichen Interesse.
Die süsse Herrschaft über die Gemüther, in
deren Besitze man sie nicht störte, war im¬

öffentlichen Plätzen und auf den Giebeln
öffentlicher Gebäude, erwarb. Die Belgier
zogen ruhig auf der breiten Heerstraſse der
Gewohnheit fort, und verrichteten willig
und mechanisch ihr Tagewerk, ohne sich
um die Verwaltung der öffentlichen Ange¬
legenheiten zu kümmern. Ihr Vertrauen in
die weise Führung der höhern Stände ging
so weit, daſs verschiedene Brabantische Städ¬
te von ihrem Recht, Abgeordnete zur Ver¬
sammlung zu schicken, keinen Gebrauch
machten und der dritte Stand folglich zu¬
letzt wenig mehr als dem Namen nach exi¬
stirte. Die Geistlichkeit hatte beinahe in
allen Provinzen, als erster und zahlreichster
Landstand, ein entschiedenes Übergewicht.
Ihre treue Ergebenheit gegen den Hof beru¬
hete auf einem gemeinschaftlichen Interesse.
Die süſse Herrschaft über die Gemüther, in
deren Besitze man sie nicht störte, war im¬

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[22/0028] öffentlichen Plätzen und auf den Giebeln öffentlicher Gebäude, erwarb. Die Belgier zogen ruhig auf der breiten Heerstraſse der Gewohnheit fort, und verrichteten willig und mechanisch ihr Tagewerk, ohne sich um die Verwaltung der öffentlichen Ange¬ legenheiten zu kümmern. Ihr Vertrauen in die weise Führung der höhern Stände ging so weit, daſs verschiedene Brabantische Städ¬ te von ihrem Recht, Abgeordnete zur Ver¬ sammlung zu schicken, keinen Gebrauch machten und der dritte Stand folglich zu¬ letzt wenig mehr als dem Namen nach exi¬ stirte. Die Geistlichkeit hatte beinahe in allen Provinzen, als erster und zahlreichster Landstand, ein entschiedenes Übergewicht. Ihre treue Ergebenheit gegen den Hof beru¬ hete auf einem gemeinschaftlichen Interesse. Die süſse Herrschaft über die Gemüther, in deren Besitze man sie nicht störte, war im¬

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/28>, abgerufen am 21.11.2024.