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Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791.

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lischt die Energie des menschlichen Geistes
nicht: in ihrem Wirken unterbrochen, wirft
sie sich gern erst in neue Kanäle. Der
Luxus der Hauptstadt, der gehemmte Umlauf
ungeheurer Kapitalien in den Handelsstädten,
die Politik und die Hoffart der Klerisei
und der geistlichen Orden gaben anfänglich
den Künstlern Beschäftigung; allein auch
diese Periode war bald verflossen, und alles
neigte sich unter dem narkotischen Fittig
der Pfaffenerziehung zum langen Geistes¬
schlafe. Um Gestalten hinzaubern zu kön¬
nen als lebten sie, um Menschen handelnd
darstellen, ja in Thaten gross auch nur ahn¬
den zu können, müssen frühzeitig die Bilder
des Mannichfaltigen den unbefangenen Geist
zur Thätigkeit wecken und die Begierde zu
schaffen in seinem Innern hervorrufen. Das
träge Blut des Belgiers vermochte dies nie
von selbst. Als der Rausch, den ihm die

lischt die Energie des menschlichen Geistes
nicht: in ihrem Wirken unterbrochen, wirft
sie sich gern erst in neue Kanäle. Der
Luxus der Hauptstadt, der gehemmte Umlauf
ungeheurer Kapitalien in den Handelsstädten,
die Politik und die Hoffart der Klerisei
und der geistlichen Orden gaben anfänglich
den Künstlern Beschäftigung; allein auch
diese Periode war bald verflossen, und alles
neigte sich unter dem narkotischen Fittig
der Pfaffenerziehung zum langen Geistes¬
schlafe. Um Gestalten hinzaubern zu kön¬
nen als lebten sie, um Menschen handelnd
darstellen, ja in Thaten groſs auch nur ahn¬
den zu können, müssen frühzeitig die Bilder
des Mannichfaltigen den unbefangenen Geist
zur Thätigkeit wecken und die Begierde zu
schaffen in seinem Innern hervorrufen. Das
träge Blut des Belgiers vermochte dies nie
von selbst. Als der Rausch, den ihm die

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[13/0019] lischt die Energie des menschlichen Geistes nicht: in ihrem Wirken unterbrochen, wirft sie sich gern erst in neue Kanäle. Der Luxus der Hauptstadt, der gehemmte Umlauf ungeheurer Kapitalien in den Handelsstädten, die Politik und die Hoffart der Klerisei und der geistlichen Orden gaben anfänglich den Künstlern Beschäftigung; allein auch diese Periode war bald verflossen, und alles neigte sich unter dem narkotischen Fittig der Pfaffenerziehung zum langen Geistes¬ schlafe. Um Gestalten hinzaubern zu kön¬ nen als lebten sie, um Menschen handelnd darstellen, ja in Thaten groſs auch nur ahn¬ den zu können, müssen frühzeitig die Bilder des Mannichfaltigen den unbefangenen Geist zur Thätigkeit wecken und die Begierde zu schaffen in seinem Innern hervorrufen. Das träge Blut des Belgiers vermochte dies nie von selbst. Als der Rausch, den ihm die

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Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 2. Berlin, 1791, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein02_1791/19>, abgerufen am 24.11.2024.