Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen,
der es angab, über die Unschicklichkeit et¬
was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬
wundern, wenn ein solcher Gegenstand die
ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht
begeistern konnte, wenn sie nichts anders,
als ein gemeines Weib in einer unanstän¬
digen Handlung begriffen, und einen eben
so gemeinen Mönch darstellen konnten,
ohne auch nur zu versuchen, ob in diese
Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬
nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬
teresse zu bringen sei? Das weit edlere
Süjet von Cimon und seiner Tochter ist
schon ausserhalb der Gränzen der Malerei,
wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo
sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken
giebt. Zu geschweigen, dass die Handlung,
so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬
zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬

I. Theil. G g

wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen,
der es angab, über die Unschicklichkeit et¬
was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬
wundern, wenn ein solcher Gegenstand die
ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht
begeistern konnte, wenn sie nichts anders,
als ein gemeines Weib in einer unanstän¬
digen Handlung begriffen, und einen eben
so gemeinen Mönch darstellen konnten,
ohne auch nur zu versuchen, ob in diese
Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬
nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬
teresse zu bringen sei? Das weit edlere
Süjet von Cimon und seiner Tochter ist
schon auſserhalb der Gränzen der Malerei,
wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo
sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken
giebt. Zu geschweigen, daſs die Handlung,
so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬
zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬

I. Theil. G g
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0477" n="465"/>
wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen,<lb/>
der es angab, über die Unschicklichkeit et¬<lb/>
was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬<lb/>
wundern, wenn ein solcher Gegenstand die<lb/>
ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht<lb/>
begeistern konnte, wenn sie nichts anders,<lb/>
als ein gemeines Weib in einer unanstän¬<lb/>
digen Handlung begriffen, und einen eben<lb/>
so gemeinen Mönch darstellen konnten,<lb/>
ohne auch nur zu versuchen, ob in diese<lb/>
Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬<lb/>
nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬<lb/>
teresse zu bringen sei? Das weit edlere<lb/>
Süjet von Cimon und seiner Tochter ist<lb/>
schon au&#x017F;serhalb der Gränzen der Malerei,<lb/>
wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo<lb/>
sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken<lb/>
giebt. Zu geschweigen, da&#x017F;s die Handlung,<lb/>
so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬<lb/>
zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">I. <hi rendition="#g">Theil</hi>. G g<lb/></fw>
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[465/0477] wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen, der es angab, über die Unschicklichkeit et¬ was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬ wundern, wenn ein solcher Gegenstand die ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht begeistern konnte, wenn sie nichts anders, als ein gemeines Weib in einer unanstän¬ digen Handlung begriffen, und einen eben so gemeinen Mönch darstellen konnten, ohne auch nur zu versuchen, ob in diese Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬ nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬ teresse zu bringen sei? Das weit edlere Süjet von Cimon und seiner Tochter ist schon auſserhalb der Gränzen der Malerei, wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken giebt. Zu geschweigen, daſs die Handlung, so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬ zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬ I. Theil. G g

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/477
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/477>, abgerufen am 25.11.2024.