wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen, der es angab, über die Unschicklichkeit et¬ was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬ wundern, wenn ein solcher Gegenstand die ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht begeistern konnte, wenn sie nichts anders, als ein gemeines Weib in einer unanstän¬ digen Handlung begriffen, und einen eben so gemeinen Mönch darstellen konnten, ohne auch nur zu versuchen, ob in diese Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬ nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬ teresse zu bringen sei? Das weit edlere Süjet von Cimon und seiner Tochter ist schon ausserhalb der Gränzen der Malerei, wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken giebt. Zu geschweigen, dass die Handlung, so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬ zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬
I. Theil. G g
wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen, der es angab, über die Unschicklichkeit et¬ was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬ wundern, wenn ein solcher Gegenstand die ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht begeistern konnte, wenn sie nichts anders, als ein gemeines Weib in einer unanstän¬ digen Handlung begriffen, und einen eben so gemeinen Mönch darstellen konnten, ohne auch nur zu versuchen, ob in diese Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬ nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬ teresse zu bringen sei? Das weit edlere Süjet von Cimon und seiner Tochter ist schon auſserhalb der Gränzen der Malerei, wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken giebt. Zu geschweigen, daſs die Handlung, so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬ zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬
I. Theil. G g
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0477"n="465"/>
wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen,<lb/>
der es angab, über die Unschicklichkeit et¬<lb/>
was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬<lb/>
wundern, wenn ein solcher Gegenstand die<lb/>
ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht<lb/>
begeistern konnte, wenn sie nichts anders,<lb/>
als ein gemeines Weib in einer unanstän¬<lb/>
digen Handlung begriffen, und einen eben<lb/>
so gemeinen Mönch darstellen konnten,<lb/>
ohne auch nur zu versuchen, ob in diese<lb/>
Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬<lb/>
nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬<lb/>
teresse zu bringen sei? Das weit edlere<lb/>
Süjet von Cimon und seiner Tochter ist<lb/>
schon auſserhalb der Gränzen der Malerei,<lb/>
wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo<lb/>
sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken<lb/>
giebt. Zu geschweigen, daſs die Handlung,<lb/>
so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬<lb/>
zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬<lb/><fwplace="bottom"type="sig">I. <hirendition="#g">Theil</hi>. G g<lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[465/0477]
wäre es gefährlich gewesen, dem Pfaffen,
der es angab, über die Unschicklichkeit et¬
was merken zu lassen. Ist es aber zu ver¬
wundern, wenn ein solcher Gegenstand die
ohnehin schwerfälligen Niederländer nicht
begeistern konnte, wenn sie nichts anders,
als ein gemeines Weib in einer unanstän¬
digen Handlung begriffen, und einen eben
so gemeinen Mönch darstellen konnten,
ohne auch nur zu versuchen, ob in diese
Figuren, die in einem so ekelhaften Verhält¬
nisse gegen einander stehen, ein anderes In¬
teresse zu bringen sei? Das weit edlere
Süjet von Cimon und seiner Tochter ist
schon auſserhalb der Gränzen der Malerei,
wenigstens was den Zeitpunkt betrift, wo
sie dem alten Vater ihre Brust zu trinken
giebt. Zu geschweigen, daſs die Handlung,
so edel sie in sich wirklich ist, ihren gan¬
zen Werth verliert, sobald man sie sich of¬
I. Theil. G g
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/477>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.