Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

stimmung: wo bleibt dann die Spur jener
Götterweide, die Laktanz darin setzte, ei¬
nen grossen Mann gegen ein feindseliges Ge¬
schick ankämpfen zu sehen? Wo wir auf¬
hören zu unterscheiden, da sind die Grän¬
zen unserer Erkenntniss: wo nichts Hervor¬
stechendes ist, kann die Einbildungskraft keine
Kennzeichen sammlen, um ihren Zusammen¬
setzungen Grösse, Erhabenheit und Mannich¬
faltigkeit zu geben. Excentricität ist daher
eine Bedingung, ohne welche sich der höch¬
ste Punkt der Ausbildung gewisser Anlagen
nicht erreichen lässt; ein allgemein vertheil¬
tes Gleichgewicht der Kräfte hingegen bleibt
überall in den Schranken der Mittelmässigkeit.
Eine Verfassung des gesammten Menschenge¬
schlechts also, die uns von dem Joche der
Leidenschaften und mit demselben von der
Willkühr des Stärkeren auf immer befreite,
indem sie Allen dasselbe Vernunftgesetz zur

stimmung: wo bleibt dann die Spur jener
Götterweide, die Laktanz darin setzte, ei¬
nen groſsen Mann gegen ein feindseliges Ge¬
schick ankämpfen zu sehen? Wo wir auf¬
hören zu unterscheiden, da sind die Grän¬
zen unserer Erkenntniſs: wo nichts Hervor¬
stechendes ist, kann die Einbildungskraft keine
Kennzeichen sammlen, um ihren Zusammen¬
setzungen Gröſse, Erhabenheit und Mannich¬
faltigkeit zu geben. Excentricität ist daher
eine Bedingung, ohne welche sich der höch¬
ste Punkt der Ausbildung gewisser Anlagen
nicht erreichen läſst; ein allgemein vertheil¬
tes Gleichgewicht der Kräfte hingegen bleibt
überall in den Schranken der Mittelmäſsigkeit.
Eine Verfassung des gesammten Menschenge¬
schlechts also, die uns von dem Joche der
Leidenschaften und mit demselben von der
Willkühr des Stärkeren auf immer befreite,
indem sie Allen dasselbe Vernunftgesetz zur

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0407" n="395"/>
stimmung: wo bleibt dann die Spur jener<lb/>
Götterweide, die <hi rendition="#i">Laktanz</hi> darin setzte, ei¬<lb/>
nen gro&#x017F;sen Mann gegen ein feindseliges Ge¬<lb/>
schick ankämpfen zu sehen? Wo wir auf¬<lb/>
hören zu unterscheiden, da sind die Grän¬<lb/>
zen unserer Erkenntni&#x017F;s: wo nichts Hervor¬<lb/>
stechendes ist, kann die Einbildungskraft keine<lb/>
Kennzeichen sammlen, um ihren Zusammen¬<lb/>
setzungen Grö&#x017F;se, Erhabenheit und Mannich¬<lb/>
faltigkeit zu geben. Excentricität ist daher<lb/>
eine Bedingung, ohne welche sich der höch¬<lb/>
ste Punkt der Ausbildung gewisser Anlagen<lb/>
nicht erreichen lä&#x017F;st; ein allgemein vertheil¬<lb/>
tes Gleichgewicht der Kräfte hingegen bleibt<lb/>
überall in den Schranken der Mittelmä&#x017F;sigkeit.<lb/>
Eine Verfassung des gesammten Menschenge¬<lb/>
schlechts also, die uns von dem Joche der<lb/>
Leidenschaften und mit demselben von der<lb/>
Willkühr des Stärkeren auf immer befreite,<lb/>
indem sie Allen dasselbe Vernunftgesetz zur<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0407] stimmung: wo bleibt dann die Spur jener Götterweide, die Laktanz darin setzte, ei¬ nen groſsen Mann gegen ein feindseliges Ge¬ schick ankämpfen zu sehen? Wo wir auf¬ hören zu unterscheiden, da sind die Grän¬ zen unserer Erkenntniſs: wo nichts Hervor¬ stechendes ist, kann die Einbildungskraft keine Kennzeichen sammlen, um ihren Zusammen¬ setzungen Gröſse, Erhabenheit und Mannich¬ faltigkeit zu geben. Excentricität ist daher eine Bedingung, ohne welche sich der höch¬ ste Punkt der Ausbildung gewisser Anlagen nicht erreichen läſst; ein allgemein vertheil¬ tes Gleichgewicht der Kräfte hingegen bleibt überall in den Schranken der Mittelmäſsigkeit. Eine Verfassung des gesammten Menschenge¬ schlechts also, die uns von dem Joche der Leidenschaften und mit demselben von der Willkühr des Stärkeren auf immer befreite, indem sie Allen dasselbe Vernunftgesetz zur

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/407
Zitationshilfe: Forster, Georg: Ansichten vom Niederrhein. Bd. 1. Berlin, 1791, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/forster_niederrhein01_1791/407>, abgerufen am 19.05.2024.